Schweizer Eier aus Freilandhaltung werden immer gefragter.
Bernhard Hürlimann
«Ein Engpass bei Schweizer Freilandeiern führt dazu, dass einzelne Artikel kurzfristig nicht verfügbar sind» steht derzeit sinngemäss an den Eierregalen vereinzelter Migros-Filialen. Dies ist eine Folge der anhaltend hohen Nachfrage nach Schweizer Konsumeiern. Die inländische Produktion reicht nicht aus, um die Nachfrage zu decken.
Importe 2025 massiv hochgefahren
Im Jahr 2024 wurden in der Schweiz rund 1,1 Milliarden Eier produziert, schreibt der Branchenverband Gallosuisse in e inem Marktbericht. Rund 400 Millionen Eier wurden importiert. Schweizer Konsumenten fragen aber vermehrt Eier mit höheren Standards und aus regionaler Herkunft nach, was mit Importware nicht abgedeckt werden kann.
Laut dem Marktbericht März reicht die geplante Mehrproduktion von 23 Millionen Eiern bis Mai 2025 nicht aus, um die starke Nachfrage vor Ostern zu decken oder gar Lager für die Ostereierproduktion anzulegen. «Diese angespannte Marktlage wird voraussichtlich bis nach Ostern anhalten», schreib Gallosuisse. Eiervermarkter mussten viele Bestellungen aufgrund geringer Lagerbestände kürzen. Besonders betroffen sind Eier zum Kochen und Färben sowie für die Verarbeitung. Um die Versorgung sicherzustellen, wurden die Importe in den ersten Wochen des neuen Jahres hochgefahren. Bis Mitte Februar wurden rund 64 Millionen Konsumeier importiert – 7 Millionen Eier mehr als in der Vorjahresperiode.
Für Schweizer Eierproduzenten ergibt sich daraus eine ausserordentlich starke Verhandlungsposition. Händler versuchen sogar, Produzenten abzuwerben, wie das «St. Galler Tagblatt» schreibt. Zwei Bauern berichten von ihren Erfahrungen.
Konsumenten legen Wert auf Regionalität und Tierwohl
Doch nicht nur die Nachfrage nach Konsumeiern boomt. Auch in der Lebensmittelindustrie in der Gastronomie sei die Nachfrage nach Schweizer Eiern ungebrochen hoch, schreibt Gallosuisse weiter.
Die Gründe für die steigende Nachfrage liegen zum einen in der wachsenden Bevölkerung. Zum anderen auch im veränderten Konsumverhalten. Eier werden heute als wertvolle Eiweissquelle geschätzt. Zudem legen Konsumentinnen immer mehr Wert auf Nachhaltigkeit, Tierwohl und Regionalität. Freilandeier erfüllen diese Bedürfnisse in idealer Weise.
Tierwohl und Regionalität werden immer mehr zu Verkaufsargumenten.
Michel Bischof
Bei den importierten Konsumeiern sind Eier aus Bodenhaltung laut Gallosuisse derzeit ausreichend verfügbar. Das Angebot an Eiern aus Freilandhaltung bleibt hingegen knapp. Ausländische Bioeier seien nur sporadisch zu finden.
Unerwartet starkes Wachstum
«Ein solch starkes Wachstum hat niemand erwartet», wird Estelle Hain, Mediensprecherin der Migros-Genossenschaft, im «St. Galler Tagblatt» zitiert. Seit 2022 sei die Nachfrage nach konventionellen Schweizer Eiern um rund zehn Prozent gestiegen. Aufgrund der Knappheit setzen Migros und Coop vermehrt auf Importe, um die Versorgung sicherzustellen.
Wie erwähnt kann auch das Ausland die spezifische inländische Nachfrage aber nicht decken. «Der internationale Markt ist ausgetrocknet, es gibt keine Ware», sagt Mario Hodel dem «Tagesanzeiger». Hodel ist Geschäftsführer des Eierhändlers F&F in Schötz LU und Präsident der Schweizer Eiervermarkter.
Für Ostern wird es genügend Eier haben. Nicht immer kommen sie aber aus der Schweiz.
Anna-Katharina Flükiger
Die Eiervermarkter hätten aber Vorkehrungen getroffen, um die höhere Nachfrage zu Ostern zu decken. Auch die Grossverteiler bestätigen gegenüber den zitierten Zeitungen, dass zu den Feiertagen Ende April genügend Eier zur Verfügung stünden. Die Frage ist nur, welche.
Bauern mit starker Verhandlungsposition
Dass zurzeit die Nachfrage nach gewissen Eiern das Angebot übersteigt, spielt den Eierproduzenten in die Hände. «Jetzt sind Preisverhandlungen vielleicht einfacher zu führen», wird Daniel Würgler, Präsident von Gallosuisse im «St. Galler Tagblatt» zitiert. Auch wenn wegen der höheren Kosten für Freilandeier ein Nachholbedarf bei den Produzentenpreisen bestehe. Nachhaltig vernünftige Preise seien besser als kurzfristig hohe, so Würgler.
Für Lösungen brauche es die ganze Lebensmittel- und Konsumkette, sagt Daniel Würgler, Präsident des Branchenverbandes Gallosuisse.
Renate Hodel
Josef Inauen bewirtschaftet im Appenzellerland zwischen Gais AR und Meistersrüte AI einen Hof nach IP-Standard. In zwei grosszügigen Ställen hält er 3’650 Legehühner. Dreimal pro Woche holt die Migros die Eier bei ihm ab, schreibt das St. Galler Tagblatt. Auch er spürt die Veränderungen auf dem Eiermarkt. «Wir haben jetzt die Auswahl, wem wir liefern, was früher nicht der Fall war», sagt Inauen gegenüber dem «St. Galler Tagblatt». Er wisse von verschiedenen Händlern, die bereit wären einen Rappen mehr pro Ei zu bezahlen. Nur wegen des Preises würde er aber nicht den Abnehmer wechseln.
Diesen Trend spürt auch Landwirt Marc Peter aus Wiesendangen ZH . In einem modernen Stall hält er 18‘000 Legehennen zur Produktion von Konsumeiern. Der Stall entspricht den Anforderungen von BTS und RAUS konzipiert. Auch er liefert an die Migros, hat aber noch keine Offerte von der Konkurrenz erhalten. Er kenne aber Kollegen, die Angebote bekommen hätten. «So etwas habe ich bisher noch nie erlebt, dass Grosshändler versuchen, ihrer Konkurrenz die Produzenten abzuwerben», wird Peter im «St. Galler Tagblatt» zitiert.
Schweizer Eier noch länger Mangelware
Der Mangel an einheimischen Eiern dürfte noch länger andauern. Wie Gallosuisse im Marktbericht März festhält, wird für das Jahr 2025 eine weitere Steigerung der Eierproduktion erwartet. Dennoch gehen Branchenexperten des Aviforums davon aus, dass in den nächsten zwei Jahren Schweizer Eier fehlen werden. Doch die Erweiterung der Produktion ist in der Schwebe.
«Strengere Auflagen sowie gesellschaftlicher und politischer Druck auf die Produktion tierischer Lebensmittel erschweren den Bau neuer Ställe erheblich», schreibt Gallosuisse. Es müssten dringend Voraussetzungen geschaffen werden, um die Produktion «nachhaltig» ausbauen zu können. «Die Versorgung mit Eiern ist weiterhin gewährleistet, die Auswahl jedoch in den Hauptabnahmezeiten merkbar eingeschränkt», heisst es im Markbericht weiter.
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