Die Schweiz hatte bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) erfolgreich beantragt, den Namen «Emmentaler» als geschützte Ursprungsbezeichnung registrieren zu lassen – mit dem Verweis auf das Emmental im Kanton Bern.
Von Nachahmern abgrenzen
Mehrere Mitgliedstaaten – darunter Deutschland, Frankreich, Polen und die Niederlande – erhoben bei der EU-Kommission gegen die internationale Eintragung der Bezeichnung «Emmentaler» Einspruch. Der Grund: In der gesamten Union wird «Emmentaler» seit Jahrzehnten als Gattungsbegriff verwendet – ähnlich wie «Gouda» oder «Camembert».
Durch einen Markenschutz soll das Original klar von Nachahmer-Produkten abgegrenzt werden, wie Urs Schluechter, Direktor Emmentaler Switzerland, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage sagte. Damit sollten die Schweizer Qualität, die Wertschöpfung für die heimischen Käser und ein Stück kulturelle Identität geschützt werden.
EU spricht von Gattungsbezeichnung
Die Sortenorganisation möchte sicherstellen, dass der Name «Emmentaler» in Alleinstellung exklusiv für Emmentaler AOP Käse aus der Schweiz steht, erklärte Schluechter weiter. Dafür liess sie den Namen bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum eintragen.
Die Europäische Kommission verweigert aber seit Januar 2025 den Schutz des Namens. In ihrem Durchführungsbeschluss begründet die Kommission in Brüssel den Entscheid damit, dass der Name historisch und kulturell mit einem grösseren geografischen Gebiet als nur der Schweiz verbunden sei (mehr im Kasten). Der Name «Emmentaler» gelte in der EU als Gattungsbezeichnung.
Emmentaler: Historischer Entscheid
Am 24. Januar 2025 teilte die EU-Kommission mit, dass die in der Schweiz geschützte Ursprungsbezeichnung «Emmentaler» in der EU eine Gattungsbezeichnung ist. Das ist historisch: Erstmals in der Geschichte der Geoschutzverordnung stuft die EU-Kommission ein Milchprodukt als Gattungsbezeichnung ein. «Emmentaler» kann daher ungeachtet des Herstellungsortes weiterhin wie bisher in der EU hergestellt und vermarktet werden. Einzige Voraussetzung: Der Käse muss nach den jeweiligen nationalen Herstellungsvorschriften hergestellt werden.
Die EU-Kommission begründet ihre Entscheidung damit, dass der Name «Emmentaler» historisch und kulturell mit einem grösseren geografischen Gebiet als nur der Schweiz verbunden sei. So gebe es jetzt schon drei geschützte Namen, die «Emmentaler» beinhalten, aber ausserhalb der Schweiz hergestellt werden. Hintergrund des Entscheides: Die Schweiz hat im März 2024 ihre geschützte Ursprungsbezeichnung «Emmentaler» in das internationale Register der Genfer Akte aufnehmen lassen. Die einzelnen Vertragsparteien hatten anschliessend ein Jahr Zeit, die Eintragung zu prüfen und eine eventuelle Schutzverweigerung für ihre Gebiete auszusprechen.
Abkommen über Käsebezeichnungen
Gegen den Beschluss der EU-Kommission reichte Emmentaler Switzerland im April 2025 beim Gericht der EU eine Klage ein. Der Begriff «Emmentaler» sei durch mehrere völkerrechtliche Vereinbarungen als geografische Ursprungsbezeichnung geschützt, hiess es darin.
Ein entsprechendes internationales Abkommen wurde 1951 im italienischen Stresa unterzeichnet. «Damit sei seit den 1950er-Jahren völkerrechtlich anerkannt, dass die Bezeichnung ‹Emmentaler› in Alleinstellung für Käse der Schweiz vorbehalten sei. Das sei von italienischen Gerichten bereits bestätigt worden», war weiter zu lesen.
«Emmentaler»-Käse muss nach einem Urteil des EU-Gerichts im Mai 2023 nicht zwingend aus der Schweiz kommen.
lid
Österreich als Streithelfer
Mit der Historie argumentiert ebenfalls das österreichische Bundesministerium für Landwirtschaft, das beim Gericht einen Antrag auf Zulassung als Streithelfer der EU-Kommission einbrachte, wie die Behörde vergangenen Donnerstag mitteilte. So werde Emmentaler mindestens seit dem Jahr 1936 in Österreich produziert und vermarktet.
Der österreichische Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig setzt sich für den Erhalt des Begriffs ein: «Emmentaler ist in Österreich seit Jahrzehnten ein Begriff für eine Käsesorte – nicht für eine Herkunft. Ein Verbot, diesen Namen weiterhin zu verwenden, wäre ein massiver Schaden für unsere heimische Käsewirtschaft.» Ziel sei es, dass es auch weiterhin Emmentaler aus Österreich gebe. 2023 wurden mehr als 13’700 Tonnen hergestellt.
Agrarminister Totschnig hob die wirtschaftliche Bedeutung hervor. «Es geht um Arbeitsplätze, um Wertschöpfung im ländlichen Raum und um Rechtssicherheit für unsere Betriebe. Wenn Begriffe, die sich seit Generationen eingebürgert haben, plötzlich monopolisierbar werden, wäre das ein fatales Signal», warnte er.
Emmentaler gemäss Pflichtenheft
Die Sortenorganisation möchte, dass Emmentaler, der ausserhalb der Schweiz produziert wird, mit der Angabe des Produktionslandes oder der -region deklariert werde. «Zum Beispiel ‹Emmentaler aus Österreich>», sagte Schluechter. In der Schweiz ist Emmentaler mit einer Ursprungsbezeichnung (GUB/AOP) geschützt. So muss der Käse den Anforderungen eines Pflichtenheftes des Bundesamtes für Landwirtschaft entsprechen.
Es regelt nebst dem Herstellungsort etwa auch die Grösse, das Gewicht und die Lochung des Käses. Gemäss dem Pflichtenheft umfasst das geografische Gebiet nicht nur das Berner Tal, in welchem die Emme fliesst, sondern erstreckt sich von Freiburger Bezirken bis zum Bodensee.
Kein EU-Markenschutz für Emmentaler
«Emmentaler»-Käse muss nach einem Urteil des EU-Gerichts im Mai 2023 nicht zwingend aus der Schweiz kommen. Das Gericht der EU wies eine entsprechende Klage der Schweizer Sortenorganisation Emmentaler Switzerland ab. Diese wollte die Bezeichnung «Emmentaler» als Marke in der EU schützen lassen.
Die Sortenorganisation wollte mit der Klage erreichen, dass nur Schweizer Emmentaler so bezeichnet werden darf. Bei einem Käse, der nicht aus der Schweiz stammt, müsste dann die Herkunftsregion genannt werden, beispielsweise also Allgäuer Emmentaler. Dafür klagte die Organisation gegen das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO). Das EUIPO argumentierte, dass Emmentaler eine Art ist, Käse zu machen. Die Luxemburger Richter lehnten die Klage von Emmentaler Switzerland ab. Emmentaler beschreibe «für die massgeblichen deutschen Verkehrskreise» eine Käsesorte und nicht die geografische Herkunft.