Samstag, 3. Juni 2023
12.12.2020 06:01
Deutschland

Bauernproteste zeigen Wirkung

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Von: blu

Die Bauern stehen mit dem Rücken zur Wand. Die Landwirtschaft sei wegen der tiefen Preise in Gefahr. Sie blockierten deshalb Verteilzentralen des Detailhandels. Der Protest zeigt Wirkung. Lidl und Rewe haben die Produzentenpreise erhöht

Die Bauern sind sauer. In den vergangenen 14 Tagen wurden an verschiedenen Orten in Deutschland die Zufahrt zu den Verteilzentren von Aldi, Lidl, Rewe und Edeka blockiert. Der Protest richtet sich gegen die Preisgestaltung der Detailhändler.

Die Landwirtschaft in Deutschland werde gerade gegen die Wand gefahren, kritisieren die Landwirte. Sie fordern schon seit längerem mehr Geld für Milch und Fleisch.

Erstes Angebot abgelehnt

Ein erstes Angebot von Lidl von Hilfen über 50 Millionen Euro lehnten die Bauern ab. Das sei nicht das, was man wolle. Man habe keine Subventionen, sondern einen Systemwechsel hin zu langfristig besseren Produzentenpreisen angestrebt, sagten Bauernvertreter am vergangenen Wochenende.

«Diese Macht und die Preispolitik in den Supermärkten bedrohen unsere Bauernhöfe und damit die Lebensmittelerzeugung vor unserer Haustüre», warnte Bayerns Bauernpräsident Walter Heidl. Die Landwirte fordern deshalb grundlegende Veränderungen.

Hoher Standard, aber tiefe Preise

Ein «Dringlichkeitsgipfel», an dem auch Agrarministerin Julia Klöckner teilnahm, führte nicht zum grossen Durchbruch. Die Agrarministerin wies noch einmal auf die Notwendigkeit einer Verständigung zwischen Händlern und Landwirtschaft hin.

Weil die Bauern die Angebote des Detailhandels insgesamt als ungenügend einstuften, setzen sie ihre Proteste in dieser Woche fort. Sie blockierten erneut Verteilzentralen. Sie werfen den Händlern vor, einerseits die höchsten Standards zu verlangen, andererseits aber «billigstes Fleisch aus anderen Ländern» zu importieren, um die Preise zu drücken. Die Importe widersprächen auch dem Vorwurf an die Landwirtschaft, zu viel zu produzieren.

Preise wie vor Krise

Und die Proteste zeigen Wirkung. Die Händler versprachen, sich mit den Bauern an einen Tisch zu setzen, um Lösungen zu finden. Rewe kündigte am Freitag gemäss der Nachrichtenagentur dpa an, bei Schweinefleisch bis auf weiteres Beschaffungspreise zu zahlen, die dem Marktniveau vor Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest und dem damit zusammenhängenden völligen Zusammenbruch des Exportmarktes entsprechen.

«Wir wollen damit kurzfristig einen Beitrag leisten, die akute Krise der deutschen Schweinebauern zu beenden», sagte Einkaufsvorstand Hans-Jürgen Moog. Rewe zähle darauf, dass die Schlachtbetriebe den Beitrag an die Bauern weitergebe, so der Manager weiter.

Nach den Bauernprotesten der vergangenen Wochen geht  Rewe einen Schritt auf die Landwirte zu.
Suisseporcs

Auch Lidl erhöht Preis

Ein mit dem deutschen Bauernverband und der Organisation «Land schafft Verbindung» verfassten Positionspapier sieht unter anderem, Regionalfleischprogramme auszubauen und Massnahmen zur dauerhaften Stärkung der deutschen Milchwirtschaft zu vorzunehmen.

Bereits einen Tag zuvor hat Lidl verkündet, den Einkaufspreis für 10 Schweinefleischartikel um einen Euro pro Kilo zu erhöhen. Der Verkaufspreis im Laden wird im gleichen Umfang erhöht.

Aldi gibt noch keine Erhöhung bekannt

Auch Aldi führte mit Bauernvertreter Gespräche. Gemäss der deutschen Presseagentur brachte der Discounter ein Hilfsfonds ins Spiel, in den die Händler einen bestimmten Umsatzanteil aus dem Verkauf von Agrarprodukten einbringen könnten.

Nach den mehrstündigen Gesprächen gab es einige Kompromisse. Aldi zeige sich bereit, eine Kennzeichnung von Lebensmitteln zugunsten der heimischen Landwirtschaft zu unterstützen, sagte Dirk Andresen vom Bundesvorstand der Bewegung «Land schafft Verbindung».

Ebenfalls noch keine Erhöhung der Produzentenpreise hat Edeka kommuniziert.

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8 Responses

  1. Die meisten Schweizer sind gar nicht bereit, für Landwirtschaftsprodukte soviel zu bezahlen, dass die Landwirtschaft überleben kann. Eher kauft man noch im nahen Ausland ein, wo die Preise noch tiefer sind und die Landwirtschaft auch nicht überleben kann. Manchmal wäre Solidarität gefragt.

  2. In der Schweiz sind die Bauern selber schuld an tiefen Milchpreisen. Sie akzeptieren Abzüge um damit die Wertschöpfungsschwache Milchpulverindustie zu stützen. Damit zerstören Sie die Grundlage für die Wertschöpfungsstarke Käsereistruktur. Diese Geldvernichtung ist nachhaltig und wird auf Jahre hinaus den tiefen Milchpreis bestimmen.

  3. Die Bauern müssen Lagerhallen mieten mit Kühlanlagen. Im Anschluss dieser Hallen muss der Verkaufsladen sein. Je nach Grösse liefern die Bauern direkt und verkaufen selber. Arbeitslose Frauen und Männer anstellen und diesen den Lohn bezahlen. Diese Aufstellungskosten bestimmen den Verkauspreis. Kein Zwischenhandel mehr mit Korruption. Jetzt sofort auf die Beine stellen, Bauern! Die Bevölkerung wird das zu schätzen wissen und Hilfe anbieten! Danke!

    1. Meine Rede, muss nicht mal eine Lagerhalle sein. Einzelgaragen mit Monatsabo für Kunden reicht. Die verteilt in Stadtnähe (für Fahrradfahrer) Jeder kann per Interne ein Abo machen, bezahlen und 1x die Woche wird Saisonal geliefert. Wie früher der Milchmann, der hat sogar vors Haus geliefert. Zettel in den Briefkasten, was nächste Woche gekauft werden soll und auch die Rechnung. Cooperation der Bauern. Rechtlich, Steuerlich?

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