
Der Preiskampf hat nun auch das Brot erfasst. Bäckereien und Landwirtschaft befürchten Preisdruck.
Michelle Wüthrich
Mitte Oktober gab es eine weitere Runde in der «Preisschlacht» im Detailhandel. Aldi senkte die Preise für 500 Gramm Brot auf 99 Rappen. «Brot ist ein Grundnahrungsmittel, das täglich auf den Tisch kommt, und günstigere Preise wirken sich direkt auf das Haushaltsbudget aus», hielt das Unternehmen in einer Mitteilung fest. Finanziert werde die Preissenkung durch die «ohnehin schon schlanken Strukturen und Prozesse», so Aldi weiter.
«Geht in die falsche Richtung»
Den Schritt des Discounters liessen Coop und Migros nicht auf sich sitzen. Sie senkten ebenfalls die Preise. «Mit dieser Anpassung setzen wir unser Tiefpreisversprechen konsequent um», sagte die Migros gegenüber «SRF» . Das Pfünderli kostet seither 1 Franken. Nur wenige Tage später passten auch Lidl und Denner die Preise nach unten an.

Aldi hat die Brotpreise unter einen Franken gesenkt.
Aldi Suisse
Beim Bäcker-Confiseurmeister-Verband zeigt man sich über die Preissenkung überrascht und enttäuscht. «Für mich geht das in die völlig falsche Richtung», sagte deren Präsident Silvan Hotz zu SRF. In seiner Bäckerei kostet das handgemachte Pfünderli vier Franken. «Das ist ein fairer Preis, an dem alle in der Wertschöpfungskette verdienen – vom Getreidebauer über den Müller und den Bäcker bis zum Verkaufspersonal», führte er aus.
«Strukturelles Marktversagen»
Auch der Schweizerische Getreideproduzentenverband (SGPV) ist über die Preissenkung wenig erfreut. Die Arbeit der Branche werde diskreditiert und Druck auf die Produzentenpreise in Kauf genommen. «Diese Niedrigpreisstrategie lässt den Mehrwert der gesamten Wertschöpfungskette verschwinden. Zudem würden die Bemühungen um einheimische Herkunft geschwächt», kritisierte der Verband an der Delegiertenversammlung das Vorgehen der Detailhändler.
Nun hat Faire Märkte Schweiz (FMS) die Preissenkung beim Brot aufgenommen. Die Organisation spricht von strukturellem Marktversagen und missbräuchlichem Verhalten im Brotmarkt. FMS hat deshalb bei der Wettbewerbskommission (WEKO) eine Untersuchung der Marktverhältnisse eingefordert. Nach eigenen Angaben liegen der Organisation Hinweise auf wettbewerbswidrige Absprachen und missbräuchliche Verhaltensweisen vor. Mit der Untersuchung sollen Missstände im Getreide-, Mühlen- und Backwarenmarkt beendet werden.
Bäckereien aus dem Markt gedrängt
Faire Märkte Schweiz verweist in der Mitteilung auf die marktbeherrschende Position von Coop und Migros inklusive Tochter Denner. Sie verfügten über Marktanteile von rund 80 %. «Durch ihre stark vertikal integrierten Strukturen mit eigenen Bäckereien und Mühlen kontrollieren sie weite Teile der Wertschöpfungskette und beschränken damit sowohl den Mengen- als auch den Preiswettbewerb», heisst es in der Mitteilung.

FMS wirft Coop und Migros Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Positionen vor.
SB
Durch die fast gleichzeitige Preissenkung von 1.15 auf 1 Franken pro 500 g Brot werde das wettbewerbsbeschränkende Verhalten «offensichtlich». «Die beiden Detailhändler missbrauchen ihre Stellung am Markt und behindern oder diskriminieren andere Unternehmen», schreibt FMS. Damit würden gezielt gewerbliche Bäckereien aus dem Markt gedrängt. Die Preissenkung sei keinesfalls marktbedingt, sondern eine strategische Reaktion auf die «rechtlich fragwürdigen» Billigpreise von Aldi und Lidl.
«Politik in der Pflicht»
«Die Anhaltspunkte für Mengen- und Preisabreden sowie für einen systemischen Missbrauch marktbeherrschender Stellungen im Brotsektor verdichten sich», lautet das Fazit von Faire Märkte Schweiz (FMS). Mit der Untersuchung will die Organisation verhindern, dass es zu weiterem Druck auf die Produzentenpreise kommt und Bäckereien aus dem Markt gedrängt werden.
Nebst der Wettbewerbskommission sieht FMS auch die Politik in der Pflicht. «Bei der Revision des Kartellgesetzes im Parlament droht sogar die Gefahr, dass die Bildung besonders schädlicher Kartelle noch erleichtert und Regelungen zur relativen Marktmacht aufgeweicht werden», kritisiert die Organisation. Beraten wird die Revision in der Wintersession.


Denkt daran; hartes Brot ist nicht hart, - aber KEIN Brot, ist hart.