Seit dem Ausbruch des Angriffskriegs von Russland auf die Ukraine sind die Märkte, in denen sich die Fenaco bewegt, unberechenbarer geworden. Die Kosten sind gestiegen, die Konsumentenstimmung ist gedrückt. «Die Geschäftsentwicklung ist mittlerweile deutlich unsicherer geworden», sagte Verwaltungsratspräsident Pierre-André Geiser am Dienstag am Hauptsitz in Bern vor den Medien. Zudem habe sich im vergangenen Jahr das schlechte Wetter negativ auf die Erntemengen ausgewirkt.
«Der Rückhalt für die einheimische Produktion in der Bevölkerung ist gross.»
«Der Effekt der gestiegenen Produzentenpreise verpuffte», sagte Geiser weiter. Besser sah es in der Tierproduktion aus. «Hier war der Geschäftsgang erfreulich», fuhr er fort. Geiser blickt dennoch optimistisch in die Zukunft: «Der Rückhalt für die einheimische Produktion in der Bevölkerung ist gross. Technologische Fortschritte helfen uns dabei, die Produktivität der Landwirtschaft zu erhalten, ohne die Umwelt zusätzlich zu belasten.»
Pierre-André Geiser ist seit 2015 Verwaltungsratspräsident der Fenaco. Er tritt 2026 zurück.
Fenaco
Dünger war günstiger
Fenaco-Chef Martin Keller ging auf das Geschäftsergebnis ein. Der Nettoerlös sank um 3,3 Prozent bzw. 251 Millionen auf 7,29 Milliarden Franken. Zum Vergleich: Im Rekordjahr 2022 erzielte der Agrarkonzern einen Umsatz von etwas mehr als 8 Milliarden. «Der Umsatzrückgang ist vor allem preisbedingt», sagte Keller. Insgesamt habe sich das Geschäftsmodell aber bewährt.
Der Umsatzrückgang ist vor allem preisbedingt.
Fenaco
Die vier Pfeiler der Fenaco sind die Bereiche Agrar, Lebensmittelindustrie, Detailhandel und Energie. Diese haben sich unterschiedlich entwickelt. Einen deutlichen Rückgang von 4,2 Prozent auf 1,99 Milliarden Franken verzeichnete die Fenaco im Geschäftsfeld Agrar. «Dieser ist auf sinkende Preise für Dünger und Futtermittel sowie auf geringere Volumen und ein tieferes Preisniveau im internationalen Getreidehandel zurückzuführen», so Keller. Zudem würden die Bauern weniger in Agrartechnik investieren. Die Fenaco ist mit der Tochterfirma Serco in der Schweiz und in Frankreich tätig.
Rückvergütung
Rund ein Drittel des Ebit von 107 Mio. Fr. fliesst zurück an die Bauern (Ertrag vor Zinsen und Steuern). 29,2 Mio. Fr. werden in Form von Leistungsprämien und Anteilscheinzinsen an die Landi-Genossenschaften ausbezahlt. 6,5 Mio. Fr. erhalten Mitgliedslandwirte direkt über die Erfolgsbeteiligung. blu
Die Mittel, die 2024 an die Mitglieder zurückgeflossen sind.
Fenaco
Detailhandel als grösstes Segment
Im Detailhandel, dem grössten Segment des Unternehmens, blieb der Umsatz mit 2,28 Milliarden Franken stabil. Während Volg den Umsatz um 1 Prozent leicht steigern konnte, verzeichneten die Landi-Läden wegen des durchzogenen Wetters einen leichten Rückgang.
Im Geschäftsfeld Energie haben sich die sinkenden Preise am deutlichsten ausgewirkt. Der Erlös sank um 9,4 Prozent auf 1,43 Milliarden Franken. Das Tochterunternehmen Agrola verkaufte weniger fossile Brennstoffe, der Absatz fossiler Treibstoffe blieb stabil. Im vierten Geschäftsfeld, der Lebensmittelindustrie, konnte die Fenaco zwar ihren Absatz steigern, dies schlug sich jedoch nicht im Umsatz nieder. Dieser verharrte bei 1,5 Milliarden Franken.
«Der Umsatzrückgang ist vor allem preisbedingt», sagte Fenaco-Chef Martin Keller.
schnur.tv
«Die Auswirkungen des preisorientierten Marketings im Detailhandel, die hohen Personal- und Energiekosten sowie die gestiegenen Rohstoffpreise prägten das Geschäftsjahr», sagte Keller. Das «preisorientierte Marketing» hat sich in den vergangenen Monaten verstärkt. Die beiden Platzhirsche Coop und Migros werden von Aldi und Lidl in erster Linie über den Preis herausgefordert. Das haben die orangen Riesen zu spüren bekommen. Deshalb haben sie ihre Günstiglinien ausgebaut und setzen in der Kommunikation vermehrt auf den Preis.
-> Hier können Sie den Fenaco-Geschäftsbericht 2024 einsehen.
Verarbeiter unter Druck
Fenaco-Chef Keller hat für diese Entwicklung ein gewisses Verständnis: «Wir haben Krisen und Kriege. Die Konsumentenstimmung ist gedrückt, die Kunden achten vermehrt auf den Preis», sagte er. Bedauerlich sei jedoch, dass vor allem Frischprodukte unter Preisdruck geraten würden. «In der Schweiz geben wir für den Konsum von Lebensmitteln nur 9 Prozent unseres Budgets aus – so wenig wie in keinem anderen europäischen Land», fügte er an.
«Die Luft wird dünner», sagte Christian Consoni, Leiter der Division Lebensmittelindustrie der Fenaco (hier in der Kellerei der Fenaco).
Christian Zufferey
«Wir spüren den Preisdruck, und zwar extrem», sagte Christian Consoni, Leiter der Division Lebensmittelindustrie. Mit Effizienzsteigerungen könne man einen Teil des Drucks abfedern, um den Bauern trotzdem faire Preise zahlen zu können. Wird sich der Preisdruck nicht auf die Produzentenpreise auswirken? «Die Luft wird dünner», gibt Consoni unumwunden zu. Der Konzern hoffe, die Produzentenpreise halten zu können. Doch auch die Fenaco ist dem Markt ausgesetzt – und dieser sendet derzeit andere Signale.
Digiflux
Ab dem 1. Januar 2026 müssen Händler wie die Fenaco auf der Onlineplattform Digiflux Verkauf und Weitergabe von Pflanzenschutzmitteln, Dünger, Hof- und Recyclingdünger melden. «Gegen die Messung, was wo eingesetzt wird, haben wir nichts einzuwenden», sagte Fenaco-Chef Martin Keller. Es bestehe aber die Gefahr der Überkomplexität. Das Instrument müsse praxistauglich sein und dürfe nicht zu hohe Kosten verursachen. Die Fenaco rechnet mit IT-Kosten von 4 bis 5 Millionen Franken. blu
Neben dem Preisdruck bereitet der Fenaco auch der zunehmend eingeschränkte Pflanzenschutz Sorgen. Ertragsschwache Jahre seien nicht nur für die Bauern, sondern auch für die Fenaco ein Problem, sagte Keller. Tochterunternehmen wie Frigemo oder Inoverde setzen vor allem auf Schweizer Rohstoffe. Schwanken die Erträge zu stark, sind die Produktionsanlagen ungenügend ausgelastet. Fehle die Rentabilität, könne nicht investiert werden. «Das wiederum gefährdet die ganze Wertschöpfungskette – und damit die Versorgungssicherheit in der Schweiz», warnte Fenaco-Chef Martin Keller. Sprich, einige Verarbeitungsbetriebe der Fenaco droht in einem solchen Fall die Schliessung.
Kommentare (1)