Im Rahmen der Verordnungsänderungen per 1. Januar 2025 soll in der Bio-Verordnung vorgeschlagen werden, dass Schweinen wieder höchstens 5 Prozent nicht biologisches Kartoffelprotein bis zum 31. Dezember 2030 gefüttert werden darf. Dies bestätigt das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) auf Anfrage des «Schweizer Bauer».
«Bioschwein 100.0»
Diese überraschende Verordnungsänderung, zu der nun das BLW bereit ist, kommt auf Antrag und Druck der Bioschweinebranche zu Stande, vertreten durch Bio Suisse, IG Bioschwein Schweiz, Futtermühlen und Abnehmer. Sie argumentieren, dass das Fehlen der im Kartoffelprotein enthaltenen essenziellen Aminosäuren zur schlechteren Tiergesundheit und somit zur Gefährdung des Tierwohls führt.
Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (Fibl) erforschte und begleitete im Rahmen des Projektes «Bioschwein 100.0», das zusammen mit Agroscope, Suisag und Hafl von März 2017 bis November 2020 durchgeführt wurde, die 100%-Biofütterung der Schweine. Von einer Verschlechterung der Tiergesundheit auf Grund der 100%-Biofütterung ist im abschliessenden Projektbericht keine Rede.
Ölkuchen anstelle von Kartoffeleiweiss
Je nach Auspressgrad haben Sojakuchen und auch Rapskuchen einen mehr oder weniger hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, kurz Pufa. «Da in der Biofütterung vor allem Ölkuchen anstelle von Kartoffeleiweiss, das praktisch keine Pufa hat, als Proteinträger eingesetzt werden, war damit zu rechnen, dass bei einer 100%-Biofütterung die Pufa-Werte um durchschnittlich zwei Prozentpunkte erhöht sind.
Zudem sind die Tageszunahmen der Mastschweine geringer, die Mast dauert etwa 5 Tage länger», sagt Barbara Früh, die das Projekt «Bioschwein 100.0» leitete. Das ist schliesslich auch so eingetroffen. Rund 75 Prozent der geschlachteten Bioschweine weisen zwar Pufa-Werte auf, die zu keinen oder geringen Abzügen führen. Aber bei rund 20 Prozent der angelieferten Bioschweine sind die Abzüge für hohe Pufa-Werte allerdings schmerzhaft hoch: zwischen Fr. 0.50 und Fr. 1.00 pro Kilo Schlachtgewicht.
Schlechtere Haltbarkeit
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren würden einen negativen Einfluss auf die Fettqualität haben, mache das Schweinefett weicher und bei allzu hohen Anteilen auch «schmieriger»; das sei hinderlich für den Verarbeitungsprozess, sagen die Grossabnehmer Bell und Micarna, die praktisch 80 Prozent der Bioschweine übernehmen. Zudem sei das Fett auch oxidationsanfälliger und werde schneller ranzig, was sich auf die Haltbarkeit der Produkte und die sensorische Qualität auswirken könne.
Die Verarbeitungsversuche von Agroscope in Posieux FR, die im Rahmen des Projektes «Bioschwein 100.0» durchgeführt wurden, zeigten allerdings keine nennenswerten Unterschiede bei Produkten, die aus Schweinespeck mit Pufa-Werten von 15,4% (keine Abzüge) und jenen von 18,3% (Abzüge von Fr. 0.50 pro kg SG) hergestellt wurden. Salami und Wienerli waren bei hohen Pufa-Werten zwar weicher im Biss, führten aber bei den Blindverkostungen durch Hafl-Studenten zu keiner schlechteren sensorischen Bewertung.
Bioschweine mit hohen Pufa-Werten
Offenbar sind die Abnehmer nicht mehr bereit, Bioschweine mit hohen Pufa-Werten zu übernehmen; sie entsprechen nicht ihren Normen, die für Schweinefleisch vorgegeben sind. Einige Futtermühlen sind nicht fähig, Biofuttermittel, die nicht zu hohen Pufa-Werten führen, herzustellen. Und einige Bioschweinehalter, die ihre Schweine an die Grossverteiler liefern, sind nicht mehr willens, die Abzüge für hohe Pufa-Werte zu akzeptieren.
Also zurück auf Feld eins: Der Einsatz von nichtbiologischen Futterkomponenten, in diesem Fall Kartoffeleiweiss, soll wieder zugelassen werden. Das entsprechende Verordnungspaket geht am 21. Januar 2024 für drei Monate in die Vernehmlassung.
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