Nach Jahren des Wachstums hat sich der Markt für pflanzliche Fleischalternativen abgekühlt. Zwar kaufen gemäss einer Umfrage der Detailhändlerin Coop mehr als die Hälfte der Schweizer Haushalte zumindest gelegentlich vegane oder vegetarische Ersatzprodukte. Doch der Umsatz steigt kaum noch.
In Konsolidierungsphase
Setzten Detailhändler in der Schweiz 2022 mit Fleischersatzprodukten laut dem Marktforscher Nielsen noch 88 Millionen Franken um, ging der Umsatz in den vergangenen zwei Jahren leicht zurück. Zuletzt machten die Detailhändler mit Vegi-Burger und Co. noch 84 Millionen.
Die Produzenten spüren diese Entwicklung. Das ETH-Spin-off Planted spricht von einer «Konsolidierungsphase» in der Schweiz nach einer starken Wachstumsperiode zuvor. Dem stimmt auch Bell-Tochter Hilcona zu, die unter der Marke «Green Mountain» Fleischersatzprodukte vertreibt.
Handel (noch) zuversichtlich
«Dennoch sehen wir weiterhin eine gesunde Nachfrage, insbesondere im Detailhandel und in der Gastronomie», sagt eine Planted-Sprecherin der Nachrichtenagentur AWP. In den Kernmärkten Schweiz, Deutschland, Österreich, Frankreich und Grossbritannien sei die Absatzentwicklung weiterhin gut. Umsatzzahlen nennt sie jedoch nicht.
Auch Detailhändlerin Coop, die früh im grossen Stil auf Fleischalternativen gesetzt hat, gibt sich positiv. Die Nachfrage sei dieses Jahr «grundsätzlich stabil», sagt eine Sprecherin. Besonders gefragt seien Alternativen für Schnitzel, Geschnetzeltes und Burger sowie vegane Aufschnitte.
Konkurrentin Migros spricht sogar von einem wachsenden Interesse, wenn auch auf tieferem Niveau. «Immer mehr Menschen möchten bewusster konsumieren», so ein Sprecher. Die Migros habe das pflanzliche Sortiment in den letzten Jahren stetig ausgebaut, weniger beliebte Produkte aber auch wieder gestrichen. Aldi Suisse spricht von einer stabilen, Lidl von einer steigenden Nachfrage. Beide Discounter betonen, dass pflanzliche Alternativen zunehmend preislich konkurrenzfähig seien – teils sogar günstiger als Fleisch.
Streit um Bezeichnung
Mit einem Umsatzanteil von rund 2 Prozent am Fleischabsatz sind Ersatzprodukte weit davon entfernt, den tierischen Originalen den Rang abzulaufen. Trotzdem wächst der Widerstand. Im Sommer hat das Bundesgericht entschieden, dass Fleischalternativen keine tierische Namen verwenden dürfen. Grund: Täuschungsgefahr. Bezeichnungen wie «Sojawürstchen», «Getreidegeschnetzeltes» oder «Linsensteaks» bleiben jedoch erlaubt.
Weiter will die EU gehen. Geht es nach dem Europaparlament, dürften künftig im Staatenbund selbst Bezeichnungen wie Steak oder Schnitzel nur noch für tierische Produkte verwendet werden. Auch in Brüssel argumentiert man für das Verbot mit Verwechslungsgefahr.
Das letzte Wort ist jedoch noch nicht gesprochen, erst müssen sich die EU-Staaten mit dem Parlament einigen. Zudem gibt es breiten Widerstand: Konsumentenschützer wie Unternehmen haben sich bereits öffentlich gegen die Pläne der EU-Parlamentarier gestellt.

