Der Preis wird im Detailhandel immer wichtiger. Die Nachfrage nach günstigeren Produkten nimmt stetig zu. In Sachen Nachhaltigkeit richtet sich die Migros teilweise neu aus.
Mehr Preis statt Nachhaltigkeit
Nicht die Nachhaltigkeit, sondern der Preis soll im Vordergrund stehen. «Die Nachhaltigkeit wird im klassischen Marketing weniger Platz erhalten, stattdessen heben wir dort vermehrt unsere Preisvorteile hervor», sagte Christopher Rohrer, Leiter der Direktion Nachhaltigkeit der Migros, Ende Mai dem «Sonntagsblick».
Oft wurde die Migros als «nachhaltigste Detailhändlerin der Welt» ausgezeichnet. Diesem Titel misst das Unternehmen keine grosse Priorität mehr zu. «Der Verzicht auf gewisse Massnahmen kann zur Folge haben, dass wir in Zukunft auf dieses Label verzichten müssen», sagte Rohrer weiter. Statt schöner Marketingkampagnen wolle man im Hintergrund tatsächlich etwas bewirken. Damit übte Rohrer scharfe Kritik an seinen Vorgängern.
Partnerschaft mit IP-Suisse
Im Interview mit «Schweizer Bauer» sagte Migros-Chef Mario Irminger im März 2024, dass die Migros näher an die Landwirtschaft heranrücken müsse. Er hob die Partnerschaft zwischen Denner und IP-Suisse hervor. Denner sei nahe an den Bauern, die Produkte seien erfolgreich und es werde partnerschaftlich zusammengearbeitet. «Diese Modell sehe ich als Prototyp für die Migros an», sagte Irminger.
Einfache Orientierung
Am Donnerstag teilte die Migros nun mit, dass sie sich künftig auf Produkte aus der Schweizer Bio-Landwirtschaft und in der Schweiz verarbeitete Produkte fokussiert. «Damit bekennt sich die Migros klar zur Schweizer Bio-Landwirtschaft», schreibt die Detailhändlerin. Dies erleichtere den Kunden die Orientierung. «Wo die Knospe abgebildet ist, ist unser Bekenntnis zur Schweizer Bio-Landwirtschaft drin», lässt sich Peter Diethelm, CEO der Migros Supermarkt AG, zitieren.
«Zusätzlich wird die Migros die Schweizer Bio-Bäuerinnen bei der Förderung der einheimischen Produktion unterstützen und stellt dafür finanzielle Mittel bereit», schreibt die Migros. Wie hoch diese Mittel genau sind, geht aus der Mitteilung nicht hervor. «Die Migros hat für die Förderung des Schweizer Biolandbaus einen hohen sechsstelligen Betrag reserviert», sagte eine Sprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur sda.
Zwei Millionen Lizenzgebühren kommen nicht
Dieser Betrag dürfte eine Art Kompensation sein. Dies deshalb, weil Bio Suisse und die Migros im Jahr 2021 vertraglich vereinbarten, auch bei Importprodukten auf die Knospe zu setzen. Bio Suisse hat dafür bereits Vorleistungen erbracht, beispielsweise wurden im Ausland Betriebe zertifiziert. Dies hat Kosten verursacht.
Importierte sowie im Ausland produzierte Produkte der Marke Migros Bio werden weiterhin mindestens dem EU-Bio-Standard entsprechen. Sie werden aber nicht auf die Knospe von Bio Suisse umgestellt und mit dem Knospe-Logo ausgelobt. Für Bio Suisse hat dies finanzielle Auswirkungen. Es entfallen Lizenzgebühren. «Bio Suisse hat mit rund 4 Millionen Franken an Lizenz- und Markennutzungsgebühren von der Migros gerechnet. Aktuell dürften es knapp 2 Millionen Franken sein», sagte Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli im vergangenen Juni gegenüber schweizerbauer.ch.
Die Produzenten müssten dies nicht über höhere Gebühren berappen, versprach Brändli. «Die Landwirtinnen und Landwirte müssen hier keine Mehrkosten befürchten. Aber wir mussten unsere Reserven anzapfen», sagte er.
Umstellung bis Ende 2025 umgesetzt
Vor rund drei Jahren hat der «Orange Riese» beschlossen, Bio-Produkte der Eigenmarke auf das Knospe-Label umzustellen. «Dass Migros bei Bio auf die Knospe setzt, wird dem Biolandbau in der Schweiz einen Schub geben und die Sichtbarkeit der Knospe deutlich erhöhen», sagte Urs Brändli, Präsident von Bio Suisse, damals. Die Migros sprach von einem langfristigen Bekenntnis zur nachhaltigen Landwirtschaft.
Laut Migros ist die Umstellung bei einem Grossteil der Produkte aus der Schweiz bereits erfolgt. Bei den restlichen Artikeln soll dies grossmehrheitlich bis Ende 2025 erfolgen. Geplant war zudem, auch Produkte aus dem Ausland mit dem Schweizer Knospe-Label auszuloben. «Die konsequente Ausrichtung auf die Knospe bei Importprodukten hätte eine starke Erhöhung der Komplexität nach sich gezogen», sagte Migros-Sprecherin Estelle Hain gegenüber sda den Kurswechsel. Es dürften aber vor allem die Kosten sein, die die Migros bewogen haben, auf eine Umstellung zu verzichten.
Ich will keine Biolebensmittel, ich will gesunde Lebensmittel zu einem angemessenen Preis.