Die Hofladen-Kette startete im Jahr 2020 mit einem Laden im Breitenrain-Quartier in der Stadt Bern. In der Folge expandierte das Unternehmen rasch. Es wurden mehrere Filialen eröffnet. Rüedu ging sogar nach Zürich. Das Unternehmen produziert keine eigenen Produkte. Sondern es versteht sich als Plattform für Landwirtschaftsbetriebe und kleinere Verarbeiter.
Zu starker Expansionskurs
Im Februar 2024 suchte das Unternehmen erstmals neue Aktionäre. «80 Schweizer Franken koste eine Aktie», sagte Jürg Burri zur Plattform «J». Die Kampagne lief unter dem Motto «dis Stück Hoflade». In einer ersten Phase sollten bis zum 31. März 2024 800'000 Schweizer Franken gesammelt werden. Das Ziel für Ende 2024 lautete: 1,6 Millionen Schweizer Franken. Als Botschafter fungierten beispielsweise der Präsident des FC Thun, Andreas Gerber.
Doch der Expansionskurs ging zu stark vonstatten. Die fünf Filialen in Zürich wurden geschlossen. «Wir konnten in der zweijährigen Pilotphase nicht genug Standorte in Zürich finden und damit die kritische Grösse nicht erreichen, die wir gebraucht hätten, damit sich das Konzept für uns und für die lokalen Produzentinnen und Produzenten lohnt», sagte Jürg Burri, der zusammen mit Tom Winter, dem CEO von Bern Expo, das Start-up gegründet hatte, im Mai 2024 zum «Tages-Anzeiger».
Jürg Burri ist Mitbegründer von «Rüedu».
Cyril Nietlisapch
«Es geht ums Überleben»
Doch auch in der Region Bern musste Rüedu Federn lassen. Insgesamt 8 Filialen wurden geschlossen. Grund für den Rückzug: Die Expansion verschlang viel Geld. Das sorgte für Liquiditätsprobleme. «Wir benötigten Zahlungspläne, um allen Forderungen nachzukommen. Und es geht nach wie vor ums Überleben», sagte Tom Winter im Januar 2025 zur Zeitung «Der Bund».
Man sei in einer Konsolidierungsphase und wolle erstmals in der Geschichte des Unternehmens schwarze Zahlen schreiben. «Gesund wachsen statt Wachsen um jeden Preis», sagte Tom Winter zur Zeitung. Um dieses Ziel zu erreichen, sucht die Hofladen-Kette erneut Aktionäre. Trotz «grosser Begeisterung in der Community» schreibe Rüedu bisher keine schwarzen Zahlen, heisst es in der Mitteilung von Dienstag.
Braucht Investitionen
«Rüedu gibt es, weil es Menschen gibt, die an ihn glauben, sich engagieren und in ihn investieren. Um den Betrieb aufrechtzuerhalten und langfristig selbsttragend zu gestalten, sind Investitionen jedoch weiterhin notwendig», sagt Karin Ingold, Geschäftsführerin der Rüedu Bern AG. Man habe in den vergangenen Jahren Rückschläge erlitten und Fehleinschätzungen gemacht.
Daraus sei aber eine klare Strategie entstanden. Rüedu will sich auf urbane Standorte in der Stadt und Agglomeration fokussieren. Rüedu sei insbesondere in städtischen Gebieten beliebt, sagt Ingold. Das Ziel sind 25 Standorte, derzeit sind es 21. Das Preis-Leistungs-Verhältnis soll optimiert werden. Die Preise dürften also nach unten angepasst werden. Und Rüedu will die Effizienz steigern.
Die Lage beim Jungunternehmen ist ernst. «Der Weg in eine nachhaltige, finanziell gesunde Zukunft ist eine Gratwanderung, die von allen Beteiligten Engagement und Entschlossenheit verlangt», heisst es in der Mitteilung. Die Zukunft von Rüedu könne nur gemeinsam gesichert werden. Für Aktionäre gibt es Rabatte beim Einkauf. Es handelt sich aber um keine Rendite-Anlage. Mit einem Engagement stärke man regionale Produzenten. Und es sei ein Zeichen gegen das Lädeli-Sterben. Das Mindestinvestment liegt bei 400 Franken. Eine Aktie kostet 80 Franken. Doch das Ausfallrisiko für Aktionärinnen und Aktionäre ist erhöht. Sollte sich «Rüedu» in den nächsten Monaten nicht positiv entwickeln, droht ein Totalverlust.
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Mehr zu Rüedu
Die Idee von Rüedu ist es, den Lebensmittelhandel in Bern sinnvoller zu gestalten und dabei lokale Wertschöpfung sowie Nachhaltigkeit sicherzustellen. Die 18 Quadratmeter grossen Containerboxen sind rund um die Uhr geöffnet. Derzeit gibt es 21 Läden. Das Sortiment umfasst Obst & Gemüse (45%), Käse, Fleisch und vegane Produkte (30%), Gebäck & Grundnahrungsmittel (20%) sowie Milch und Getränke (5%). Rund 150 Landwirte und Verarbeiter beliefern die Kette mit 450 Produkten. Pro Tag werden gemäss Rüedu 1’000 Verkäufe abgewickelt.
Den Lieferanten bezahlt Rüedu rund 60 Prozent des Verkaufspreises, den Rest benötigt das Unternehmen für Löhne, Miete, Informatik und anderes. «Der Detailhandel nimmt oft die Hälfte, während je ein Viertel an den Zwischenhandel und an die Produzenten geht», erklärt Tom Winter der Zeitung «Der Bund» die Preisgestaltung. «Wir haben keinen Zwischenhändler», führte er aus.