Mascarpone geht künftig leer ausAb nächstem Jahr gibt es für Mascarpone keine Verkäsungszulage mehr. Das ist eine Folge davon, dass gewisse Mascarponeproduzenten die Zulage missbrauchten. Sie kassierten doppelt. Jetzt müssen sie zurückzahlen.
Mascarponehersteller Christoph Züger von der Züger Frischkäse AG ist sauer: «Ausgerechnet für das fettreichste Käseprodukt gibt es ab nächstem Jahr keine Verkäsungszulage mehr!» Da Züger in den letzten Monaten neue Mascarponemärkte in Europa erschlossen hat, überlegt er nun, grössere Mengen der Mascarponeproduktion ins Ausland auszulagern, um die Märkte halten zu können. Falls er überhaupt noch Mascarpone aus Schweizer Milch macht, will Züger dafür nur noch den C-Milch-Preis bezahlen.
Auch Alexander Briw vom Mascarponehersteller Elsa erwartet künftig tiefere Preise für die Mascarponemilch: «Die Verkäsungszulage geht ja von Gesetz wegen an die Produzenten, wir reichen sie einfach durch. Und wenn die Verkäsungszulage wegfällt, sinkt folglich der Produzentenmilchpreis.» Im Gegensatz dazu will Milchverarbeiter Emmi den Produzentenpreis laut Mediensprecherin Sybille Umiker nicht senken, sondern den Verkaufspreis erhöhen. Allerdings gibt Umiker zu, dass die Streichung der Verkäsungszulage für den fetten Frischkäse bei Emmi nicht ins Gewicht fällt, weil Emmi nur in «sehr bescheidenem Ausmass Mascarpone herstellt.» Trotzdem steht für Umiker fest: «Schweizer Mascarpone wird damit an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber seinen ausländischen Konkurrenzprodukten einbüssen.»
Es wurde abgesahnt
Die Streichung der Zulage hängt mit der neuen Milchpreisstützungsverordnung (MSV) zusammen. Ab dem 1.Januar 2014 wird die Verkäsungszulage nämlich nur noch für verkäste Milch ausbezahlt. Mascarpone ist zwar ein Frischkäse, er wird aber nicht aus Milch, sondern aus Rahm hergestellt. Züger gibt den Medien die Schuld an der neuen Regelung: «Dank der intensiven Recherchen von diversen Medien hat das BLW die Auslegung der Verkäsungszulage verschärft und dementsprechend die Verkäsungszulage für Mascarpone ganz gestrichen.» In Wirklichkeit dürften andere Gründe eine weit wichtigere Rolle gespielt haben: Das Finanzinspektorat des BLW stellte bei seinen Kontrollen zum Beispiel fest, dass ein Mascarponehersteller eineinhalb Jahre lang den Fettgehalt des verkästen Rahms falsch deklarierte (47 statt 35% Fett) und damit mehr Verkäsungszulagen absahnte als ihm zustand.
Doppelt abkassiert
Das BLW forderte mit Recht die zu Unrecht bezogenen 184000 Franken zurück. Wenig später kam das Finanzinspektorat einem Mascarponehersteller auf die Schliche, der für dieselbe Milch gleich zweimal Verkäsungszulage kassierte: Das erste Mal für die Milch, die er verkäste, das zweite Mal für den Rahm, den er zuvor von der verkästen Milch abgenommen hatte und danach zu Mascarpone verarbeitete. Das ist aber nicht im Sinne des Gesetzgebers, der zudem davon ausgeht, dass die Verkäsungszulage den Bauern gehört, weshalb sie auf der Milchabrechnung ersichtlich sein sollte.
Klage abgeblitzt
Der Fall kam vors Bundesverwaltungsgericht, weil sich der Mascarponeproduzent weigerte, die Zulagen zurückzuzahlen. Er stellte sich auf den Standpunkt, ohne Verkäsungszulage könne er nicht kostendeckend produzieren. Unlogisch sei, dass diejenigen Mascarponeproduzenten, die den Rahm beispielsweise als Nebenprodukt der Magermilchpulverproduktion einkaufen, die Zulage erhalten, während diejenigen, bei denen der Rahm als Nebenprodukt der Käseherstellung anfällt, leer ausgehen. Zudem sei in der Milchpreisstützungsverordnung nicht explizit erwähnt, dass es für ein Kilo Milch nur einmal Verkäsungszulage gibt. Mit dieser Interpretation kam er bei den Richtern nicht durch, sie verdonnerten ihn zur Rückzahlung von mehr als 100000 Franken in die Bundeskasse.
Erfassungslücke bei TSM
Dass der doppelte Zulagenbezüger nicht auch noch ein Strafverfahren am Hals hat, verdankt er einem Programmierfehler: Die Treuhandstelle Milch stellt im Auftrag des BLW den Käsereien die Software «MBH (Milchbeihilfe) 100» zur Verfügung, mit welcher die Daten zur Berechnung der Verkäsungszulage übermittelt werden. Und diese Software hatte keine Funktion, die überprüft, ob der zu Mascarpone verarbeitete Rahm womöglich aus Milch gewonnen wird, für die bereits einmal Verkäsungszulage bezahlt wurde.
Dumping-Mascarpone
Ab dem neuen Jahr gehören solche Rechtsstreitigkeiten der Vergangenheit an. Zudem wird sich die Schweiz künftig wohl auch nicht mehr mit Billigmascarpone profilieren können. Nicht zuletzt dank (doppelter?) Zulage wurden letztes Jahr beispielsweise 100 Tonnen Mascarpone für einen Kilopreis von gerade mal 1.70 Franken je Kilo nach Deutschland exportiert. Auch dieses Jahr wurden mehrere Dutzend Tonnen für weniger als 2.80 Franken pro Kilo nach Österreich geliefert. Zum Vergleich: Selbst die billigsten Importe lagen im selben Zeitraum nie unter 3.50 Franken pro Kilo.