Wer seinen Laufhof mit Elektrodraht begrenzt, soll den Kühen mehr Platz geben. Das BVet will fast doppelt so grosse Flächen vorschreiben wie bei Raus. Für den SBV, das BLW und den STS ist das nicht nachvollziehbar.
An mindestens 30 Tagen müssen Kühe und Rinder im Winter Auslauf bekommen. Das gilt auch, wenn sie angebunden gehalten werden. Laufhöfe bei Anbindeställen, die wenig genutzt werden, sind oft Marke Eigenbau. Hier sorgen Latten, Rundhölzer und Elektrodraht dafür, dass kein Rind das Weite sucht. Und das meist seit vielen Jahren mit Erfolg und unfallfrei.
BLW: Flächenangabe entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage
Nun aber will das Bundesamt für Veterinärwesen (BVet) für «mit stromführenden Zäunen begrenzte Auslaufflächen» eine Mindestfläche von 15 m2 pro Tier (Kuh oder Kalb) vorschreiben. Das schlägt es in der Änderung der Tierschutzverordnung (TSchV) vor. Sie befindet sich noch bis am Montag in der Anhörung.
Zum Vergleich: Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), das für das freiwillige Etho-Programm Raus zuständig ist, schreibt für nicht dauernd zugängliche Laufhöfe bei Anbindeställen 8 m2 pro (enthornte) Kuh vor – nur gut halb so viel.
Für Peter Zbinden vom BLW entbehrt die Flächenangabe in der TSchV jeder wissenschaftlichen Grundlage. Das habe man dem BVet so mitgeteilt. «Seit fast 20 Jahren gelten bei Raus die 8 m2, mit oder ohne Elektrozaun. Wir haben nie von Problemen mit Tieren in Raus-konformen Laufhöfen gehört, auch nicht in jenenmit Elektrozaun.»
Tierschutz: «Laufhöfe sind Kompromisse, ob mit oder ohne Elektrozaun»
Dasselbe bestätigt Martin Rufer vom Schweizerischen Bauernverband (SBV). Auch er wehrt sich ausdrücklich gegen den BVet-Vorschlag: «Diese 15 m2 sind aus der Luft gegriffen, sie schiessen weit über die Raus-Vorgaben hinaus.» Dabei hätten letztere informell immer als Standard gegolten. In der TSchV fand man bisher keine Angaben zu Laufhofflächen.
Nicht einmal der Schweizer Tierschutz STS unterstützt den Vorschlag des BVet. Hansuli Huber vom STS findet zwar, dass die Auslaufflächen minimal sind, aber: «Wenn den Bauern flexible, günstige Umzäunungen de facto untersagt werden, machen sie weniger bei Raus mit.» Wichtig ist dem STS die Weide, so Huber: «Laufhöfe sind Kompromisse, ob mit oder ohne Elektrozaun.» Jedes Kind wisse, dass Kühe auf der Weide ohne Angst gar unter den Elektrozäunen durchfressen würden.
SBV fürchtet «Rieseninvestitionen»
Falls der Vorschlag des BVet so durchkommt, gilt er als Minimalstandard bezüglich Tierschutz. Rufer befürchtet in diesem Fall «Rieseninvestitionen» für die Bauern. Sie müssen Panels kaufen, einen festen Zaun bauen oder den Laufhof massiv vergrössern. Letzteres ist selten möglich, weil der Platz fehlt oder die Güllegrube zu klein ist.