Zahlreiche EU-Mitgliedstaaten wollen auf dem EU-Agrarrat am nächsten Montag die EU-Kommission wegen niedriger Preise für Schweinefleisch zum Handeln auffordern. Es sind Österreich, Belgien, Tschechien, Polen, Frankreich und andere EU-Mitgliedstaaten, die in einem Vorbereitungspapier zum EU-Agrarrat die fallenden Preise für Schweinefleisch ansprechen.
In der EU lägen die Preise um 20% unter jenen des Vorjahres, beklagt zum Beispiel Belgien. Die belgischen Schweinefleischerzeuger habe es mit einem Preisrückgang von 30% gegenüber dem Vorjahr noch schlimmer erwischt. Die EU-Mitgliedstaaten fordern deshalb die Europäische Kommission auf, die Lage auf dem EU-Schweinefleischmarkt genau zu beobachten und Massnahmen zur Stabilisierung der Preise zu ergreifen.
Auch Zuckerrüben, Wein, Rindfleisch und Geflügel werden von einzelnen EU-Mitgliedstaaten wegen einer unbefriedigenden Marktentwicklung angesprochen. Am Montagnachmittag werden die Minister ihre Anliegen vorbringen und eine Antwort von EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski erwarten.
Der Tagesordnungspunkt "Sonstiges" wird am Montagvormittag abgehandelt. Es geht unter anderem um die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest, die Konferenz der Vereinten Nationen zu Nahrungsmitteln im Jahr 2021, die Verschwendung von Lebensmitteln in der EU und um die EU-Forststrategie. Der EU-Agrarrat findet als Videokonferenz statt und ist formal gesehen ein informelles Treffen ohne Entscheidungen.
GAP-Reform: Timmermans macht Druck
Dabei drohte EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans diese Woche, dass der Vorschlag zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) noch zurückgezogen werden könnte. Schliesslich sind ihm die bisherigen Positionen von Europäischem Rat und Europaparlament nicht ambitioniert genug. "Die GAP muss auf die höheren Anforderungen an den Klima- und Artenschutz reagieren", twitterte Timmermans nach dem ersten Trilog zur GAP-Reform.
Er will sich in den Verhandlungen auf die Seite des Europaparlaments stellen und einen Anteil von mindestens 30% Öko-Regelungen (Eco-Schemes) an den Direktzahlungen der 1. Säule der GAP durchsetzen. Die EU-Mitgliedstaaten wollen höchstens 20% der jährlichen Zahlungen an neue Umweltauflagen binden. Im niederländischen Fernsehen ging Timmermans noch weiter und erklärte in einem Interview mit rtl-nieuws, dass er eine Rücknahme des Kommissionvorschlags nicht gänzlich ausschliesse.
EU-Kommission interessiert
Eine Sprecherin der EU-Kommission stellte anschliessend klar, die Europäische Kommission sei an einem Ergebnis im Trilog interessiert und werde dort auf einen ambitionierteren Umwelt- und Klimaschutz drängen. Im Interview habe der Kommissar lediglich theoretische Überlegungen angestellt, wenn er von einer "Rücknahme" des Kommissionsvorschlags gesprochen habe.
Hält an GAP-Reform fest
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte zuvor in einem Brief an Europaabgeordnete von den Grünen klargestellt, die Kommission halte an ihrem Vorschlag zur GAP-Reform fest. Der alte Vorschlag von 2018 biete die Möglichkeit, Ziele aus der "Farm to Fork"-Strategie und aus der Strategie für die Artenvielfalt einzubauen, erklärte von der Leyen. Doch auch nach ihrer Ansicht will die EU-Kommission nicht nur zwischen Rat und Europaparlament vermitteln. Stattdessen verstehe sie sich als eine treibende Kraft, um möglichst viel aus den Strategien der EU-Kommission in der Grünen Architektur zu verankern.