Zwischen April 2023 und März 2024 steigen die globalen Oberflächentemperaturen der Meere sprunghaft an und brachen die vorherigen Temperaturrekorde um rund 0,25 Grad Celsius – der grösste Sprung seit Beginn der Messungen dieser Temperaturen.
Extremereignis
«Das kam für viele Wissenschaftler in der Klimaforschung unerwartet», sagte Jens Terhaar von der Universität Bern zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Er ist Erstautor der am Mittwoch in der Fachzeitschrift «Nature» veröffentlichten Studie.
In der Studie zeigten die Forschenden um Terhaar, dass dieser Temperatursprung zwar unwahrscheinlich war, aber dennoch mit dem derzeitigen Verständnis über die Klimaerwärmung erklärt werden kann. Laut der Studie handelte es sich dabei um ein Extremereignis, das statistisch gesehen nur einmal in über 500 Jahren auftreten dürfte. Dieses Ergebnis bedeutet, dass das Ereignis nicht völlig unerwartet war. «Ohne Klimawandel hätte das aber nicht passieren können», stellte Terhaar klar.
Klimamodelle scheinen zu funktionieren
Das Resultat bedeutet auch, dass die bisherigen Klimamodelle funktionieren. «Wäre dieser Sprung mit den vorhanden Modellen nicht reproduzierbar gewesen, wäre das eine sehr schlechte Nachricht gewesen», so der Forscher. Das hätte die Fähigkeit der Modelle in Frage gestellt, zukünftige Risiken im Zusammenhang mit dem menschengemachten Klimawandel zu bewerten.
Die globalen Meeresoberflächentemperaturen erreichten 2023/24 neue Rekorde und übertrafen den bisherigen Höchstwert von 2015/16 um 0,25°C. Blaue Balken zeigen die jährlichen Anomalien relativ zum Mittelwert von 1982–2011. Der orange Balken markiert 2015/16, der rote Balken 2023/24. Jahreswerte umfassen jeweils April bis März des Folgejahres.
Uni Bern
Die Modelle sind nicht nur in der Lage, den Sprung der Temperaturen simulieren, sondern sagten auch das Ende der Rekordtemperaturen im Sommer 2024 korrekt voraus. In den Jahren nach dem Sprung gibt es dem Forscher zufolge in keinem der Modelle eine zusätzliche unerwartete Beschleunigung der Erwärmung
Passiert auch weiterhin, was die Modelle vorhersagen, wird die globale Oberflächentemperatur der Ozeane laut Terhaar wieder zum langfristig erwarteten Erwärmungstrend zurückkehren. Mit grosser Wahrscheinlichkeit werden Meeresoberflächentemperaturen schon im September 2025 wieder auf das Niveau vor dem sprunghaften Anstieg zurückgekehrt sein.
Forscher schlugen weitere Faktoren vor
Die Modelle zeigen, dass ein solch rasanter Temperatursprung wie in 2023/24 nur dann auftritt, wenn
gleichzeitig El-Niño-Bedingungen vorliegen. Zur Erklärung des Temperatursprungs waren von
Forschenden zuvor weitere Einflussfaktoren vorgeschlagen worden. Dazu zählt etwa eine verminderte
Rückstrahlung der wärmenden Sonnenstrahlung durch einen Rückgang von Aerosolen aufgrund von
weniger Schwefelgehalt in den Treibstoffen in der Schifffahrt.
Die Meeresoberflächentemperaturen waren von April 2023 bis März 2024 besonders hoch im Nordatlantik, Nordpazifik und im tropischen Pazifik. Die Karte zeigt die Meeresoberflächentemperaturen im Vergleich zu den mittleren Temperaturen in den 30 vorangegangenen Jahren (1993-2022).
Uni Bern
Weniger Aerosole können zudem zu einer geringeren Menge reflektierender Wolken führen, wodurch noch weniger Sonnenstrahlung reflektiert und zurückgestrahlt wird. «Wir können zwar nicht ausschliessen, dass diese Faktoren zum beobachteten Temperatursprung beigetragen haben. Allerdings zeigen Klimamodelle, dass der extreme Anstieg auch ohne sie möglich ist», erklärt Studienmitautor Friedrich Burger.