Für ein Vorkaufsrecht an einem landwirtschaftlichen Grundstück muss der Pächter Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes in der Nähe sein. Bei dieser Gewerbebeurteilung zählt neu auch gesichertes Pachtland.
Im Frühling 2002 wollte ein Pächter eines Grundstücks von einer halben Hektare im Kanton Graubünden sein Vorkaufsrecht dafür ausüben. Doch das Grundbuchinspektorat stellte sich quer, er verfüge über kein landwirtschaftliches Gewerbe. Am Ende entschied das Bundesgericht: kein Gewerbe, kein Vorkaufsrecht.
Ausdrücklich von Eigentum die Rede
Er sei wohl Eigentümer einer Wohnung, eines Stalles und von 3,8 ha Land. Doch die rund 15 ha Landwirtschaftsland, die er auf Dauer zugepachtet habe, seien nicht zu berücksichtigen. Denn in Artikel 47 des Bundesgesetzes über das Bäuerliche Bodenrecht (BGBB) sei ausdrücklich von Eigentum die Rede: «Wird ein landwirtschaftliches Grundstück veräussert, so hat der Pächter am Pachtgegenstand ein Vorkaufsrecht, wenn (…) der Pächter Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes ist oder wirtschaftlich über ein solches verfügt und das gepachtete Grundstück im ortsüblichen Bewirtschaftsbereich dieses Gewerbes liegt.»
Änderung per 1. Januar
Damit war die Rechtslage klar. «Wir hatten im Kanton Aargau in den letzten Jahren immer wieder Fälle, bei denen es aussichtslos war, dass ein Pächter ein Vorkaufsrecht hätte ausüben können, weil er ohne Pachtland die Gewerbe-Bedingung nicht erfüllte», sagt Felix Peter, Leiter Boden- und Pachrecht bei Landwirtschaft Aargau. Bei einem Pachtlandanteil von rund 50% im Kanton Aargau sei dies nicht erstaunlich.
So war es denn aber Landwirtschaft Aargau, die am Anfang einer Gesetzesanpassung im Rahmen der Agrarpolitik 2014– 2017 stand. Bauernverbandspräsident Hansjörg Walter reichte in der Wirtschaftskommission des Nationalrats den Antrag ein, beide Räte stimmten zu, und seit dem 1. Januar 2014 ist ein Zusatz in Artikel 7 im BGBB in Kraft, wonach «die für längere Dauer zugepachteten Grundstücke» mitberücksichtigt werden. In der Praxis bedeute dies, erklärt Peter, dass dieses Land nach Pachtrecht (für mindestens sechs Jahre) und ungekündigt gepachtet sein müsse und nicht in der Bauzone liegen dürfe.
Laut einer Mitteilung von Landwirtschaft Aargau an die Aargauer Landwirte sei der frühere Zustand insbesondere deshalb störend gewesen, weil die Gewerbedefinition (z. B. für die Anrechnung an einen selbstbewirtschaftenden Erben zum Ertragswert) sonst ausdrücklich das langfristig gesicherte Pachtland mitberücksichtige.
Nicht nur für Pächter
Der Zusatz, dass Pachtland bei der Gewerbebeurteilung dazugezählt werden kann, gilt auch für Artikel 21 BGBB: «Befindet sich in der Erbschaft ein landwirtschaftliches Grundstück, das nicht zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehört, so kann ein Erbe dessen Zuweisung zum doppelten Ertragswert verlangen, wenn er Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes ist (…).»
Ebenso für Artikel 36: «Wird vertraglich begründetes Gesamteigentum oder Miteigentum an einem landwirtschaftlichen Grundstück aufgelöst, so kann jeder Mit- oder Gesamteigentümer dessen Zuweisung verlangen, wenn er Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes ist (…).»
Und nicht zuletzt für Artikel 49: «Wird ein Miteigentumsanteil an einem landwirtschaftlichen Grundstück veräussert, so haben daran in folgender Rangordnung ein Vorkaufsrecht: Jeder Miteigentümer, der bereits Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes ist oder über ein solches verfügt…»
Bei Landumlegung auch für <25 Aren
Die Erfahrung zeigt: Bei Landumlegungen kommt viel Bewegung in den lokalen Bodenmarkt. Auch in diesem Bereich gab es per 1. 1. 2014 eine Änderung. Demnach gilt das Bäuerliche Bodenrecht «im Beizugsgebiet einer Landumlegung, vom Zeitpunkt der Gründung und Beschlussfassung bis zum Zeitpunkt der Grundbucheintragung des neuen Besitzstandes, auch für Grundstücke von weniger als 15 a Rebland oder 25 a anderem landwirtschaftlichem Land.» Diese kleinen Grundstücke fallen ja sonst nicht in den Geltungsbereich des Bäuerlichen Bodenrechts. Landwirtschaft Aargau erklärt in ihrer Mitteilung, was dies bedeutet: «Es gilt damit eine bodenrechtliche Erwerbsbewilligungspflicht beim Handel ausserhalb der näheren Familie. Ein Erwerb ist damit grundsätzlich den landwirtschaftlichen Selbstbewirtschaftern vorbehalten. Gleichzeitig findet eine gesetzliche Preiskontrolle statt. Mit diesen Bestimmungen schiebt der Gesetzgeber in dieser Phase Verkäufen an Nichtbewirtschafter sowie dem Handel zu übersetzten Preisen einen Riegel.» sal


