Das Freilichttheater «Holzer’s Peepshow» auf dem Gurten bei Bern macht sich auf Kosten der Bauern lustig. Familie Holzer im Theater Gurten produziert nicht mehr, sondern macht sich vor Touristen zum Affen und kauft in der Migros ein.
Eine Bauernfamilie muss die letzte Kuh versteigern. Im Theater Gurten ist das keine Tragödie, sondern der Beginn einer Komödie. Der Sohn meldet die Familie bei einem Wettbewerb des «Schweizer Fernsehens» um die innovativste Bauernfamilie der Schweiz an. Gegen Eintritt führt die Familie Holzer fortan vor den carweise herangekarrten Touristen aus aller Welt eine «Show» auf.
Dabei spielt sie zuerst ein möglichst traditionelles Bauernleben, zuletzt führen die Bauernleute jedoch einen handfesten Ehekrach vor. Die Familie produziert keine Lebensmittel mehr. Um den Tag mit Beschäftigung zu füllen, kauft der Bauer in der Migros kistchenweise Zwetschgen. Die Bäuerin rüstet diese zum Einmachen, um ihrerseits einen ausgefüllten Tag zu haben. So etabliert sich die Familie schliesslich und scheint wieder glücklich. Dazu muss man wissen, dass die Migros eine Hauptsponsorin des Theater Gurten ist.
Negative Klischees
Die künstlerische Leistung der lediglich fünf Hauptdarsteller ist eindrücklich. Die tiefe Verzweiflung der Kinder etwa über die Ehekrise ihrer Eltern ist sehr gut veranschaulicht. Ebenso die Identitätsprobleme des Bauern: «Früher habe ich sagen können, ich bin Bauer. Was soll ich jetzt sagen?»
Der Autor des Stücks «Holzer’s Peepshow» werfe einen eigentümlichen, intelligenten und liebevollen Blick auf die Menschen, sagte die Regisseurin in einem Interview. «Holzer’s Peepshow» in der Gurten-Version bedient allerdings sämtliche negativen Vorurteile über die Schweizer Bauern. Der Bauer ist wortkarg, die Bäuerin dumm. Die englischen Ausdrücke sprechen die beiden grob falsch aus: «Schwitzness» für Swissness und «Äiföön» für das Mobiltelefon «iPhone». Bei den Aufführungen für die Touristen verhält sich die Familie enorm ungeschickt und ohne Planung, ja eigentlich unfähig. Nicht fehlen dürfen auch der Alkoholismus (der Bauer ist ein Trinker) und die Gewalttätigkeit (der Bauer ohrfeigt die Bäuerin).
Grossvater ausgelacht
Sehr befremdlich ist, wie sich das gebildete, städtische, mehrheitlich angegraute Publikum über die Hilflosigkeit des betagten Grossvaters amüsiert. Er droht auf der Sitzbank das Gleichgewicht zu verlieren — das Publikum lacht. Er macht ein paar unsichere Schrittchen — das Publikum lacht. Der Grossvater begreift nicht, dass jetzt nicht gegessen, sondern nur ein Essen geprobt wird. Also schüttet ihm die Enkelin Wasser aus der Blumenvase ins leere Suppenteller, und er probiert davon — das Publikum lacht laut heraus.