Die Schweiz wäre von einem Engpass in der Gasversorgung in Europa stark betroffen, und die Versorgungslage hat sich verschärft. Auch Strom könnte im Winter knapp werden. Die Molkereibranche ist besorgt. Sie bittet den Bundesrat, die Branche bei einer Mangellage zu priorisieren. Sonst sei die Versorgung gefährdet, schreibt die Branchenorganisation Milch.
Erdgas könnte im kommenden Winter zur Mangelware werden. Seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine fliesst viel weniger Gas von Russland nach Europa. Entsprechend sind die Speicher weniger gefüllt. Stellt Russland die Lieferungen komplett ein, ist in Europa Sparen angesagt.
Rares Gut Gas
Die Schweiz hat keine eigenen Gasspeicher und ist daher vollständig auf Importe angewiesen. Bis zu drei Viertel der Gaslieferungen in die Schweiz kommen aus Deutschland. Gäbe es einen Gasengpass in der EU, wäre deshalb auch die Schweiz stark betroffen.
Der Bundesrat bereitet sich auf einen möglichen Gasmangel vor, zusammen mit den Kantonen und der Energiebranche. Droht eine Gas-Mangellage, sollen Sparappelle ausgegeben werden. Zweistoffanlagen, die mit Öl und Gas betrieben werden können, sollen auf Öl umgestellt werden.
Kontingentierungskonzept
Reichen die Sparappelle und die Umstellung auf Öl nicht aus, um den Verbrauch zu reduzieren, sollen Erdgas-Kontingentierungen folgen, allerdings mit Ausnahmen. Diese sollen insbesondere für an Erdgas-Verteilnetze angeschlossene Haushalte gelten. Hingegen soll bei allen nicht geschützten Kunden ohne Priorisierung kontingentiert werden. Das Kontingentierungskonzept wird zurzeit vom Wirtschaftsdepartement überarbeitet. Im August wird der Bundesrat darüber befinden.
Von einem Mangel an Strom und Gas wäre auch die Molkereibranche massiv betroffen. In einem offenen Brief bittet die Branchenorganisation Milch (BOM) die Landesregierung, die Branch von einer Kontingentierung auszunehmen. Grund: Bauern und Molkereien seien versorgungsrelevant.
Offener Brief der BOM
«Falls der Bund gezwungen sein sollte, auf eine Kontingentierung von Strom und Gas oder gar auf eine Abschaltung des Stromnetzes für einige Stunden zurückgreifen zu müssen (Stufen 3 und 4 der Massnahmen bei Mangellagen), bitten wir Sie, sehr gezielt vorzugehen und nicht einer Rasenmäher-Methode gleich allen Wirtschaftssektoren die beiden Energieträger einzuschränken. Die Fütterung von Tieren, deren Pflege, die Verarbeitung von schnell und leicht verderblichen Lebensmitteln sowie die durchgehenden Kühlketten müssen jederzeit gewährleistet sein. Die Wertschöpfungskette Milch wäre von eingeschränkten Strom- und Gaslieferungen besonders betroffen und ist von diesen Massnahmen auszunehmen.
Milch als verderbliches Frischprodukt muss laufend gekühlt und weiterverarbeitet werden können. Um diesen Prozess anhaltend gewährleisten zu können, sind die Milchverarbeiter auf eine uneingeschränkte Versorgung mit Strom und mit Gas angewiesen. Schliesslich verarbeiten sie täglich gegen 10'000 Tonnen Frischmilch und machen sie in Form von Milchprodukten haltbarer. Kann dieser Vorgang aufgrund einer Kontingentierung der Energieträger oder gar einer Abschaltung des Stromnetzes nicht sichergestellt werden, sind von der fehlenden Möglichkeit zur Milchverarbeitung bis zu 19'000 Milchproduzenten-Familien sowie die Konsumenten von Milchprodukten direkt und innerhalb kürzester Zeit betroffen. Grundnahrungsmittel wie Milch, Butter oder Rahm drohen in diesem Fall zur Mangelware zu werden, wie die Covid-Pandemie eindrücklich gezeigt hat. Während dieser Zeit sind dreimal mehr Milchprodukte verkauft worden als zuvor. Teilweise blieben die Regale gar leer.
Die Produzenten und Verarbeiter von Milch gehören, wie die übrigen Lebensmittelverarbeiter, zu den Betreibern kritischer Infrastrukturen. Die Bewirtschaftungsmassnahmen des Bundes sehen jedoch vor, bei einer Strom- oder Gasmangellage die Lebensmittelverarbeiter nicht per se anders zu behandeln als andere Grossverbraucher. Allerdings können situationsabhängig bestimmte grundversorgungsrelevante Verbraucher teilweise oder ganz von Bewirtschaftungsmassnahmen ausgenommen werden. Bei der Milchbranche handelt es sich um grundversorgungsrelevante Produktions- und Verarbeitungsbetriebe. Deshalb bitten wir Sie, von Ihren Möglichkeiten Gebrauch zu machen und sie von den Massnahmen der Stufen 3 und 4 auszunehmen.»
Dank den schizophrenen Politiökern in Brüssel, Berlin und Bern!