Das Jahr 2011 war in verschiedener Hinsicht wechselhaft. So beschäftigten die Wetterkapriolen die Bauern. Doch die Ernte war bei pflanzlichen Produkten trotzdem gut. Dafür fielen Milch- und Schweinepreise in den Keller. Mit Bildergalerie.
Das Jahr 2011 war ein Jahr der Klima- und Temperaturrekorde: Es schliesst mit einem Temperaturüberschuss von 2,0 Grad ab. Damit wurde die höchste Jahresdurchschnittstemperatur seit Messbeginn 1864 gemessen. Landesweit war es deutlich zu trocken, und es herrschten extrem sonnige Verhältnisse, wie aus den Messungen der Meteo Schweiz hervorgeht. In der ersten Januarhälfte stiegen die Temperaturen im Mittelland auf frühlingshafte 17 Grad, in den Föhngebieten sogar bis auf 18 Grad.
Es folgte ein noch milderer Februar und ein ebenfalls milder März. Als Folge der über Monate fehlenden Niederschläge herrschten ab Anfang Mai über längere Zeit in der ganzen Schweiz grosse Trockenheit und Waldbrandgefahr. Der Frühling 2011 war damit der wärmste in der rund 150-jährigen Messreihe. Der Sommeranfang war mit ausgeprägten Niederschlägen nass. Erst in der zweiten Augusthälfte gewann der Hochsommer die Oberhand. Und insgesamt blieb es dann bis zu den ersten Schneefällen Mitte Dezember überdurchschnittlich warm.
Wetterkapriolen brachten Vor- und Nachteile
Zeitweise machten die Wetterkapriolen den Bauern das Leben schwer. So fiel der erste Grasschnitt wegen anhaltender Trockenheit grossmehrheitlich aus. An den meisten Orten kompensierten die nachfolgenden Emdernten diesen Verlust aber problemlos. Genau mit der Reifung des Getreides kam Ende Juni/Anfang Juli der grosse Regen, was die Erntearbeit erschwerte und die anschliessende Trocknung notwendig machte. Viel Feuchtigkeit und zu wenig Futter verkürzten auch die Alpzeit. Grossartig gefiel es den pflanzlichen Produkten. Die Ernten im Getreide-, Zucker-, Kartoffel-, Obst- und Weinbau fielen im Schnitt quantitativ wie qualitativ hervorragend aus.
Bötsch übergibt Lehmann
Aus agrarpolitischer Sicht interessierte die Stabübergabe von Manfred Bötsch an Bernard Lehmann im Bundesamt für Landwirtschaft (BLW). Am 1. Juli löste Lehmann Bötsch als BLW-Direktor ab. In einem letzten Interview mit dem «Schweizer Bauer» in der Ausgabe vom 15. Juni zeigte der nach elf Jahren abtretende Bötsch trotz anhaltender Probleme in weiten Bereichen der Agrarbranche kaum Selbstkritik. Ende Oktober wurde bekannt, dass er in die Geschäftsleitung der Migros-Tochter Micarna einsteigt. Sein Nachfolger Bernard Lehmann setzte zu Beginn zwar inhaltlich nicht wesentlich andere Akzente und griff weder in den nach wie vor kriselnden und zerstrittenen Milchmarkt ein, noch beendete er formell die Bestrebungen um ein Agrarfreihandelsabkommen mit der EU. Aber er kommunizierte auf eine angenehme und zugängliche Art und Weise und nahm die bäuerlichen Interessen vermehrt zur Kenntnis.
Dies zeigte sich bei der Vernehmlassungsantwort zur Agrarpolitik 2014–2017. So kommt das BLW bäuerlichen Anliegen entgegen, indem die Produktion auf Kosten des Übergangsbeitrags besser gestellt wird. Aber auch in anderen Punkten zeigt sich das BLW unter Lehmann für Verbesserungen offen. So erwägt das BLW, keine oder zumindest nicht mehr die volle Verkäsungszulage für fettreduzierten Käse zu bezahlen. Denn offenbar liefern einige Käsehersteller und -exporteure Magerkäse in den EU-Raum, unterbieten dort EU-Preise und erhöhen den Butterberg zusätzlich.
BOM-Reform wieder aufgeschoben
Die Problematik Magerkäse war nur eine von vielen Teilproblemen im Milchbereich. Nachdem der Butterberg wuchs und wuchs, war der Ständerat im März kurz davor, die Motion Aebi zur Steuerung der Milchmenge in Produzentenhand anzunehmen. Ein Manöver der Milchindustrie verhinderte dies im letzten Moment, und der Rat spielte den Puck noch einmal der Branchenorganisation Milch (BOM) zu. Diese erhalte eine «allerletzte» Chance, hiess es. Doch die BOM schaffte auch bis Ende Jahr noch immer keine Reform. Zwar schmolz der Butterberg nach einem absoluten Höchststand von 10792 Tonnen gegen Ende Jahr endlich, aber dies vor allem deshalb, weil die Molkereien die Butterabräumung mit weiteren Milchpreissenkungen und einer verschärften Segmentierung finanzierten.
Der Schweinemarkt steckte ebenfalls in der Krise. Der Preis für Schlachtschweine verharrte bis Ende Jahr auf dem Tiefststand von Fr. 3.10. Ein Aufruf der Suisseporcs, 10 Prozent der Zuchtsauen abzubauen und stattdessen Jager einzustallen, verhallte wirkungslos.
Walter nicht gewählt
Spannend aus bäuerlicher Sicht waren die Bundesratswahlen vom 14. Dezember. Nach dem Rückzug des Gewerbeverbandspräsidenten Bruno Zuppiger schickte die SVP Bauernverbandspräsident Hansjörg Walter ins Rennen um einen zweiten Bundesratssitz. Doch obschon ihn die Mitte-links-Parteien vor drei Jahren anstatt Ueli Maurer fast in den Bundesrat gewählt haben, verschmähten die gleichen Parteien dieses Mal den Thurgauer Bauern.


