«Schweizer Milch und Fleisch in zehn Jahren – Exportschlager oder Ladenhüter?». Dieser Titel lockte sehr viele Jungbauern an den Schluechthof und sie erfuhren: bei offenen Grenzen stehe die Milchbranche besser da.
«Es ist wichtig, dass man als junger Unternehmer Chancen vor den Risiken sieht.» Es war Markus Zemp, Präsident der Branchenorganisationen Milch und Fleisch, den die Zentralschweizer Junglandwirte als ersten Gastreferenten zu ihrem diesjährigen Forum nach Cham ZG eingeladen hatten.
Milchkontingentierung: Zur Freude der Allgäuer
In dem rappelvollen Saal des Berufsbildungszentrums Schluechthof skizzierte Zemp die aktuelle politische und wirtschaftliche Situation in den beiden wichtigen Branchen und machte dabei keinen Hehl daraus, auf welches Pferd er als Bauer momentan setzen würde. «Längerfristig werden bei einer allfälligen Grenzöffnung die Milchproduzenten besser aufgestellt sein als die Fleischbranche», so Zemp. Denn schliesslich sei man bereits heute mit 60 Prozent der Milchmenge auf dem internationalen Markt erfolgreich.
Ebenfalls in aller Deutlichkeit antwortete Zemp auf die Frage nach einer erneuten Mengenführung. Gemäss dem Präsidenten der Branchenorganisation Milch sei es absolut illusorisch, wenn man meine, man könne mit nationalen Massnahmen den internationalen Handel steuern. «Wir können die Milchkontingentierung schon wieder einführen, am meisten freuen würden sich allerdings die Milchbauern im süddeutschen Allgäu, deren Käse dann vermehrt in die Schweiz gelangen würde.» Statt dass man das Rad der Zeit zurückzudrehen versuche, sollte man besser gute Verkaufsargumente für die eigenen Produkte schaffen. Hier sprach Zemp unter anderem von der grossen Bedeutung der raufutterbasierten Fütterung des Schweizer Milchviehs.
Klimaschädliche Weide
Bei der Fleischbranche betonte Zemp das starke Vertrauen von Schweizer Konsumenten in Bezug auf die einheimische Produktion und erwähnte dabei speziell die etablierten Marken und Labels. Zemp mahnte aber hier speziell vor den Auswirkungen einer Grenzöffnung. Zwar sei politisch in dem Bereich derzeit wenig im Gang, dennoch: «Rund 23 Franken pro Kilogramm Rinds- oder Kalbfleisch beträgt der heutige Zollschutz, und der ausländische Fleisch-Produzentenpreis beträgt knapp die Hälfte desjenigen in der Schweiz». Und diese Differenz resultiere erst auf der Stufe Produzent. Hinzu käme dann noch Verarbeitung, Transport und Handel in einem sehr teuren Kostenumfeld.
Zemp betonte, dass dies aber nicht die einzige Herausforderung für die Fleischbranche sei. Ganz allgemein stünde die ressourcenintensive Produktion immer mehr im Mittelpunkt von Diskussionen. So würde plötzlich die in der Schweiz viel gelobte Weidehaltung infrage gestellt, weil eben dadurch mehr Klimagase in die Umwelt gelangten, als wenn die Tiere intensiv gemästet würden.
Mit Stolz auf Milch setzen
Als zweiter Redner am Junglandwirteforum in Cham trat René Schwager auf. Für den Verkaufsleiter des grössten Schweizer Milchvermarkters Mooh ist klar, wo die zukunftsträchtigen Märkte auch für Schweizer Bauern liegen.
«Seid stolz, wenn ihr in die Milchproduktion investiert, es ist ein Zukunftsmarkt mit einem weltweiten Wachstum von 2 bis 3 Prozent.» Schwager zeigte, dass sowohl die Weltbevölkerung als auch der durchschnittliche Milchkonsum pro Kopf in den kommenden Jahren wohl weiter steigen werden. «Der durchschnittliche Erdenbürger konsumiert erst rund einen Drittel des Schweizer pro Kopf Konsums», so Schwager.
Käse ist starker Trumpf
Schwager erklärte aber auch, dass die Schweizer Produktion im internationalen Vergleich kaum von Bedeutung sei. Die Gesamtmenge der Schweiz betrage gerade einmal ein halbes Prozent am Weltmarkt, und man verliere jedes Jahr weiter an Bedeutung. Auch Schweizer Marken spielten bis auf Emmi im Ausland kaum eine Rolle. Dennoch glaubt Schwager an die Schweizer Milchproduktion. «Wir haben mit unserem Käse einen starken Trumpf im Ärmel», so Schwager.
Mit etwas Sorge beobachtet Schwager die Entwicklung, wonach immer mehr Milchverarbeiter einen Zweit- oder Drittproduktionsstandort im Ausland suchten. Dabei seien es auch nicht mehr nur die «Grossen», die ihre Wertschöpfung an günstigere Standorte verlagerten. «Praktisch jeder grössere Milchkäufer in der Schweiz steht mit einem Bein ausserhalb der Schweiz. Nebst Emmi, Hochdorf oder Züger drängen nun sogar mittelständische Käsereien ins Ausland», erklärt Schwager und mahnte die Jungbauern: «Schliesst euch mit den richtigen Partnern zusammen, die auf Schweizer Milch setzen. So schützt ihr euch und werdet nicht einfach austauschbar.» Auch wichtig sei, den Einfluss in der Wertschöpfungskette durchzusetzen.
Wie Zemp so mahnte auch Schwager schliesslich die Junglandwirte, dass sie die sich ändernden Rahmenbedingungen immer als Chance verstehen sollten.