/fileadmin/images/logo.svg

Artikel werden durchsucht.

«Milchmarkt: Wie der Turmbau zu Babel»

Seit Aufhebung der Milch- kontingentierung steigt die Menge, und der Preis sinkt. Die Schweizerische reformierte Arbeits- gemeinschaft Kirche und Landwirtschaft (Srakla) fordert eine Mengenregulierung.

Mike Bauert |

 

 

Seit Aufhebung der Milch- kontingentierung steigt die Menge, und der Preis sinkt. Die Schweizerische reformierte Arbeits- gemeinschaft Kirche und Landwirtschaft (Srakla) fordert eine Mengenregulierung.

«Immer mehr Markt ist für die Landwirtschaft nicht die Lösung», erklärte Ernst Beyeler, Präsident der Srakla an der Medienorientierung am Donnerstag in Noflen BE auf dem Hof von Martin Meier-Messerli. Bisher ist das Rezept «mehr Markt» wegen des herrschenden Ungleichgewichts zwischen Anbietern und Abnehmern vor allem dem Handel, den Verarbeitern und dem Detailhandel zu Gute gekommen. Nicht aber den Bauern. Der Markt spielt oft gegen die Bauern, speziell auf dem Milchmarkt. Seit sich der Bund aus dem Milchmarkt zurückgezogen habe und die Milchkontingentierung abgeschafft ist, hat der Druck auf die Bauern wegen der gesunkenen Preisen massiv zugenommen.

Kleine Gruppe von Akteuren profitiert

«Der Milchmarkt ist fast wie damals der Turmbau zu Babel. Niemand scheint sich auf dem Milchmarkt mehr zu verstehen. Alle diskutieren über Lösungen, aber alle verstehen darunter etwas anderes. Und dann gibt es noch eine kleine Gruppe von Akteuren welche dieses Chaos ganz gezielt nutzen, um noch mehr Verwirrung zu stiften, um davon zu profitieren», so Beyeler. Dabei braucht es in der jetzigen Situation einen vertrauenswürdigen Partner. Einen solchen Bündnispartner zu finden, sei schwierig. Die Basis und auch die BOM haben gezeigt, dass sie dazu nicht in der Lage sind. Deshalb sei es jetzt an der Politik, wieder eine allgemein verbindliche Milchregulierung einzuführen. Und noch etwas Zentrales: «Die Politik hat gegenüber unseren Bäuerinnen und Bauern auch eine ethische Verantwortung die sie wahrnehmen muss!»

Die Besten geben auf

Die Folgen des freien Milchmarktes zeigte Hans Aeschlimann, Betriebswirtschaftlicher Berater am Inforama Seeland in Ins BE, auf. «Die Buchhaltungszahlen von vielen Landwirtschaftsbetrieben sind alarmierend. Und zwar auch bei gut ausgebildeten Meisterlandwirten mit modernen Betrieben», erklärte er. Bei einem Milchpreis von 55 Rappen resultiere bloss noch ein Stundenlohn um die 10 Franken. Die Folgen seien weitreichend und zögen einen Rattenschwanz nach sich. Viele Betriebsleiter plagen Existenzängste, und viele seien sehr demotiviert und stünden vor der Betriebsaufgabe. Aber auch die Jungen wollten unter diesen Voraussetzungen den Betrieb nicht übernehmen und wanderten ab. «Die guten Betriebe geben eher auf als die anderen», stellt Aeschlimann fest.

Martin Meier hat für seinen Betrieb eine eigene Vollkostenrechnung für silofreie Milch erstellt. «Unsere variablen Kosten belaufen sich auf 30 Rappen pro Kilo, dazu kommen Strukturkosten von 44 Rappen und ein Lohn- und Zinsanspruch von 20 Rappen. Unter dem Strich sind das 94 Rappen. Mit einem durchschnittlichen Milchpreis von 64 Rappen pro Jahr plus 16 Rappen von den Tierbeträgen resultieren 80 Rappen. Das heisst, wir haben einen Fehlbetrag von 14 Rappen pro Kilo Milch», rechnet Messerli vor.

Familie leidet zuerst

Der Preisdruck hat aber noch weiter gehende Folgen: «Unter dem Arbeitsdruck wird reduziert, wo reduziert werden kann. In erster Linie bei der Familie», erklärt Nicole Amrein-Scherrer vom Zentrum Liebegg. Der Blumenschmuck der Bauernhäuser und der Bauerngarten wird vernachlässigt. Den Alpauf- und -abzug übernimmt der Lastwagen, und so gehen immer mehr Traditionen und Kulturgut verloren. Das ganze münde im Burn-out der Bäuerin. Die Arbeit und das Einkommen stünden nicht mehr im Einklang.

Das Fazit von Beyeler: «Wenn die  Familienbetriebe eine Zukunft haben sollen, muss der Staat seine gesellschaftspolitische und ethische Verantwortung wahrnehmen.»

    Das Wetter heute in

    Umfrage

    Schaut Ihr Landfrauenküche?

    • Ja, jede Folge:
      71.92%
    • Ja, ab und zu:
      17.24%
    • Nein, interessiert mich nicht:
      10.84%

    Teilnehmer insgesamt: 2785

    Zur Aktuellen Umfrage

    Bekanntschaften

    Suchen Sie Kollegen und Kolleginnen für Freizeit und Hobbies? Oder eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartner?