Der Präsident der Organisation Tier im Fokus (TIF) ist am Mittwoch vom Regionalgericht Burgdorf BE wegen Hausfriedensbruch zu einer bedingten Geldstrafe von 12 Tagessätzen zu 50 Franken verurteilt worden.
Freigesprochen wurde TIF-Präsident Tobias Sennhauser hingegen vom Vorwurf der Sachbeschädigung sowie Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz. Sennhauser hatte sich 2017 für heimliche Filmaufnahmen Zugang zu Poulet-Mastbetrieben verschafft. Auf den im Januar 2018 veröffentlichten Aufnahmen sind Tausende Hühner zu sehen, die sich in einer Halle drängen, darunter auch verletzte und bereits verendete Tiere.
Kein Anhaltspunkt für Tierquälerei
Für die Richterin war einzig erwiesen, dass der Aktivist unbefugt in die Betriebe eingedrungen war. Dies hatte Sennhauser bereits bei den Einvernahmen zugegeben. Bestritten war, welche Sachschäden dabei entstanden waren. Aufgrund mangelnder Beweise entschied das Gericht «in dubio pro reo» für den Angeklagten.
Keine Anhaltspunkte sah die Richterin zudem für Tierquälerei. Der Angeklagte habe sich in der Masthalle vorsichtig verhalten, Schutzkleidung angezogen und sich somit verhalten «wie ein Behördenmitglied, das spontan zu einem Kontrollgang geht».
Laut der Staatsanwaltschaft sollen die Hühner durch das unbefugte Eindringen «gestresst» und in «Angst versetzt» worden. Diesen Vorwurf hatte die Verteidigerin als besonders «absurd» bezeichnet. Sie forderte auf der ganzen Linie einen Freispruch.
Kein Notstand
Ihr Mandant habe im übergeordneten öffentlichen Interesse des Tierschutzes gehandelt. Dies zeige auch der Umstand, dass seine Recherchen parlamentarische Vorstösse ausgelöst hatten. Die Richterin verneinte jedoch einen Notstand und sah den Tatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt.
Mit den Videos, die von Medien aufgegriffen wurden, wollte die Tierrechtsorganisation angebliche Missstände in der Massentierhaltung dokumentieren. In den Filmaufnahmen sind unter anderem Bilder von verendenden Tieren zu sehen. In den betroffenen Betrieben stellten die Behörden aber keine Regelverstösse fest.
Die Verteidigerin sah dies als Beleg, dass die Staatsanwaltschaft «mit zwei Ellen» gemessen habe. «Man schiebt die Schuld auf die Person, die den Missstand aufgedeckt hat.»
«Wir keine Tierquäler»
Die Staatsanwaltschaft war an der Gerichtsverhandlung nicht anwesend. Sie hatte Sennhauser per Strafbefehl im März 2021 zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen wegen Hausfriedensbruchs, Sachbeschädigung und Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz verurteilt. Dagegen wehrte sich Sennhauser, weshalb es am Mittwoch zur Gerichtsverhandlung kam.
Die drei Betriebsinhaber zeigten Sennhauser bei der Justiz an. Diese wehrten sich vor Gericht gegen den Eindruck, sie seien von der «Fleischlobby» dazu angestiftet worden, einen unbequemen Tierschützer vor Gericht zu bringen. Einer der drei Kläger erklärte, die Anschuldigungen der Organisation hätten ihn im Berufsstolz verletzt. «Wir sind keine Tierquäler.»
«Vorwurf absurd»
Laut Anklageschrift hat er durch das unbefugte Eindringen «die Tiere gestresst und in Angst versetzt, wodurch ihre Tierwürde missachtet wurde», berichtet die Zeitung «Der Bund».
Der Vorwurf der Tierquälerei sei absurd, sagte Sennhauser. Die Fleischlobby wolle so den Spiess umdrehen und von den Missständen in der Massentierhaltung ablenken. Um die Hühner nicht in Angst zu versetzen, habe er vorher dem Eintreten an der Tür geklopft. Im Stall habe er sich dann sehr vorsichtig bewegt, sagte er zur Zeitung.
Abgänge gehören dazu
Für den Berner Kantonstierarzt Reto Wyss ist der Vorwurf der Tierquälerei nachvollziehbar. «Dringt man nachts in einen Hühnerstall ein, kann das unter den Tieren Panik auslösen. Im schlimmsten Fall flüchten alle in eine Ecke und zertrampeln sich dabei gegenseitig», sagte Wyss zum «Der Bund». Ein Huhn könne die Absichten eines Eintretenden in den Stall nicht unterscheiden.
Er weist weiter darauf hin, dass es in der Nutztierhaltung, ob in kleineren oder grösseren Betrieben, immer wieder zu Abgängen vor der Schlachtung kommt. Das verstosse nicht gegen das Tierschutzgesetz. Alle Mastbetriebe würden mindestens alle vier Jahre kontrolliert. Würden Missstände entdeckt, werde häufiger kontrolliert.
Wenn es keine Schlachthöfe, mehr gibt, wird es um so mehr Schlachtfelder geben, da der Verteilkampf, bei dem rasant zunehmenden Hunger, in der Welt, erst richtig beginnt.
Mir kann niemand sagen das so viele Hühner auf so engem Raum en glückliches Leben führen.