Präzise Daten statt Bauchgefühl, autonome Robotik statt Handarbeit: Smarte Agrartechnologien verändern den Ackerbau grundlegend und bieten enormes Potenzial – sowohl für die Landwirtschaft als auch für den Kapitalmarkt. Dennoch schreitet der technologische Wandel nur langsam voran. Ein wesentlicher Grund: Das Investitionsvolumen von Risikokapital ist rückläufig. Eine neue Studie der Landwirtschaftlichen Rentenbank und der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) präsentiert technologische Lösungen und Konzepte, die heute schon wirtschaftlichen und ökologischen Mehrwert schaffen.
Klimawandel, Ressourcenknappheit und steigende Kosten setzen landwirtschaftliche Betriebe weltweit unter Druck. Gleichzeitig fordern Politik und Märkte nachhaltigere und effizientere Produktionsmethoden. Bäuerinnen und Bauern müssen Erträge sichern, Umweltauflagen einhalten und ihre Betriebe zukunftsfähig aufstellen. Smarte Technologien könnten dabei helfen – doch ausgerechnet hier hakt es. Zwischen 2021 und 2023 sind die globalen Venture-Capital-Investitionen im Agri-Food-Tech-Sektor von 53 auf 15 Milliarden US-Dollar gesunken.
17 Schlüsseltechnologien im Fokus
Um konkrete Investitionschancen aufzuzeigen, haben die Rentenbank und BCG 17 Schlüsseltechnologien identifiziert und hinsichtlich Reifegrad, betriebswirtschaftlichem Nutzen und Marktpotenzial bewertet. Die Ergebnisse zeigen: Technologien, die direkt auf dem Feld zum Einsatz kommen – etwa sensorgesteuerte Bewässerung, autonome Landmaschinen oder teilflächenspezifische Ausbringungstechnologien (VRA) – bieten besonders grosses Potenzial. Sie verbessern die Ertragslage, senken Betriebskosten und ermöglichen einen gezielten Ressourceneinsatz.
«In der Landwirtschaft sind Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit eng miteinander verknüpft», betont Nikola Steinbock, Sprecherin des Vorstands der Rentenbank. Die Studie zeige, wo moderne Technologien wie KI oder Robotik heute schon einen messbaren Unterschied machen – und wo Investitionen besonders lohnend sind. Gleichzeitig werde sichtbar, warum viele dieser zukunftsweisenden Lösungen noch nicht breit umgesetzt werden.
Kapital fliesst noch zu wenig in skalierbare Lösungen
Obwohl der Nutzen vieler Technologien belegt ist, bleiben viele Lösungen in der Nische. Während in digitale Dokumentation oder erste Sensorik investiert wird, hapert es an der Skalierung etwa von Drohnentechnologien oder autonomen Maschinen. Gründe dafür sind unter anderem fragmentierte Strukturen, hohe Eintrittsbarrieren und die starke Marktposition etablierter Anbieter.
Technologien mit besonders grossem Nutzen – etwa VRA, autonome Fahrzeuge oder Drohnen – sind laut Studie unterfinanziert. Benjamin Subei, BCG-Partner und Agrarexperte, fordert deshalb einen «neuen Fokus auf Kapital, das Wirkung entfaltet – für Betriebe, die Ernährungssicherheit und den Kapitalmarkt».
Neue Finanzierungsmodelle gefragt
Gefordert sind innovative Ansätze wie Blended-Finance-Partnerschaften, bei denen öffentliches und privates Kapital kombiniert wird, oder strategische Co-Investments. Auch spezialisierte AgriTech-Fonds könnten gezielt Kapital in zukunftsrelevante Entwicklungen lenken.
«Nur mit gezielten, innovativen Finanzierungen lässt sich die Lücke schliessen und die Markteinführung neuer Technologien beschleunigen», erklärt Nikola Steinbock. Die Rentenbank fördert dies durch Start-up-Finanzierungen, Nachrangdarlehen und Engagement im Venture-Capital-Bereich.
Jetzt in die Landwirtschaft von morgen investieren
Damit smarte Technologien ihr volles Potenzial entfalten, müssen Innovation, Kapital und Umsetzung stärker verknüpft werden.
Benjamin Subei sieht die Politik ebenso in der Pflicht wie Investoren: «Es braucht mutige Entscheide, klare Rahmenbedingungen und schnellere Zulassungsverfahren.» Die Zeit zu handeln sei jetzt – für eine nachhaltige, produktive Landwirtschaft der Zukunft.


