In einer mehrteiligen Serie stellen wir Ihnen Junglandwirtinnen und Junglandwirte vor. In Teil 9 präsentieren wir Ihnen einen Junglandwirt aus dem Berner Jura. Bereits als 20-jähriger konnte Mikaël Zürcher einen Betrieb pachten. Er erledigt viele Arbeiten mit den Pferden. Die Milch seiner Kühe werden zu Tête-de-Moine verkäst.
Die Geschichte von Mikaël Zürcher klingt wie ein Märchen: „Bereits die drei älteren Geschwister wollten die landwirtschaftliche Ausbildung machen. Die Eltern konnten ihnen diese Idee ausreden, denn es habe keinen Sinn, die Lehre zu machen, wenn kein Betrieb vorhanden sei.“
Mit 20 Jahren Betrieb gepachtet
Doch bei Mikaël Zürcher nützte alles Argumentieren nichts. „Er wollte Landwirt werden, nichts anderes“, erklärt seine Mutter. Er hatte die Lehre bereits begonnen, als ein glücklicher Zufall sein Schicksal beein-flusste. Eine lokale Zeitung berichtete darüber, wie er mit Pferd und Wagen bei der Papiersammlung in seiner Gemeinde geholfen hatte. Diesen Bericht hat Henry Spychiger, Landwirt auf dem Mont-Crosin, gelesen und Mikaël angefragt, ob er das 3. Lehrjahr auf seinem Hof machen wollte.
Das wollte er unbedingt, denn Spychigers arbeiteten viel mit ihren Pferden. Nach der Lehre wurde er angestellt und konnte schlussendlich deren Betrieb übernehmen. Und das im zarten Alter von 20 Jahren. Zunächst pachtet er den Betrieb. Ein Kauf kam für ihn nicht in Frage, denn die Banken vergeben keine Kredite an 20-Jährige.
Sein Chef ist nun sein Angestellter
Er hätte auch keine Investitionshilfe erhalten, da er nicht bereits selbständiger Landwirt war. Später, nach sechs Jahren Pacht, sollte einem Kauf nichts mehr im Wege stehen. Sein ehemaliger Chef ist nun sein Angestellter und auch die Eltern von Mikaël Zürcher helfen tatkräftig auf dem Betrieb mit.
Dies ist nötig, weil er noch relativ oft im Militärdienst ist. Er ist Offizier bei der Train-Formation. Später will Mikaël eventuell die Meisterprüfung absolvieren und allenfalls auch Lehrlinge ausbilden.
Graslandbasierte Milchproduktion
Zürcher produziert mit 27 Kühen, je zur Hälfte Jersey und Holsteiner, die Milch wird zu „Tête de Moine" verkäst. Sein Ziel ist es, möglichst wenig Kraftfutter zu füttern. Er verfolgt eine graslandbasierte Milchproduktion: „Mein Milchpreis ist auch wegen der Gehaltszulage, die ich dank den Jersey-Kühen erhalte, relativ hoch. Mein Milchpreis liegt zwischen 73 bis 80 Rappen.“ Doch der Junglandwirt weiss auch, dass aufgrund der Frankenstärke die Exporte des „Tête de Moine“ zurückgehen und somit Absatzprobleme den Milchpreis drücken könnten.
Die sinkenden Produzentenpreise zwingen die Landwirte zu immer grösseren Betrieben. „Diese Entwicklung ist ein Teufelskreis, denn am Ende stehen diese Betriebe aufgrund der hohen Investitionskosten finanziell oft nicht besser da“, so seine ernüchternde Bilanz.
Kostenoptimierung
Sein eigener Chef zu sein, den Kontakt mit der Natur und den Tieren, das begeistert Zürcher immer noch. Seine Leidenschaft ist die Arbeit mit den Pferden: „Ungefähr 75 Prozent der Arbeiten können wir mit den Pferden verrichten. Ich habe mir 100 Prozent zum Ziel gesetzt“. Er ist überzeugt, dass sich die Arbeit mit den Pferden auch wirtschaftlich lohnt.
Die Maschinenkosten sind bedeutend tiefer und der Zeitverlust nicht sehr gross. „Damit es funktioniert, braucht es starke, gut trainierte Pferde sowie viel Freude bei der Arbeit“. Die Strategie für seinen Betrieb ist die generelle Kostenoptimierung, sei dies in der Milchproduktion oder bei den Maschinenkosten.
Entfremdung der Gesellschaft
Die Direktzahlungen sind für ihn ein ambivalentes Thema. Einerseits haben die Betriebe im Jura von der Agrarpolitik 2014-17 profitiert, andererseits findet er das System nicht richtig: „Landwirte, die gute Arbeit leisten, profitieren weniger als jene, die nichts machen. Ich würde fast mehr verdienen, wenn ich keine Nahrungsmittel produzieren würde, das kann doch nicht das Ziel sein“, betont der Junglandwirt.
Er stellt eine Entfremdung der Gesellschaft von der Landwirtschaft fest: „Die Bevölkerung will eine schöne Landschaft, sie hat aber keinen Bezug mehr zur Nahrungsmittelproduktion“, führt Zürcher aus. Er ist aber überzeugt, dass die Landwirtschaft in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird: „Denn ohne Lebensmittel können wir nicht leben.“
Betriebsspiegel
Grösse & Produktionsart: 36 ha LN, 11 ha Wald, (Integrierte Produktion)
Zone: Bergzone 2
Kulturen: 25 Aren Kartoffeln, sonst Wiesen und Weiden
Tiere: 27 Kühe, 11 Pferde
Speziell: Quereinsteiger, erledigt Arbeiten mit Pferden
Strategie: Tiefe Produktionskosten