Die Welt entwickelt sich und wird beispielsweise digitaler oder – zum Teil bewusst – in eine nachhaltigere Richtung gelenkt. Diesem steten Wandel müssen auch die hiesigen Berufslehren Rechnung tragen und sich mit verändern. Derzeit werden die Landwirtschaftsberufe für die Zukunft fit gemacht.
Alle fünf Jahre wird jede Berufslehre überprüft: Stimmt die Qualität? Wird sie den Anforderungen noch gerecht? Bei den Landwirtschaftsberufen wurden zuletzt 2017 mit der ersten Teilrevision der neuen Bildungsverordnung Änderungen eingeführt – trotz jahrelangen Diskussionen allerdings nur geringfügige.
Totalrevision
Da Digitalisierung, Spezialisierung und Klimawandel aktuell die Landwirtschaft aber stark fordern und so auch veränderte Ansprüche an die Grundbildung gestellt werden, beschloss die Organisation der Arbeitswelt der Landwirtschaft sowie der Pferdeberufe (OdA AgriAliForm) eine erneute Totalrevision in Angriff zu nehmen.
In einem ersten Schritt wurde dann mit verschiedenen – mehrheitlich jungen – Vertreterinnen und Vertreter aus Lehrmeister, Lehrpersonen, Verbänden, Schulleiterkonferenz, Personen der «Aussensicht» wie der Fenaco, des Schweizer Bauernverbandes (SBV), Junglandwirtinnen und Junglandwirten sowie der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) die «Landwirtschaft 2030» diskutiert. Auf der Basis der Resultate der Grossgruppenworkshops wurden schliesslich auch alle Mitgliedorganisationen der OdA AgriAliForm befragt, wie die Zukunft der Landwirtschaftsberufe aussehen soll.
OdA-AgriAliForm
«3 + 1»
Abgesehen von ein paar wenigen einheitlichen Resultaten waren die Antworten so heterogen wie die Schweizer Landwirtschaft. So stellte sich heraus, dass die Dauer der Lehre bei der Reform der Grundbildung wohl die grösste Herausforderung darstellen würde: Zwischen der Association des groupements et organisations romands de l’agriculture (AGORA) und dem SBV gab es Meinungsverschiedenheiten über die Lehrdauer unter anderem beim Beruf Landwirt/-in – AGORA forderte für alle 4 Jahre und der SBV nur 3 Jahre. Weil die Ausbildung für einen bestimmten Beruf grundsätzlich aber überall in der Schweiz gleich lange dauern muss, musste ein Kompromiss her.
Schlussendlich wurde eine originelle Lösung gefunden: ein landwirtschaftliches Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis (EFZ) soll in 3 Jahren erlangt werden können, wobei für die Auszubildenden die Möglichkeit besteht, im Rahmen eines vierten freiwilligen Zusatzjahres die erworbenen Kompetenzen zu erweitern. Im Januar 2021 fand diese Lösung in den Vorständen der AGORA und des SBV Gefallen und diese sprachen sich deutlich für dieses Modell aus.
Qualifikationsprofile
Daraufhin wurden auch die anderen Berufe der OdA AgriAliForm gefragt, ob sie an dieser Lösung interessiert seien oder nicht. Daraus ergab sich, dass die Berufe Winzer/in und Weintechnologe/Weintechnologin zu einem neuen 3-jährigen EFZ mit Fachrichtung zusammengelegt werden sollen, während für den Beruf Geflügelfachmann/-frau das gleiche Prinzip wie für das EFZ Landwirt/in gewählt werden könnte. Für Gemüsegärtner/-in und Obstfachmann/-frau soll das aktuelle Modelle mit 3 Jahren ohne Fachrichtung für die Zukunft beibehalten werden.
Aktuell werden nun die Qualifikationsprofile bestehen aus den Handlungskompetenzbereichen und dem Berufsbild erarbeitet. Die Ausbildungsinhalte sowie die verschiedenen pro Beruf möglichen Fachrichtungen werden festgelegt und konkretisiert. Auch hier gilt es verschiedene Anliegen unter einen Hut zu bringen.
Jonas Ingold
Nachhaltige Landwirtschaft lehren
So fordert unter anderem der Dachverband Bio Suisse mehr Einfluss in den Berufsbildungsschulen: Mit der Annahme des Zielpapiers «Bio-Grundbildung» an der Delegiertenversammlung Mitte November will Bio Suisse zwei Bio-Fachrichtungen in der landwirtschaftlichen Berufslehre erreichen. Eine für den ackerbaubasierten Biolandbau und eine die grünlandbasierte Biotierhaltung. Mit der steigenden Anzahl von Biobetrieben und Bioberufsabschlüssen brauche es zwingend sichtbare, eigenständige Bildungsangebote, argumentiert der Verband.
Andere wünschen sich, dass zukünftig mehr Fachwissen in den Bereichen Biodiversität oder Klimaschutz vermittelt wird und dass bei der Ausbildung der Lernenden mehr auf ganzheitliches Denken gesetzt wird und beispielsweise ressourcenschonenden Anbausystemen mehr Beachtung geschenkt wird.
Schritt für Schritt Richtung Zukunft
Noch bleibt Zeit, an der Grundbildung der landwirtschaftlichen Berufe zu feilen. Basierend auf den Qualifikationsprofilen, die aktuell noch fertig skizziert werden, sollen im nächsten Jahr dann die Bildungspläne erarbeitet werden: Die Handlungskompetenzen sollen detailliert ausformuliert und daraus die Lernziele definiert werden. Ausserdem soll festgelegt werden, an welchem Lernort die Auszubildenden die jeweiligen Lernziele erreichen sollen.
2023 werden sich schliesslich auch die diversen Behörden zu den neuen Bildungsplänen äussern können. Interessierte Kreise, Bund und Kantone werden in verschiedenen Anhörungen die Bildungspläne bestätigen müssen und diese werden anschliessend noch bereinigt. Per 1. Januar 2024 soll revidierte Bildungsverordnung der landwirtschaftlichen Berufe dann in Kraft treten und die Lehrmittel bis zum neuen Berufsschuljahr überarbeitet werden.
Ab dem Lehrjahr 2024 sollen die ersten Auszubildenden die Grundlagen und das Rüstzeug erlernen, um aus ihren Betrieben zukunftsfähige Unternehmen zu machen.
Paht/Kauf
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Danke
Trotzdem, dass man eine Lehre gemacht hat und einigen Jahren Berufserfahrung wird einem alles vorgeschrieben.
Man muss sich überlegen dem SBV die Führung in der Landwirtschaft nicht blind anzuvertrauen.