Markus Nyffeler aus Rüeggisberg BE ist zum zum 27. Mal mit seiner Wanderherde unterwegs. Mit Romantik hat das nichts zu tun.
Es ist eisig kalt auf
den Hügeln des bernischen Brügglen. Schnee und Regen kämpfen um ihren Platz, während
die Bise dem genüsslichen Blick auf Gantrisch- und Stockhornkette den Reiz
abknappt. Am Wegrand steht Markus Nyffeler, vor ihm eine Herde robuster
Schafe. Nyffeler ist einer der wenigen Wanderhirten, die es in der Schweiz noch
gibt. Von Mitte November bis Mitte März zieht er mit seinen Tieren von Kehrsatz
durchs Gürbetal über den Längenberg und wieder zurück. Nächste Woche gehts mit 800 Schafen nach Mamishaus und Schwarzenburg.
Bewilligung einholen
Wer glaubt, das
Schafehüten sei ein leichtes, vergnügliches Handwerk, der irrt. Bevor mit der
Wanderung gestartet werden kann, müsse beim kantonalen Veterinäramt eine
Bewilligung eingeholt werden, erklärt Nyffeler. Jeder Hirte habe anzugeben, wie
viele Tiere er mitführt und welche Wanderroute er beabsichtigt. „Der Kanton Bern
teilt die Gebiete anschliessend den Hirten zu“. Nyffeler, der alle Jahre
wiederkommt, habe seinen Bezirk auf sicher. Neue Hirte müssten oft warten, bis einer
mit dem Wandern aufhört. Das Gras zur Fütterung der Schafe sei begrenzt.
Wandern bringt
Vor- und Nachteile
Konflikte mit Landwirten seien selten. Bauern die nicht wollen, dass ihr
Land überquert wird, würden sich meist vorgängig melden. Daran muss er sich halten. Gewisse befürchten,
dass die Grasnarbe beschädigt wird. Die Meinungen gehen jedoch auseinander. Nyffeler
sieht nur Vorteile: Der Dünger kräftige den Boden und die Hufe festigen ihn.
Gehe der Bestand zu hoch in den Winter oder bleiben Futterreste zurück, kann
der Wiederaustrieb im Frühjahr verzögert werden. Grasen die Schafe die Weiden
ab, wird genau dies verhindert.
Zudem sind Winterweiden eine Form der
artgerechten Tierhaltung und vom Konsumenten gern gesehen. Es dauert zwar
länger bis die Lämmer schlachtreif sind, dafür sei die Fleischqualität deutlich
besser als bei Tieren die im Stall ausgemästet werden. Und trotzdem: Die Abnehmer bezahlen nicht mehr. Aktuell gibt es kein Label dafür.
Wanderhirten haben in der Schweiz eine lange Tradition. Schafe, die den Sommer auf der Alp verbracht haben, wandern zwischen November und März mit den Wanderhirten durch das Schweizer Unterland. Heute sind nur noch 20 bis 30 Wanderhirten im Einsatz. sda
Den kalten Nächten
muss Nyffeler nicht trotzen. Vor dem Eindunkeln werden die Schafe eingezäunt.
Der Landwirt verbringt die Nacht im nahegelegenen Daheim. Mit seiner Lebenspartnerin Barbara Gisiger führt
er in Rüeggisberg einen Bauernbetrieb. Auch sie ist Schafhirtin. Die beiden
scheinen ein gutes Team zu sein. Während er ganztags draussen bei den Schafen
ist, übernimmt sie zusätzlich den Haushalt und die Versorgung der trächtigen Auen
sowie der drei Pferde und der Hunde.
Herausforderung für Berufsschäfer
Die Wanderherde bietet
eine traditionelle Lösung um die Lämmer nach der Sömmerung auszumästen. Diesen
Winter ziehen rund 30 Schafherden von Weide zu Weide. Diese Zahl relativ
stabil, bestätigt der Bericht von Agridea. „Ab 1. Januar 2020 müssen alle
Schafe mit zwei Ohrmarken markiert sein, eine elektronisch und eine
konventionell“, erläutert Nyffeler im Interview mit schweizerbauer.ch.
Jede
Geburt und jede Bewegung, Sömmerung, Winterweide, Schlachthof oder Verkauf, müsse
in der Tierverkehrsdatenbank einzeln gemeldet werden. Nur die Anzahl Tiere sei
nicht mehr ausreichend. Die TVD für Schafe und Ziegen sei beschlossene Sache,
der Mehraufwand sei für Berufsschäfer so jedoch kaum realisierbar, ist
Nyffeler, überzeugt. Daher setzt sich der Verband Schweizer Berufsschäfer
für eine realitätsnahe Umsetzung ein.
Regelung Tierverkehrskontrolle
Der Bund sieht vor,die Tierverkehrskontrolle bei den Schafen und Ziegen auszubauen. Gleich wie bei
Tieren der Rindergattung sollen Tierhaltende künftig sämtliche Geburten, Zu-
und Abgänge, Ein- und Ausfuhren sowie Verendungen von Tieren an die Betreiber
der Tierverkehrsdatenbank (TVD) melden.
Nur so kann dieEinzeltierrückverfolgbarkeit auch bei den Schafen gewährleistet werden. Bereits
vorhandene Tiere müssen nach- oder ummarkiert werden. Neu müssen bei jeder
Verschiebung zu einem anderen TVD-Standort die Ohrmarkennummern der
einzelnen Tiere auf dem Begleitdokument aufgeführt werden, auch betriebsintern.