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Mit der Fonduekutsche ins Schwarze getroffen

Das Toggenburg liegt etwas abseits der grossen Touristenströme. Sandro Scherrer erkannte darin ungenutztes Potenzial. Er kombinierte Landschaftsbild mit Kulinarischem und brachte so Wertschöpfung in die Region.

Reto Blunier |

 

 

Das Toggenburg liegt etwas abseits der grossen Touristenströme. Sandro Scherrer erkannte darin ungenutztes Potenzial. Er kombinierte Landschaftsbild mit Kulinarischem und brachte so Wertschöpfung in die Region.

Der Wechsel ist augenfällig. Kurz nach dem Verlassen der Stadt Wil taucht der Reisende in eine andere Welt ein. Auf urbanes Gewusel folgt wohltuende Entschleunigung. Lieblich gepflegte Wiesen und sanfte Hügel prägen das Landschaftsbild zu Beginn des Toggenburgs. Der Fluss Thur sorgt mit tiefen Furchen für einen starken Kontrast und damit  für ein noch reizvolleres Landschaftsbild. Doch trotz aller Schönheit, die Region Bütschwil liegt doch eher abseits der grossen Touristenströme.

Pferde zuerst als Hobby

Sandro Scherrer aus  Dietfurt – das Dorf liegt auf dem Gemeindegebiet von Bütschwil – nutzte die hübsche Landschaft dazu, um seinem Milchwirtschaftsbetrieb ein zweites Standbein zu verschaffen. Ihren Anfang nehmen Kutschenfahrten im Jahr 1996. Damals kaufte er sich eine Freiberger Stute mit Fohlen.

Zu Beginn hielt der gelernte Forstwart die Tiere nur als Hobby. Bald änderte sich dies.  «Wir haben  eine so schöne Landschaft. Ich habe mir gedacht, dass die Leute  auch hier ihre Freizeit verbringen könnten», erklärt der 50-Jährige. Er erwarb in der Folge seine erste Kutsche und bot Fahrten an. Es gelang ihm, brachliegendes Potenzial auszunutzen.

Lücke geschlossen

Von 1998 bis 2008 spannte Scherrer mit SBB-Railway zusammen. Sein Kutschenangebot wurde so überregional bekannt. Im Winter musste er die Tiere in den Touristenorten St.Moritz und Arosa platzieren, weil daheim die Arbeit fehlte.  Die Pferde wurden aber immer weniger nachgefragt. Deshalb musste wieder eine neues Angebot lanciert werden. «Im Jahr 2008 las ich in einem Zeitungsartikel über Kutschenfahrten mit Fondueplausch», erinnert sich der Toggenburger.

Doch die passende Kutsche dazu fehlte. Er liess sich eine solche nach seinen Plänen in Polen bauen. Der Innenausbau fertigte er selbst an. Und hier galt es, einige Tücken zu meistern. Da die Fahrten im Winter durchgeführt werden sollten, musste nebst einer Überdachung auch eine Heizmöglichkeit eingebaut werden. Denn im Toggenburg kann es empfindlich kalt werden.

 

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Spezielle Einbauten

Gas war aber zu gefährlich, deshalb baute er ein Heizöfeli mit dem geruchsneutralen Petrol als Brennstoff ein. Die Bänke überzog er mit Fellen. Da es unterwegs auch einmal rütteln kann, wurden für Gläser, Flaschen und Caquelons Vertiefungen in die Tischplatte eingebracht. In Seitentaschen werden Zucker, Teebeutel und andere Utensilien verstaut.

Auch im Bezug auf die Wahl der Strecke gab es einiges zu beachten. Diese darf nicht zu viel Gefälle aufweisen, da sonst das Fondue nicht mehr gut im Caquelon liegt. Und vor allem muss sie reizvoll sein. «Bevor wir starteten, musste alles einwandfrei sein. Wir wollten ein gutes Echo auslösen», betont der Halter von 20 Milchkühen. Mit der Investition von mehreren Zehntausend Franken ging Scherrer ein Risiko ein. Aber eines, das sich gelohnt hat.

Vom Erfolg überrascht

Am Bauernmarkt in Wattwil präsentierte er im Herbst 2010 das erste Mal seine neue Kutsche. «Wir hätten nicht gedacht, dass unsere Idee so einschlagen würde», lächelt Scherrer zufrieden. Die Erhöhung des Bekanntheitsgrads erreichte die Familie ohne grosse Marketingmassnahmen.  «Für die Aufrechterhaltung unseres Betriebs ist die Mithilfe der ganzen Familie unabdingbar», betont Sandro Scherrer.

Seine Frau Ida und die vier Kinder sind fester Bestandteil des Unternehmens. Mittlerweile besitzen sie drei Fonduekutschen, dazu weitere sieben Kutschen für Spezialfahrten jeglicher Art. Die meisten Gäste nutzen den Fondueplausch im Winter, im Sommer werden aber auch Fahrten angeboten.

Wichtiges Standbein

Gestartet werden die Rundfahrten in Bütschwil. Kaum hat Scherrer seine Gäste im Empfang genommen, bringt Ida Scherrer in speziell angefertigten Boxen das aus vier Käsesorten bestehende Fondue zur Kutsche. «Die Mischung ist aber streng geheim», erklärt die 49-Jährige lächelnd. Anschliessend führt die Fahrt an Bauernhäusern, Ställen, Obstanlagen und an der romantischen Thur vorbei. Nach knapp zwei Stunden  neigt sich die Fahrt dem Ende zu.

Pro Person schlägt der Fondueplausch inklusive alkoholfreie Getränke mit 45 Franken zu Buche. «Mit unserem Angebot wecken wir das Interesse der Leute an der Landwirtschaft und der Region. Wir agieren somit auch als Botschafter», so Scherrer. Zudem bringt die Familie Wertschöpfung ins Tal. Die meisten Zutaten für ihr kulinarisches Angebot stammen aus der Region, der Rest aus den übrigen Landesteilen. Und das Angebot scheint zu gefallen. Immer mehr Gäste, viele davon aus der Region Zürich, nehmen dieses in Anspruch.

Trotz hohem Arbeitsaufwand lohnen sich die Kutschenfahrten. Mittlerweile generieren Scherrers damit ein Drittel des Einkommens. «Ausserdem lassen sich die beiden Betriebszweige Kutschenfahrten und Milchproduktion gut kombinieren», hebt Scherrer hervor. Sollten sie gewinnen, wollen sie das Preisgeld in den Umbau des Wohnhauses investieren.

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