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Mit Kundgebung Sparübung abgewendet

Das Jahr 2015 war für viele Bauern ein sehr schwieriges Jahr. Wichtige Märkte liefen schlecht, gleichzeitig wollte der Bundesrat die Direktzahlungen kürzen. So kam es gleich zu drei grossen Protestaktionen.

 

 

Das Jahr 2015 war für viele Bauern ein sehr schwieriges Jahr. Wichtige Märkte liefen schlecht, gleichzeitig wollte der Bundesrat die Direktzahlungen kürzen. So kam es gleich zu drei grossen Protestaktionen.

Fast menschenleer war der Aargauerstalden in Bern noch um Viertel vor neun Uhr. Ein Wortwechsel mit Nationalrat Andreas Aebi (SVP, BE), der bereits vor Ort war, bestätigte aber dem Schreibenden, dass er sich am Versammlungsort befand, den der Schweizer Bauernverband für diesen 27.November ausgerufen hatte. Um neun Uhr fuhr der erste Reisebus vor und stoppte exakt beim Thurgauer Fähnlein, das am Strassenrand eingesteckt worden war.

Dem Bus entstiegen vier Dutzend Bäuerinnen und Bauern aus dem Kanton Thurgau – rege diskutierend und gespannt, was ihnen beim Umzug und auf dem Bundesplatz warten wird. Dann sah man Andreas Wyss, den Geschäftsführer des Berner Bauernverbandes. Beim Berner Fähnlein aber standen erst ein gutes Dutzend Berner Landwirte. Aber die Grosskundgebung des Bauernverbandes war lanciert.

Tausende kamen

Nur eine halbe Stunde später hatten sich am Aargauerstalden Tausende von Bäuerinnen und Bauern versammelt: Säuglinge im Tragetuch, Schulkinder, Jugendliche, junge Ehepaare, Erwachsene im mittleren Alter bis hin zu Grossmüttern und Senioren an Gehhilfen. Sie boten mit ihren Fahnen, ihren Transparenten, ihren Trachten, ihren Hüten, ihren Treicheln und Glocken ein farbenfrohes Bild – das keiner so schnell vergessen wird, der vor Ort war.

Äusserst diszipliniert zogen die über zehntausend Bauern durch die Berner Altstadt auf den Bundesplatz, auf dem prompt nicht alle Kundgebungsteilnehmer Platz fanden, bis Bauernpräsident Markus Ritter das Wort ergriff: «Ich bin beeindruckt von diesem gewaltigen Aufmarsch! Er zeigt, wie ernst die Lage ist.»

Schneider-Ammann in der Kritik

Immer wieder Bundesrat Johann Schneider-Ammann. Schon zahlreiche Transparente hatten den Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements aufs Korn genommmen. Ritter attackierte den Magistraten auf dem Bundesplatz frontal: «Wir müssen heute feststellen, dass die gemachten Versprechungen des Bundesrates nichts mehr wert sind. Alles Schall und Rauch!» Schneider-Ammann persönlich habe während der parlamentarischen Debatte gleich nebenan anerkannt, dass die Bauern mit der AP 14–17 höhere Leistungen als bisher erbringen müssten.

Im Gegenzug stelle der Bund gleich viel Geld zur Verfügung wie heute. Nun aber wolle der Bundesrat einseitig und massiv bei der Landwirtschaft sparen, obwohl deren Anteil an den Bundesausgaben laufend sinke und anderswo gleichzeitig Mehrausgaben in Milliardenhöhe beschlossen würden. «So geht das nicht mehr!», donnerte Ritter. Das Fass zum Überlaufen bringe die Ankündigung des Bundesrates, den Zahlungsrahmen für die Landwirtschaft in den Jahren 2018 bis 2021 um rund 800 Millionen Franken zu kürzen. Ein minutenlanges Glockengeläut trug den Protest bis in die nahen Amtsstuben.

Starke Beachtung

Die Grosskundgebung wurde  in der Öffentlichkeit sehr stark beachtet. Ganz sicher half sie mit, dass bei der Budgetdebatte im Dezember das Parlament den Bauern entgegenkam. Es  lehnte eine Kürzung der Direktzahlungen um 61 Millionen Franken ab und beschloss, die Schoggigesetzgelder im Jahr 2016 fast auf dem Niveau von 2015 weiterzuführen.

Doch diese parlamentarischen Erfolge haben eine Kehrseite: Die Bauern werden teils als gierige Subventionsempfänger dargestellt, und weite Teile der Bevölkerung meinen zu Unrecht, die Bauern erhielten jetzt in der Summe höhere Direktzahlungen als bisher. Gleichzeitig bekräftigte der Bundesrat, dass er bei den Bauern sparen wolle, während gleichzeitig fast alle Ausgabenbereiche massiv zulegen sollen: beim Verkehr bis 2019 von 8,5 Milliarden auf 10,8 Milliarden, bei Kultur und Freizeit von 507 auf 545 Millionen und bei der Migration von 1,285 Milliarden auf 1,911 Milliarden Fr.

Swiss Agri Militant

Ritter wies in Bern auch darauf hin, dass die Schweizer Bauern in verschiedenen Märkten zurzeit mit grossen Problemen kämpften. Das führte schon vorher zu Protestaktionen. Die von jungen Westschweizer Bauern gegründete Bewegung «Swiss Agri Militant» marschierte am 21. Oktober ebenfalls durch die Berner Innenstadt. Über 1000 Bäuerinnen und Bauern demonstrierten für faire Produktepreise. Sie hatten dabei vor allem den Milchmarkt im Fokus. Dort sorgten tiefe internationale Preise in Kombination mit der Freigabe des Wechselkurses zum Euro und der Umstand, dass die Milchbauern in der Schweiz schlecht aufgestellt sind (Aussage von Markus Ritter), zu rekordtiefen Preisen.

Als der Schreibende im Februar von ausbezahlten Preisen klar unter 50 Rp./kg berichten musste, verdrückte auch er eine Träne. Bei den Schweinen und dem Zucker sind die Produzentenpreise ebenfalls enorm gesunken. So kamen am 9. September in Kirchberg BE  über 2000 Bäuerinnen und Bauern unter dem Motto «Rettet den Schweizer Zucker» zusammen. Noch hat die Politik sie nicht erhört.

 

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