Fische fressen Insektenlarven, die wiederum organischen Abfall verwerten. So lässt sich umstrittenes Fischmehl im Futter einsparen. In Versuchen hat die Idee funktioniert. Nun soll sie bald praxisreif sein.
Fisch ist beliebt. 90 Prozent wird importiert, dies aus zunehmend leergefischten Weltmeeren. Dabei böte sich durchaus die Gelegenheit, auch in der Schweiz mehr Fisch zu züchten: In Naturteichen, Aquaponic-Anlagen, Urban-Farming-Projekten, oft in Bioqualität. Doch ein Problem gibt es bis anhin. Fische brauchen tierische Proteine. Das führt dazu, dass allein für die Fütterung von Zuchtfischen jährlich 20 Mio. Tonnen Fisch gefangen und zu 5 Mio. Tonnen Fischmehl verarbeitet wird. Als Ergänzung wird den Fischen zudem oft Getreide gefüttert, womit sie in Nahrungskonkurrenz zum Menschen geraten.
Eiweissreiche Larven
Dem will das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) Gegensteuer geben. Die Idee: Aus Lebensmittelresten soll mithilfe von Larven der Hermetia-Fliege tierisches Protein entstehen. Die Fliegen sind in den Tropen, den Subtropen, im Mittelmeerraum, in der Südschweiz und im Schwarzwald verbreitet. Ihre Larven verwerten nahezu alles organische Material. Sie enthalten in der Trockensubstanz bis zu 45 Prozent Proteine und bis zu 35 Prozent Fett.
Am Donnerstag informierte das FiBL gemeinsam mit den Projektpartnern über den Stand eines Versuchsprojekts, welches vom Coop-Fonds für Nachhaltigkeit unterstützt wird. Denn obschon die Idee in der Theorie funktioniert, wird es noch eine Weile dauern, bis Schweizer Fische Futter mit Hermetia-Zugabe fressen.
Lieber Kompost als Mist
Zuerst musste getestet werden, welches Substrat sich als Futter für die Larven eignet. Getestet wurde Hühnermist, Brotabfälle, Grünkompost und Rindermist. Bei jedem Substrat wurde die Entwicklung der Larven gemessen. Es zeigte sich, dass diese mit Grünkompost deutlich schneller wachsen als mit Rindermist. In einem nächsten Schritt wurden die Larven an der Hochschule HAFL in verschiedenen Produktionsmodulen vermehrt. Am besten gelang das in grossen Industriebehältern mit semi-kontinuierlicher Futterzuteilung.
Ein heikler Schritt war auch die Verarbeitung der Larven zu Mehl. Sie müssen «geerntet», mit Warmluft getrocknet und durch Kaltpressung entfettet werden. Dann werden sie mit einer Schlagmühle geschrotet und in Big Bags abgepackt. Durch Optimierungen konnte die Qualität des so hergestellten Hermetia-Mehls derart verbessert werden, dass es bezüglich Aminosäurenspektrum und Proteingehalt das Niveau von Fischmehl erreichte.
Bei der Firma Hofmann Nutrition AG in Bützberg BE wurden im Rahmen des Projekts 500kg Larvenfrischmasse produziert und in ein Versuchs-Fischfutter eingemischt. Dieses enthielt noch 50 Prozent des ursprünglichen Fischmehlgehalts. Es wurde bei der New Valfish SA in Le Bouveret VS, der grössten Fischzucht in der Schweiz, an Regenbogenforellen getestet – mit Erfolg.
Schmackhafte Forellen
Bezüglich Wachstumsleistung gab es kaum Unterschiede zwischen den mit Versuchs- und den mit konventionellem Futter gefütterten Fischen, auch Massenzuwachs und Körperkondition unterschieden sich kaum. Einzig bezüglich Futterverwertung schnitt das Futter mit Larvenmehl etwas schlechter ab. Am wichtigsten aber war, dass Testesser bei den Forellen keinen Unterschied bemerkten und dass der mit Hermetia-Mehl gefütterte Fisch qualitativ gleichwertig war.
Wirtschaftlich wäre die Produktion von Larvenmehl bereits ab 300 Tonnen Jahresproduktion. Ein Futter mit 28 Prozent Hermetia-Mehl würde allerdings teurer als solches aus Import-Fischmehl, denn 1kg Larvenmehl kostet gemäss Berechnungen rund 300 Franken. Somit müssten die Konsumenten für eine derart gefütterte Forelle etwa 1 Prozent mehr berappen. Je mehr Larven aber produziert werden können, desto eher wird der Preis fürs Mehl noch sinken.
Zulassung wird erwartet
Eine Hürde bürokratischer Natur stellt sich dem FiBL und seinen Partnern noch in den Weg. Heute ist nicht definiert, welche Anforderungen die Biomasse, die den Larven verfüttert wird, erfüllen muss. Auch ist Insektenmehl bisher in der Futtermittelgesetzgebung nicht erwähnt. Seine Verfütterung an Fische muss also von der EU und der Schweiz zuerst bewilligt werden. Kürzlich haben beide Behörden Tiermehl als Fischfutter wieder zugelassen. Nun diskutieren sie, den Begriff «Tiermehl» durch Insektenmehl zu erweitern. Im besten Fall wird das Insektenmehl schon 2014 als Tierfutter zugelassen. Dann will das FiBL eine Pilotanlage erstellen und gemeinsam mit deutschen Partnern 1000 bis 3000 Tonnen Mehl pro Jahr herstellen.


