Urs Amrein ist zwar auf dem Bauernhof aufgewachsen, doch nach der Ausbildung hat er bei einem IT-Dienstleister gearbeitet. «Da haben wir Unternehmen für die IT-Betreuung monatlich 200 Franken fakturiert. Egal, ob wir intervenieren mussten oder nicht», erzählt Amrein. «Ich dachte mir, so ein Modell muss doch auch in der Landwirtschaft möglich sein.»
So bekommen die Paten von Kirsch-, Zwetschgen-, Apfel- und Birnbäumen des Archehofs Anfang Jahr eine Rechnung. Dafür können sie ihren Baum jederzeit besuchen und das Obst mit nach Hause nehmen.
500 Patenschaften für
Mit dem Verkauf von Patenschaften für Obstbäume haben Urs Amrein und seine Frau Barbara das IT-Modell erfolgreich auf ihren Landwirtschaftsbetrieb übertragen. Die Preise sind dabei gestaffelt nach der Dauer der Patenschaft und reichen von 110 Franken pro Jahr bei einer einjährigen Patenschaft bis zu 450 Franken pro Jahr, wenn sich die Patin für fünf Jahre verpflichtet.
Dass der Landwirt Freude hat an seinen 640 Hochstammobstbäumen der Qualitätsstufe II und dem Umgang mit den Paten, ist beim gemeinsamen Rundgang durch die Hochstammwiesen offensichtlich. Der administrative Aufwand und die Betreuung von über 500 Patinnen und ihren Familien ist zwar erheblich, doch Amreins lassen sich dabei von neun Teilzeitangestellten und spezieller Software unterstützen.
Im Seminarraum auf dem Archehof zeigt Amrein eine elektronische Karte, auf der alle Obstbäume mit Nummer und GPS-Standort zu sehen sind. Vor Ort gibt bei jedem Baum ein Täfelchen Auskunft über die Herkunft und die Besonderheiten der Obstsorte und den Namen des Paten.
Mit dem Verkauf von Patenschaften für Obstbäume haben Urs Amrein und seine Frau Barbara das IT-Modell erfolgreich auf ihren Landwirtschaftsbetrieb übertragen.
Anita Merkt
Pro Specie Rara-Sorten
Zweimal im Jahr wird auf dem Archehof für alle Obstbaumpatinnen ein Fest organisiert. Sie erhalten regelmässig einen Newsletter. Und wenn die Früchte an ihrem Baum erntereif sind, werden sie per E-Mail oder SMS informiert. Das ist schon allein deswegen aufwendig, weil Amreins allerlei Sorten anbauen und gerne mit alten Obstsorten von Pro Specie Rara experimentieren. Die Früchte sind deswegen zu sehr unterschiedlichen Zeiten reif. Auch beim Pflanzenschutz müssen die unterschiedlichen Blütezeiten berücksichtigt werden. Der Archehof ist zwar kein Biobetrieb, aber quasi schon.
Baumpaten gehen nie leer aus
Zur Bekämpfung von Obstmaden setzt Amrein auf konventionelle Insektizide. Was die Kirschessigfliege anbelangt, hat der Obstbauer die Erfahrung gemacht, dass die Schadinsekten weisse und gelbe Sorten in Ruhe lassen, solange man die Früchte nicht überreif werden lässt. «Je heller und fester die Frucht, desto weniger anfällig ist sie», lautet Amreins Fazit.
Am Vortag des Austauschs, den das Forschungsinstitut für biologischen Landbau organisierte, schritt Amrein mit seinem Praktikanten und dem Tablet durch den Obsthain und notierte, wann für die Mirabellen-, Zwetschgen-, Apfel- und Birnbäume der beste Erntezeitpunkt ist und wie viel Kilo Obst der Baum voraussichtlich trägt. Gehen Baumpaten einmal leer aus, kann Amrein sie mit Früchten von einem anderen Baum entschädigen – denn nicht alle Paten ernten komplett ab.
Unterirdische Stromleitungen
Das Obst, das nicht von den Baumpatinnen geerntet wird, bringen Amrein und seine Mitarbeiter in die Distillerie Seetal. Ein weiterer Betriebszweig des Archehofs sind Anlässe wie Hochzeiten oder Geburtstage im Baumhaus oder im Tipi und ein Seminarbetrieb, über den viele den Hof überhaupt erst kennenlernen.
Im Hofladen verkauft das Landwirtepaar lokal produzierte und verarbeitete Produkte wie Direktsaft, Apfelmus, Balsamicoessig aus Kirschen und Zwetschgen, Spirituosen und fertiges Gulasch. Das Fleisch stammt vom Rätischen Grauvieh, mit dem das Ehepaar das Gras unter den Obstbäumen kurz hält.
Nach Ansicht von Amrein gibt es im Boden unter den Bäumen «mehr Leben», wenn er nur beweidet wird. Um die Bäume vor dem Vieh zu schützen, hat er auf sämtlichen Obstwiesen unterirdische Stromleitungen verlegt. Ein elektrischer Zaun hält das Vieh auf Distanz. «Das Verlegen ist zwar sehr aufwendig», räumt er ein, doch «dafür hast du danach Ruhe.»