Trotz der im Ostteil der Ukraine fortdauernden Kriegshandlungen haben die Feldarbeiten in fast allen ukrainischen Oblasten zumindest begonnen.
Wie Premierminister Denis Shmygal vergangene Woche berichtete, konnte zu diesem Zeitpunkt mit der Aussaat der Sommerungen lediglich in der stark umkämpften Region Luhansk noch nicht angefangen werden. Ungeachtet dessen sind die Feldarbeiten auch anderenorts nicht ohne Gefahren möglich. Medien berichten
im Osten immer wieder von Feindbeschuss, weshalb die Landwirte dort in der Regel nur mit Schutzwesten und Stahlhelm auf die Felder fahren.
Ackerflächen vermint
Regional sind Ackerflächen zudem systematisch vermint worden, so dass hier auch nach der dringenden
Empfehlung der Regierung in Kiew erst Räumkommandos vorgeschickt werden sollten, bevor Landmaschinen auf den Acker fahren. Shmygal bekräftigte die Prognose der ukrainischen Regierung, wonach bis zu 30 % der Flächen in diesem Jahr unbestellt bleiben dürften.
Der Ukrainische Getreideverband (USA) geht auch auf dieser Grundlage davon aus, dass landesweit eine Getreide- und Ölsaatenernte von bis zu 63 Millionen Tonnen zusammenkommen könnte.
Laut der Prognose des Verbandes könnte das Weizenaufkommen bei 18,2 Millionen Tonnen liegen, nach einer
Rekordernte von fast 33,0 Millionen Tonnen im Vorjahr. Die Branchenorganisation weist aber darauf hin, dass selbst die reduzierte Ernte noch fast drei Mal so hoch läge wie der jährliche Inlandsverbrauch. Zusammen mit den geschätzten Lagerbeständen von rund 10 Millionen Tonnen aus der Ernte 2021 stünden damit theoretisch
mindestens 20 Millionen Tonnen Weizen für den Export zur Verfügung.
Deutlich weniger Ölsaaten
Die Produktion von Sonnenblumen sieht der Getreideverband bei 9,8 Millionen Tonnen und damit um fast die Hälfte kleiner als im Vorjahr. Für Raps wird ebenfalls eine Halbierung der Erntemenge auf etwa 1,5 Millionen Tonnen erwartet. Auch bei den Ölsaaten dürften alte Lagerbestände aber einen Teil des Produktionseinbruchs auffangen. Für Sojabohnen erwartet der Verband ein Aufkommen von 1,8 Millionen Tonnen und damit
wie bei den anderen Ölfrüchten etwa die Hälfte der Vorjahreserntemenge.
Das Exportpotential bei Getreide und Ölsaaten insgesamt könnte im Vermarktungsjahr 2022/23 nach der Prognose des USA Verbandes bei vielleicht 35,0 Millionen Tonnen liegen. Eine Voraussetzung dafür
wäre allerdings die baldige Beendigung der russischen Seeblockade vor den ukrainischen Häfen oder ein deutlicher Ausbau der alternativen Transportwege auf Strasse und Schiene.