In vielen Ländern Europas wird die Gänsemast praktiziert. Auch in der Schweiz wäre sie möglich – und das Fleisch gefragt.
Mitte Oktober berichtete der «Schweizer Bauer» über Gänse im Naturschutzeinsatz. Doch können Gänse nicht nur Landschaften pflegen, sondern auch rentieren? Basil Rüttimann und Andreas Schiess, Studenten der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL), möchten die Weidemast von Gänsen wieder etablieren.
Was im naheliegenden Ausland im grossen Stil betrieben werde, sollte auch heute auf Schweizer Landwirtschaftsbetrieben möglich sein, so ihre Idee, der sie in einer Minorarbeit nachgingen. Früher war die Gänsemast verbreitet, in Deutschland ist die Weihnachtsgans Tradition.
Gänsebraten gesucht
Rüttimann und Schiess wissen, dass es in der Schweiz nur wenige Gänseproduzenten gibt. Das meiste Fleisch muss importiert werden. «Gespräche mit Schweizer und ausländischen Produzenten haben gezeigt, dass Gänsefleisch sehr gefragt ist. Keiner hat sich über Absatzprobleme beklagt», so Schiess und Rüttimann in ihrem Bericht.
Der Konsument schätze die nachhaltige Produktion und die tiergerechte Haltung. Die knappe inländische Produktion sowie der teure Import von Gänsefleisch würden die Nachfrage noch zusätzlich anheizen.
Österreicher zeigens vor
Laut Schiess und Rüttimann vermarkten die Produzenten in Österreich ihre Gänse bereits seit zehn Jahren unter dem einheitlichen Markennamen «Weidegans Österreich». Dazu haben sie sich zu einem Verein zusammengeschlossen. Die Landwirte profitieren dabei nicht nur von einheitlicher Werbung, sondern auch von tieferen Einkaufspreisen für Küken und Futter aufgrund grosser Bestellmengen. «Eine solche Interessengemeinschaft wäre auch in der Schweiz sinnvoll und einfach umzusetzen», vermuten die beiden.
Gänse verwerten Gras
Die Gans ernährt sich fast vollständig von Gras und kann nach ersten Wochen in der Wärme den ganzen Tag über im Freien gehalten werden. Die Tiere sind nicht anfällig gegenüber bekannten Geflügelkrankheiten. Bei einer Intensivmast, wie sie etwa in Ungarn praktiziert wird, erreichen die Gänse ihr Schlachtgewicht bereits nach zwölf Wochen.
Gemäss dem Bericht der HAFL-Studenten eignet sich in der Schweiz eine nachhaltige Produktionsform mit einer Mastzeit von rund 28 Wochen besser. So könnten die Kosten tief gehalten werden, und die längere Mastzeit sei dem Wachstum der Gans und der Vegetation in der Schweiz angepasst. Ein weiterer Vorteil der nachhaltigen Mast im Gegensatz zu Intensivmast sei, dass die Tiere fettärmer seien und beim Kochen so weniger Wasser verlieren würden.
Von Mai bis November
Bei der saisonalen Mast schlüpfen die Küken im Frühsommer und werden ab November geschlachtet. Drei bis vier Wochen nach dem Schlüpfen kann mit dem Weiden begonnen werden. Gänse sind sehr ortstreu, sollten aber zum Schutz vor Fuchs oder Marder über Nacht eingestallt werden.
Schiess und Rüttimann haben in Gossau SG selber einige Duzend Gänse gemästet. Aufgetischt wurden deren Fleisch auch in der Alten Herberge in Niederbüren SG, wo im Oktober jeden Mittwoch ein Dreigangmenü mit Gänsefleisch aus regionaler Produktion aufgetischt wurde. «Die Rückmeldungen der Gäste waren durchwegs positiv», bilanzieren sie.