Die Familie Jaquier nützt mit der Produktion von Samen aus Mohn, Kornblume und anderen Pflanzen eine Marktlücke aus.
Das Gros-de-Vaud gilt als Kornkammer der Schweiz. Ausgedehnte Getreidefelder und Kartoffeläcker charakterisieren das Gebiet. Und die fantastische Sicht auf die Savoyer Alpen mit dem Flair der Romandie verleihen dem Gebiet eine charmante Note. Dass sich in der Kornkammer der Schweiz aber der grösste Wildblumensamenproduzent befindet, ist doch eher erstaunlich. Dass sich die Familie Jaquier aus Goumoens-la-Ville VD in der Nähe von Echallens VD auf diese Spezialkulturen fokussierte, geschah eher zufällig.
Flugshow markierte Beginn
Er sei eher zufällig auf die Produktion von Wildsamen gestossen, erklärt der 41-jährige Claude Jaquier. 1998 übernahm er den 18-Hektaren-Betrieb. Mit dieser eher kleinen Landfläche sei es schwierig gewesen, nur mit Kartoffeln oder Mais eine genügend grosse Existenz aufzubauen.
Deshalb begann er, mittels neuer Kulturen seinen Betrieb zu diversifizieren. Auf einem Feld pflanzt er Blumen, wo Kunden diese selber schneiden können. Bekannt sind Jaquiers auch für ihre Kürbisse. Die Verbindung zu den Wildblumen kam über einen österreichischen Getränkehersteller zustande. 1999 fand in Goumoens eine Gleitschirm-Flugshow statt. Für diesen Anlass säte er auf einer grossen Fläche Klatschmohn aus.
Im Feld war dann das Logo des Energiedrinkherstellers zu sehen. Dabei kam er auch in den Kontakt mit der Fenaco-Tochter Ufa. Die Samenabteilung des Unternehmens war auf der Suche nach einheimischen Produzenten, da es bisher die Wildblumensamen importieren musste. «Und sie waren auch die Einzigen, die sich für unsere Samen interessierten», betont der Waadtländer. Für Jacquier war dies Segen und Herausforderung zugleich. Für ihn war das Aussäen von Wildblumen kein Müssen, sondern eine Herzensangelegenheit.
Agrarpolitik half mit
Mit der neuen Ausrichtung der Agrarpolitik zu Beginn des dritten Jahrtausends veränderte sich die Ausgangslage. Im Jahr 2001 wurde die Öko-Qualitätsverordnung (ÖQV) geschaffen, in welcher die Bauern nicht nur die vorgeschriebenen Ökoflächen ausweisen sollten, sondern auch eine möglichst grosse Artenvielfalt angestrebt wurde. «Dies hat zwischen den Jahren 2000 bis 2004 einen regelrechten Nachfrageboom ausgelöst», erklärt Jaquier.
Der Boom war aber nicht nur auf die Landwirtschaft zurückzuführen, sondern auch auf Kantone und Bahnen sowie Private. Diese kauften auch immer mehr Wildblumensamen. Im Jahr 2000 begann Jaquier mit der grossflächigen Aussaat von Klatschmohn, Kornblume und Kornrade. Doch der Anbau ist sehr zeitintensiv, denn oft ist Handarbeit gefragt.
Ganze Familie hilft mit
«Beim Mais laufen die Pflanzen in der Regel schön auf. Bei den Wildblumen hingegen ist das schwieriger», betont Jaquier. Die Pflanzen fühlen sich auf leichten, eher mageren Böden wohl. Wenn es zu feucht ist, nimmt der Krankheitsdruck zu. «Diese kleinen Samen sind zwar Gold wert, erfordern aber viel Arbeit und Geduld», macht er deutlich.
Aussaat und Ernte erfolgen zwar maschinell, das Jäten aber von Hand oder mit dem Schaber. Doch Jaquier kann auf die Hilfe der Familie zählen. Ehefrau Carine, die Kinder Louca und Emma und die Eltern von Claude helfen auf dem Betrieb mit.
Ab 2004 auch Gräser
2004 erweiterte er die Fläche mit den Wildgräsern Trespe und Fromental. Diese Samen finden vorwiegend in ökologischen Ausgleichsflächen oder extensiven Weiden und Wiesen ihre Verwendung. Da die Wildblumen und Wildgräser im Anbau sehr heikel sind, variiert der Ertrag jährlich relativ stark. In guten Jahren liegen die Erträge bei der Kornrade bei einer Tonne pro Hektare, beim Klatschmohn kann bei einem Ertrag von 300 Kilo pro Hektare von einer guten Ernte gesprochen werden.
Das Einkommen aus den Wildblumen beziehungsweise Wildgräsern könne in etwa mit dem von Gemüsebauern verglichen werden, führt Jaquier aus. Das entscheidende Kriterium bei der Bestimmung des Preises sei aber die Keimfähigkeit der Samen. Heute generieren die Jaquiers mit fünf Hektaren Wildblumen und -gräsern rund die Hälfte ihres landwirtschaftlichen Einkommens.
Positive Ökobilanz
Die Ökobilanz dieser Kulturen ist sehr positiv. Sie benötigen keine Kunstdünger, auf Herbizide kann verzichtet werden. Ein heikler Moment ist das Ernten. Dies erfolgt, wenn die Pflanzen noch grün sind. «Das Ernten mit dem Mähdrescher erfordert viel Konzentration. Insbesondere die Kommunikation zwischen Philippe Magnin aus Bettens und mir ist entscheidend», erklärt Jaquier. Das Trocknen der Samen erfolgt wieder manuell.
In einem Schopf legt er diese auf den Boden. Jeden zweiten Tag werden die Samen von Hand gewendet. Das Trocknen wird ohne CO2-Ausstoss durchgeführt. Einzige Quelle ist die Wärme der Sonne. Wenn die Samen genügend abgetrocknet sind, füllt er diese in Big Bags ab und führt sie nach Winterthur zur Ufa.
Gerne würden Jaquiers die Wildblumen- und -gräserproduktion ausbauen. Limitierend wirken aber die 400 m2 Trocknungsfläche. «Diese zu vergrössern, ist unser nächstes Ziel», legt Jaquier dar.


