Christian Oesch (l.) und Martin Aeschlimann in ihrem neuen Kompostierstall.
Tobias Strahm
Der Artikel wurde im Januar 2025 im Schweizer Bauer publiziert.
Schon bei der Ankunft auf dem Betrieb wird einem bewusst, dass hier professionell gearbeitet wird. Das erstaunt eigentlich nicht, denn auf dem Betrieb, welcher in einer Bewirtschaftergemeinschaft geführt wird, kommt viel Fachkompetenz zusammen: Martin Aeschlimann ist Meisterlandwirt, seine Partnerin Agronomin FH.
Die Gebrüder Hans und Christian sowie seine Frau Karin Oesch sind ebenfalls in Agronomie diplomiert. Die Idee, die Betriebe gemeinsam zu bewirtschaften, sei beim Jassen entstanden, sagt Seniorchef Bernhard Aeschlimann. Im Gegensatz zu einer Betriebsgemeinschaft haben die Teilhaber so die Möglichkeit, weiterhin einem Nebenerwerb von 80% nachzugehen.
Vielseitige Gemeinschafter
Vielseitige Gemeinschafter So arbeiten auch alle Teilhaber und Teilhaberinnen noch auswärts. Die Arbeitsaufteilung ist klar geregelt. Zu den Kühen im Sommer schauen die beiden Generationen der Familie Aeschlimann auf der Alp Honegg.
«Bei Arbeitsspitzen bei der Heuernte im Sommer sind wir fast zu viele und müssen uns um die Arbeit streiten», betont Martin Aeschlimann mit einem Schmunzeln. Jedoch schiebt er nach, dass dies sehr praktisch sei und man so in hektischen Zeiten die nötige Schlagkraft zusammenbringe.
Tiefstreustall keine Option
Zuerst wollten die Gemeinschafter nur einen Schopf bauen, da das Heulager zu klein wurde und gleichzeitig Güllelagerraum fehlte. Die Idee entwickelte sich aber weiter hin zu einem gemeinsamen Stall beim Betriebsstandort der Familie Oesch. Dies, weil dort mehr Weidefläche vorhanden ist. Dabei war von Anfang an klar: Es kommt nur ein Kompostierstall infrage. Christian Oesch begründet dies so:
«Wir haben in der Region Bern diverse Betriebe mit unterschiedlichen Kompostierstrategien besichtigt. Für uns war wegen des Tierwohls und der behornten Kühe sowie des gewonnenen Komposts von Anfang an klar, dass wir diesen Weg gehen werden.» Martin Aeschlimann ergänzt: «Entscheidend war auch, dass man sich nichts verbaut. Denn mit einem Kompostierstall hat man eine grosse Fläche, die man allenfalls auch anders nutzen könnte. So könnte man problemlos auf Mutterkuhhaltung umstellen, deshalb haben wir bereits beim Bauen darauf geachtet, Spaltenböden zu verbauen, welche kälberkonform sind.»
6 Stunden täglich für 35 Simmentaler
«Ebenfalls sehr wichtig für uns ist, dass wir zu unseren Böden Sorge tragen und ihnen möglichst viel organisches Material zurückgeben. Kompost wird viel schneller abgebaut als Mist, dies ist bei einem Grünlandbetrieb ohne Ackerfläche essenziell. Die Futterverschmutzung kann so reduziert werden», sagen die Betriebsleiter. Deshalb sei auch ein Tiefstreustall keine Option für den Betrieb gewesen, da so alles Stroh zugekauft werden müsste.
Der Kompostierstall wurde im Jahr 2024 erbaut und letzten Herbst nach dem Alpabzug erstmals von den Kühen bezogen.
Tobias Strahm
Aktuell werden für die 35 Simmentaler Kühe plus Jungvieh rund sechs Arbeitsstunden pro Tag von einer Person aufgewendet. Jedoch wird auf dem Betrieb saisonal abgekalbt, was zu arbeitsextensiveren Perioden führt. Die Galtzeit ist vor allem auf der Alp. Dies begünstigt, die eher schlechtere Futterqualität auf der Alp um diese Zeit zu nutzen, somit kann man die Tiere günstig füttern und muss während sechs Wochen keine Kühe melken. Dadurch, dass man länger auf der Alp bleiben kann, gewinne man einen halben Schnitt auf dem Talbetrieb.
Man zahlt Lehrgeld
Das eingestreute Sägemehl stammt zum Teil aus der Sägerei von Martin Aeschlimann, dies reiche jedoch bei weitem nicht, um den Bedarf zu decken. Deshalb wird noch weiteres zugekauft. «Als wir im Herbst begannen, kauften wir zwei Mulden Sägemehl, welches direkt von einem Schwingfest kam und sehr nass war. Der Start wurde damit etwas erschwert. Heute würden wir dieses Sägemehl zuerst mit trockenem Material mischen.»
Die Fläche wird mit einer umfunktionierten Hacke, ergänzt mit Grubberscharen, bearbeitet, sodass man möglichst in die Tiefe kommt und so auch dieses Material bearbeitet wird. Dies wird zweimal am Tag gemacht. Momentan werden alle zwei Tage 4 bis 5 m3 Sägemehl eingestreut. Neben Sägemehl werden auch Dinkelspreu, Strohwürfel (vor allem wenn es zu nass ist) sowie Krippenausräume in die Liegefläche eingestreut.
Die Temperatur des Komposts wird mit einem Messgerät kontrolliert, sie beträgt ungefähr 35 Grad mit steten Schwankungen. «Das Ziel wäre eine Temperatur im Kompost von 45 bis 50 Grad. Ich bin jedoch noch in der Lernphase und probiere verschiedene Dinge aus», so Martin Aeschlimann. Beim Besichtigen der Liegefläche fällt auf, dass kaum Geruch vorhanden ist. Selbst nach einer Geruchsprobe mit den Händen kann man keinen Stallgeruch feststellen. Die Ammoniakemissionen werden massiv reduziert, sind sich die Bewirtschafter einig.
Teurer als andere Systeme
«Wir haben teurer gebaut, als wenn wir uns für einen Boxenlaufstall entschieden hätten», betont Christian Oesch. Er spricht von rund 26’000 Franken pro Kuhplatz. Dies vor allem, da mehr Fläche pro Tier benötigt wird. Zudem bauten wir einen Wassertank, so kann mit Regen- und Quellwasser gewaschen werden.
Dies wurde mit Blick auf die in Zukunft trockenen Sommer aufgrund des Klimawandels gemacht. Ausserdem besteht der der Stall zu 90% aus betriebseigenem Holz, welches durch Martin Aeschlimann selbst gesägt wurde. Gebaut wurde ausschliesslich mit Handwerkern aus der Region.
Kompostierstall Aeschlimann/Oesch
Der Kompostierstall wurde im Jahr 2024 erbaut und letzten Herbst nach dem Alpabzug erstmals von den Kühen bezogen. Die Familien Oesch und Aeschlimann führen ihre Betriebe seit 2010 in einer Bewirtschaftergemeinschaft. Mittlerweile ist Martin mit seiner Frau Marina Aeschlimann eingestiegen, der Seniorchef Bernhard Aeschlimann ist nicht mehr Teilhaber.
Der Betrieb bildet aktuell zwei Lernende (Nachholbildnerinnen) aus. Vor der Gründung der Bewirtschaftergemeinschaft hielten die Familien im Winter an verschiedenen Standorten Milchkühe und zügelten während des Winters. Der Betrieb bewirtschaftet nun 20 Hektaren Grünland, 40 Hektaren Alpweide und 18 Hektaren Wald. Der Alpbetrieb befindet sich im Eriz BE. Der Betrieb produziert mit 27 behornten Simmentaler Kühen plus Nachzucht silofreie Milch, welche als Biomilch an die Käserei Gohl verkauft wird. tst