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Mitarbeitende auf dem Hof: Fluch oder Segen?

Mitarbeitende können wahre Glücksbringer sein – oder zu echten Nervenbelastungen werden. Barbara Eiselen gibt Einblicke in ihre Erfahrungen als Coach in der Landwirtschaft und erklärt, wer auf dem Hof Aufgaben, Verantwortung und Gegenleistung klar regelt, schafft nicht nur Effizienz, sondern auch Harmonie.

Barbara Eiselen |

Mitarbeitende entlasten – manchmal belasten sie aber auch. In jedem Fall kosten sie: Geld, Nerven oder beides. Ganz gleich, ob sie inner- oder ausserfamiliär tätig sind. Ein aussergewöhnlicher Glücksfall ist es, wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter nichts kostet, nur Mehrwert bringt und zudem nicht nervt.

Das passiert eher selten in perfekter Form, ausnahmsweise bei mitarbeitenden Eltern. Die Belastung liegt dann eher darin, dass diese wertvolle Person absehbar altersbedingt ausfällt und dadurch eine kostenintensivere Lösung gefunden werden muss.

Die unvermeidbaren Kosten

Widmen wir uns also den Kosten von Mitarbeitenden – und dem Umgang damit. Egal, ob diese Kosten nun Geld oder Nerven betreffen.

Zunächst muss ich aber eines klarstellen: Alle Arbeiten auf dem Hof ganz allein erledigen zu wollen – auch ohne Aushilfe – ist eine Möglichkeit, zunächst auf Kosten zu verzichten. Ich würde jedoch behaupten, dass diese Lösung insbesondere dann, wenn Vieh im Stall steht, auf Dauer schlicht unmenschlich ist. Ich habe es selbst als Kind miterlebt: Wenn fast 365 Tage im Jahr morgens und abends jemand im Stall stehen muss – egal ob Weihnachten, Ostern, Hochzeitstag oder ein Familienfest ansteht.

Unterstützung ist notwendig

Es braucht also in irgendeiner Form Unterstützung auf einem Hof – ob durch unbezahlte Familienmitglieder, bezahlte Angestellte oder Nachbarn als Aushilfe. Und in jedem Fall geht es um eine Leistung – nämlich die Übernahme von Arbeit und damit eine Zeitersparnis für die Betriebsleitung.

Was Eltern so wertvoll macht, ist in der Regel, dass sie alle Abläufe auf dem Hof bestens kennen und sich häufig von sich aus zur Verfügung stellen, weil sie noch dort wohnen. Ich muss jedoch niemandem erklären, dass genau dies auch sehr anstrengend sein kann – insbesondere, wenn die Eltern überall reinreden und beispielsweise keine Neuerungen zulassen. Das sind dann immense nervliche Kosten ohne oder mit wenig Geldausgaben, die aber trotzdem sehr an die Substanz gehen. Vielleicht sogar mehr, als wenn man einen Lohn bezahlen würde.

Kolumne mit Barbara Eiselen

Barbara Eiselen ist Agronomin und war viele Jahre in der landwirtschaftlichen Lehre und Forschung in den Bereichen Betriebswirtschaft, Agrarpolitik und -märkte tätig. Sie schreibt einmal im Monat für den «Schweizer Bauer» und greift in ihrer Kolumne Themen auf, die unsere Leser beschäftigen.

In ihrer beruflichen Laufbahn erkannte sie, dass es sich bei Hofstrategien und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen meistens um tieferliegende Themen handelt.

Barbara Eiselen bildete sich fort in den Bereichen Coaching, Psychologie und Familiensysteme und ist heute selbstständige Beraterin. Sie hat die Vision, die Hemmschwelle für Tabu-Themen in der Landwirtschaft zu brechen, so dass man sich frühzeitig Hilfe für die wahren Probleme holen darf.

Sie nennt es «den Service für die Seele, die Psyche und die Ehe, genauso wie der Traktor auch seinen jährlichen Service bekommt». Eiselen ist Bauerntochter und Schwiegertochter einer Bauernfamilie.

Unsichtbare Forderungen – emotionale Kosten

Das Problem in solchen Situationen ist, dass die Gegenleistung oft nicht genau oder gar nicht definiert und geregelt ist. Sie wird dann im «unsichtbaren Raum» eingefordert. Was dort passiert, kann man nicht wirklich erfassen – und trotzdem spürt man es.

Was meine ich damit? Es kann sein, dass der Vater oder die Mutter weiterhin Anspruch auf die Führung des Betriebs erhebt, ohne dass dies je ausgesprochen wurde. Das passiert im Übrigen sehr oft.

Die Jüngeren tragen zwar die Verantwortung, den Betrieb zeitgemäss und finanziell gesund zu führen – tatsächlich wird er aber von jemand anderem gesteuert. Meist ist das nicht einmal bewusst – und oft auch recht verstrickt. Solche Situationen bedürfen der Klärung.

Bezahlte Angestellte – Wunsch und Wirklichkeit

Hat man bezahlte Angestellte, so sind diese im Idealfall kompetent, zuverlässig und loyal. Eine andere Schwierigkeit rückt dann jedoch in den Vordergrund: Aufgrund der Anstellungsbedingungen in der Landwirtschaft ist es meist nicht möglich, eine angemessene Entlöhnung zu bieten.

Es ist daher schwierig, wirklich qualifiziertes und langfristiges Personal aufzubauen. Das birgt Frustrationspotenzial – insbesondere, wenn gute Mitarbeitende wieder abspringen, weil die Rahmenbedingungen schlicht zu anspruchsvoll sind. Aber auch hier gilt: Die Leistung muss klar definiert sein – was nicht immer der Fall ist.

Führung will gelernt sein

Bei bezahlten Angestellten zeigt sich ausserdem oft ein Mangel an Führungskompetenz seitens der Betriebsleitenden – nicht, weil sie schlecht wären. Nein! Aber: Wo hätten sie es denn lernen sollen? Während andernorts ganze Personalabteilungen aufgebaut sind, muss der Bauer in der Regel auch das selbst übernehmen. Es ist nicht selten, dass ein Betriebsleiter an seinen Führungsfähigkeiten zweifelt. Dies ist aber ganz klar erlernbar.

In der heutigen Landwirtschaft, in der – anders als vor 100 Jahren – nicht mehr eine ganze Sippe am selben Strang zieht, ist irgendeine Form von Mitarbeit auf jedem Betrieb notwendig. Jedenfalls dann, wenn ein Lebensstil geführt werden soll, der sich zumindest ein wenig an die gesellschaftlichen Normen annähert. Stichwort: ein paar Tage frei.

Klare Verhältnisse schaffen

In jedem Fall lohnt es sich, klare Verhältnisse zu schaffen – Leistung und Gegenleistung eindeutig zu definieren. So werden Mitarbeitende nicht vorrangig als Kostenfaktor wahrgenommen, sondern die Zusammenarbeit ist für alle Beteiligten eine echte Bereicherung. Dazu braucht es ganz klar Kompetenzen im zwischenmenschlichen Bereich – aber auch klare Strukturen.

Ich wiederhole mich, aber ich sage es nochmals: Eine Investition in sogenannte «Soft Skills» lohnt sich – auch wenn deren Erfolg nicht gleich sichtbar ist wie etwa bei einem neuen, automatisierten Milchviehstall. Wobei auch dieser nicht immer erfolgsversprechend ist.

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