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Molkerei in Schwierigkeiten – Bauern warten auf Geld

Die Molkerei Forster kämpft um ihr Überleben. In den nächsten Monaten entscheidet sich, ob das Familienunternehmen eine Chance hat. 60 Milchbauern fehlt das Milchgeld von zwei Monaten.

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Die Geschichte der Molkerei reicht in die frühen 1980er-Jahre zurück. 1981 startete das Unternehmen als «Molkereilädeli im Herisauer Zentrum», wie auf der Website heisst. Im Laufe der Jahre hat sich die Molkerei Forster AG zu einem mittelständischen Milchverarbeitungsbetrieb entwickelt. Der Familienunternehmen von Heidi und Markus Forster verarbeitet nach eigenen Angaben jährlich rund 11 Millionen Kilo Milch unter anderem zu Pastmilch, Jogurt, Quark, Butter und Kaffeerahm. Zum Vergleich: In der Schweiz werden jährlich 3,3 Milliarden Kilo Milch verarbeitet.

Doch über die Molkerei mit Sitz in Herisau AR sind dunkle Wolken aufgezogen, wie das «St.Galler Tagblatt» berichtet. Seit Anfang Dezember befand sich das Familienunternehmen in provisorischer Nachlassstundung. Anfang April wurde vom Gericht das definitive Nachlassverfahren bewilligt, schreibt die Zeitung weiter.

Zeit, um Unternehmen zu sanieren

Bei einer provisorische Nachlassstundung setzt das Gericht einen provisorischen Sachwalter ein, der die Vermögenslage des Schuldners und die Aussichten auf das Zustandekommen eines Nachlassvertrages prüfen soll, schreiben die Rechtsanwälte Rutschmann und Schwaibold auf ihrer Website. Und sämtliche Gläubiger müssen gleich behandelt werden.

Während der definitiven Nachlassstundung können Gläubiger keine Betreibung einleiten oder fortsetzen. Auch Verjährungs- und Verwirkungsfristen sowie der Zinsenlauf stehen still. «Damit erhält das Unternehmen Zeit, um mit den Gläubigern einen Nachlassvertrag auszuhandeln, mit dem das Unternehmen saniert bzw. die wirtschaftliche Existenz einer Gesellschaft gesichert werden kann, heisst es auf der Website der Anwälte weiter.

Wie Sabine Bloch-Forster gegenüber der «St. Galler Tagblatt» sagte, konnten während der Nachlassstundung zwei neue Grosskunden gewonnen werden. «Die Lage hat sich stabilisiert. Wir haben keine Liquiditätsschwierigkeiten», führte sie weiter aus.

Milchgeld kommt seit Dezember von Züger

Doch für die 60 Milchbauern, die die Molkerei beliefern, hatte die Nachlassstundung einen unschönen Effekt. Das Milchgeld für die Monate Oktober und November wurde den Produzenten bis jetzt nicht ausbezahlt. Weil eine aussergerichtliche Sanierung nicht erfolgreich war, beendete die Hausbank die Zusammenarbeit mit der Molkerei. Die Folge: Durch die Kreditkündigung und Sperrung des Kontokorrents verlor die Forster AG den Zugriff auf die flüssigen Mittel.

Die Molkerei suchte aber noch im Dezember eine Lösung mit den Produzenten. Gemäss «St. Galler Tagblatt» übernimmt seit Dezember die Züger Frischkäse AG die Zahlungen an die Milchbauern. Das soll Sicherheit bringen. Gemäss der Zeitung kooperieren Forster und Züger arbeiten seit 2005 mit ihren Milchlieferanten in einer Produzenten-Milchverarbeiter-Organisation (PMO).

«Forster wurde nicht übernommen»

Das habe aber zu Gerüchten geführt, sagte Bloch-Forster. Sie stellte gegenüber dem «St. Galler Tagblatt» klar, dass die Forster AG nicht übernommen worden sei. Und auch der Neubau sei nicht alleine schuld an der schwierigen Situation.

Gemäss Bloch wurden die Kosten von 45 Millionen für den Neubau von Dritten getätigt. Maschinen für die Produktion wurden geleast. Aufgrund höherer Baukosten sei die Miete aber gestiegen. Und die massiv höheren Strompreise aufgrund der geopolitischen Verwerfungen haben der Molkerei zugesetzt. «Die Stromkosten sind um eine Million Franken gestiegen. Das hat unsere langfristigen Pläne in Schieflage gebracht», sagte Bloch-Forster zur Zeitung. Die höheren Preise für Plastik hätten sich ebenfalls negativ ausgewirkt. Mit solchen Einflüssen habe man nicht rechnen können.

Gläubiger müssen zustimmen

Für die Zukunft gibt sich die Molkerei optimistisch. Der Rückhalt der Lieferanten und grossen Kunden sei spürbar. «Der Hauptkunde hat sogar ohne Einhaltung der Zahlungsfrist offene Rechnungen beglichen», sagte Gründer und Firmenchef Markus Forster zum «St. Galler Tagblatt». Zu den grossen Kunden des Milchverarbeiters gehören Discounter Lidl und Spar. «Wir werden nicht schliessen», zeigte sich Sabine Bloch-Forster überzeugt.

Wie es nun weitergeht, wird das Nachlassverfahren zeigen. Ziel ist die Weiterführung des Unternehmens oder allenfalls von Teilen davon. Der Sachwalter unterbreitet den Gläubigern einen Nachlassvertrag. Dies ist möglich, wenn die privilegierten Gläubiger (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Sozialversicherungen) vollständig ausbezahlt werden können. Den übrigen Gläubigern wird ein Teilverzicht auf ihre Forderungen vorgeschlagen. Die Gläubigerversammlung muss den Nachlassvertrag mit einem qualifizierten Mehr annehmen.

Nachlassverfahren

Ein Nachlassverfahren setzt voraus, dass die Forderungen der Gläubiger der ersten und zweiten Klasse vollumfänglich bedient werden können, es sei denn, diese haben explizit auf die Forderung verzichtet. Die Forderungen von Arbeitnehmern inkl. BVG (erste Klasse) und den Sozialwerken (zweite Klasse) müssen also im Rahmen eines Nachlassverfahrens vollumfänglich gesichert werden können.

Die Nachlassstundung soll ihnen Zeit geben, ihren Gläubigern einen Nachlassvertrag vorzuschlagen. Dieser sieht entweder einen teilweisen Forderungsverzicht und eine Zahlung des Restbetrages über eine gewisse Zeit oder die Liquidation des Vermögens zugunsten der Gläubiger vor (Dividendenvergleich oder Liquidationsvergleich). Die definitive Nachlassstundung von sechs Monaten kann auf Antrag des Sachwalters bis maximal 24 Monate erstreckt werden. Während dieses Zeitraums halten die Wirkungen der provisorischen Nachlassstundung an. Gläubiger können keine Betreibung einleiten oder fortsetzen.

Die Veröffentlichung der Anhebung eines Nachlass- oder Konkursverfahrens führt zu einem wirtschaftlichen Schaden, weil Kunden umgehend Aufträge zurückhalten und Lieferanten Vorauszahlung verlangen oder die Lieferung verweigern. In der Regel werden auch Bankkonten teilweise oder vollständig gesperrt, um allfällige Ansprüche der Bank (z.B. Kontokorrent, Kreditkarten usw.) abzusichern. Ein grosser Vorteil des Nachlassverfahrens gegenüber dem Konkursverfahren besteht deshalb darin, dass die Anhebung bzw. Gewährung der provisorischen Nachlassstundung auf Gesuch vorerst (d.h. bis zu dessen Abschluss) nicht veröffentlicht wird.

Quelle:  wirtschaftstraum.bern.ch

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