Lukas Bucheli hängte seinen Job als Marketingdirektor in Shanghai an den Nagel und machte mit 38 eine Lehre als Milchtechnologe. Heute produziert er Mozzarella und Burrata-Spezialitäten aus Freiburger Milch.
Nur am Bürotisch sitzen war für den studierten Betriebswirt, Marketingmanager und -direktor Lukas Bucheli aus dem freiburgischen Wünnewil nicht genug. Seit jeher hatte er eine Vorliebe für Milchprodukte, wollte selbst Hand anlegen, eigene Ideen verfolgen und Neues kreieren. «Durch meine Arbeit beim französischen Käsekonzern Savencia, zu dem Marken wie Caprice de Dieu oder Le Tartare gehören, habe ich die enorme Vielfalt rund um die Milch und die Passion zum Käse gefunden», sagt der innovative Burrata-Produzent. In der Schweiz noch wenig bekannt, ist Burrata eine mit Doppelrahm und feinen Mozzarellafäden gefüllte Mozzarellahülle.
Der ursprüngliche Plan, in Shanghai eine kleine Joghurt- und Frischkäseproduktion aufzuziehen, wurde durch die rigiden Coronarestriktionen in China zunichte gemacht, so kehrten Lukas Bucheli und seine Frau zurück in die Schweiz. «Eine Lehre als Milchtechnologe war dann ein logischer Schritt, obwohl ich in der Berufsschule unter den mehr als 20 Jahre jüngeren Kollegen und Kolleginnen sichtlich hervorstach», schmunzelt der 40-Jährige.
Heikle Produktion
Nach erfolgreichem Abschluss der Lehre in der Käserei der Freiburger Landwirtschaftsschule in Grangeneuve FR gründete Lukas Bucheli das Start-up «Noula – la nouvelle Laiterie» und produziert dort inzwischen jeweils am Mittwoch 400 Kugeln pro Woche. «Ich liebe Mozzarella und Burrata, habe aber nichts gefunden, das mich geschmacklich überzeugt hätte, schon gar nicht handwerklich hergestellten Frischkäse aus der Region. So lag es auf der Hand, das einmal selbst zu probieren.
Nach langem Tüfteln entstand dann die Doppelrahm-Burrata, die Burrata mit Freiburger Safran und mit Trüffel aus Freiburg.» Den Safran liefert der Landwirt Fabien Fragnière aus dem freiburgischen Grolley. An der Rezeptur habe er mit der Unterstützung von zwei seiner Lehrer lange gepröbelt, im ersten Jahr auch viel Lehrgeld bezahlt. «Ich musste zuerst ein Gefühl für die Milch entwickeln, sie ist nicht immer gleich.» So sei halt viel in die Hose gegangen, sagt er. Die silofreie Vollmilch bezieht Bucheli von Bauern aus der Region. Verwendet wird thermisierte, nicht wie üblich pasteurisierte Milch. «Der Geschmack ist einfach besser», findet Bucheli. Um fünf Uhr morgens wird die Milch für die Tagesproduktion angesäuert und zwar nicht mit Zitronensäure, wie dies bei industriellen Produkten der Fall ist, sondern mit einem Mix aus Milchsäurebakterien, deren Kulturen er von der Firma Winkler bezieht.
Susanne Künsch
Der Unterschied: Dauert der Prozess mit Zitronensäure nur 20 Minuten, sind mit Milchsäurebakterien rund vier Stunden einzurechnen. «Ein guter Mozzarella braucht eben seine Zeit», ist der Milchtechnologe überzeugt. Für das Einlaben ist ein pH-Wert von 6.45 zentral, ist er tiefer, zerfällt der Käse. Nach dem Vorkäsen lässt man die «caillebotte» langsam abtropfen, bevor die Masse im Pastafilator rund 20 Minuten geknetet und auf 70 Grad erhitzt wird, bis der Käse die typische elastische Textur erreicht und unten die geformten Mozzarellakugeln erscheinen.
Viel Fingerspitzengefühl
Viel Fingerspitzengefühl braucht das Abfüllen der noch 60 Grad heissen Kugeln. Diese müssen zu einem Säcklein geformt werden, bevor sie gefüllt, kunstvoll verschlossen und zur Abkühlung ins kalte Wasserbad gelegt werden. Unterstützung hat Bucheli bei diesem Prozess, der schnell gehen muss, durch Patrick Schouwey und Romain Martin, zwei Milchtechnologen aus seinem Lehrgang Käser. Die Verpackung von Hand übernimmt Nadja Gerber.
Den Marketinghintergrund von Lukas Bucheli kann man nicht leugnen. Die ästhetisch ansprechende Verpackung der Mozzarella- und Burratakugeln hebt sich deutlich von den üblichen Schlauchbeuteln ab und stammt von der Agentur «Echt» aus St. Gallen. Die 150-Gramm-Packung Mozzarella kostet mit 4.30 Franken mehr als im üblichen Handel, ist aber eine logische Konsequenz der Positionierung im Premium-Segment mit viel Handarbeit und kleiner Herstellmenge. Der 125-Gramm-Becher Burrata mit Freiburger Doppelrahm kostet 6.90 Franken.
Susanne Künsch
Abenteuer Start-up
Nicht nur die Rezeptur war für das Start-up eine Herausforderung. «Die Absatzplanung, die Logistik – wenn man bei null anfängt, macht man einfach alles selbst. Da braucht es viel Verständnis aus dem Umfeld, das ich glücklicherweise habe», sagt der Vater von zwei kleinen Kindern, dem die ganze Familie nach Kräften unter die Arme greift. Im Moment könne noch nicht kostendeckend produziert werden. Dank viel Mund-zu-Mund-Werbung könne er inzwischen mehr verkaufen, als an der jetzigen Lokalität produziert werden könne. Abnehmer sind sowohl gehobene Restaurants als auch Käsereien in der ganzen Schweiz. Zudem erfolgt der Vertrieb übers Internet.
Ein grösseres Produktionsvolumen plant Lukas Bucheli ab März 2023. Dann wird in der Käserei in Mézière FR produziert und herumgetüftelt, etwa beim Ricotta für eine bessere Verwertung der Molke. Man darf gespannt sein auf künftige Überraschungsspezialitäten aus dem Hause «Noula – la nouvelle Laiterie».
sku