Nach dem grossen Waldbrand im Februar leidet der Wald auf dem Monte Gambarogno TI nicht nur an den Folgen des Feuers, sondern auch unter dem Borkenkäfer. Dieser befalle geschwächte Bäume besonders stark, erklärt Kreisförster Nicola Bomio-Pacciorini auf einem Rundgang.
«Es ist wie beim Menschen: Wenn wir gestresst sind, sind wir anfälliger für Krankheiten», sagt Nicola Bomio-Pacciorini und streicht über die Rinde einer Fichte, die vom Borkenkäfer befallen ist. Jene Bäume, die nicht an den Flammen und der grossen Hitze gestorben seien, würden jetzt vom Borkenkäfer angegriffen, erklärt der Förster.
196 Hektaren
Der Wald auf dem Monte Gambarogno ist ein typischer Schutzwald, angepflanzt vor fast hundert Jahren. Der überwiegend aus Nadelhölzern bestehende Wald am steilen Hang unterhalb des Gipfels schütze Häuser und Strasse vor Wassermassen, Felsstürzen und Schneelawinen, erklärt Bomio-Pacciorini. Hier oben auf gut 1700 Metern über Meer gebe es im Winter auch immer mal wieder Schnee.
Im Februar war hier an diesem steilen Hang ein Feuer ausgebrochen, das während rund zwei Wochen auf 196 Hektaren Fläche wütete. 32 Personen im Dörfchen Indemini mussten vorübergehend in Sicherheit gebracht werden. 50 Feuerwehrleute und sechs Helikopter standen im Einsatz. Umgerechnet entspricht die Brandfläche knapp 400 Fussballfeldern.
Zwei junge Männer, die auf der Bergkante biwakierten,mache ich hatten trotz Feuerverbot ein Feuer gemacht. Der Brand auf dem Monte Gambarogno gilt als einer der schlimmsten der letzten 30 Jahre im Tessin.
Trockenheit und Nordföhn
Weil es im Südkanton seit November 2021 nicht mehr richtig geregnet hatte und ein starker Nordföhn herrschte, breitete sich das Feuer rasend schnell aus. «Hier hat es immer Wind», sagt Kreisförster Nicola Bomio-Pacciorini und zieht den Reisverschluss seiner Jacke fester zu. In den Februartagen, als es hier brannte, seien zum Teil Föhnböen mit über 100 Kilometern pro Stunde über den Berg gefegt.
Der Wind sei vom Gipfel her gekommen und habe so die Feuerbrunst in Richtung Strasse und Häuser getrieben. Das sei aussergewöhnlich, denn normalerweise bewege sich ein Brand von unten nach oben, erklärt der Förster. «Dieser Waldbrand kam vom Berggipfel her.» Die Feuerwehrleute hätten es in ihrem zweiwöchigen Kampf gegen die Flammen zum Glück geschafft, dass der Brand nicht auf die Häuser und Kastanienbäume unterhalb der Strasse übergriff.
Schweizer Armee
Feuer drang bis zu den Wurzeln vor
Die grosse Trockenheit des Winters hatte jedoch auch zur Folge, dass die Flammen am Monte Gambarogno bis unter die Erde vordrangen: «Wenn das Feuer auf trockenen Humus im Oberboden stösst, frisst es sich bis zu den Wurzeln in der Erde», erklärt der Förster und zeigt auf einen Baum mit verkohlter Rinde. Weiter drüben stehen Bäume, die eigentlich einen recht gesunden Eindruck machen. Sind sie das auch? Das täusche, sagt Bomio-Bacciorini und zeigt auf einen der Bäume. «Der hier ist bereits tot.»
Noch werde der Wald jedoch nicht aufgeforstet oder verjüngt, wie man heute sagt. «Zuerst fällen wir die von Feuer und Borkenkäfern geschädigten Fichten, also all jene Bäume, die nicht mehr zu retten sind», sagt Bomio-Pacciorini. Die vom Schädling befallenen Bäume müssten ausserdem möglichst rasch abtransportiert werden, da sie sonst die Vermehrung des Borkenkäfers förderten. Parallel dazu erfolge eine intensive Überwachung des ganzen Gebiets.
WSL
Teure Arbeiten
Die durch den Brand entstandenen Schäden nähmen mit der Zeit zu, erklärt der Förster. Deshalb sei es nicht sinnvoll, bereits jetzt mit Aufforsten zu beginnen, sondern erst in ein bis zwei Jahren, wenn die ganzen Auswirkungen des Brandes sichtbar würden. So oder so werde man künftig die Nadelhölzer am Monte Gambarogno durch Laubbaumarten ersetzen, da die Fichten stark unter der zunehmenden Hitze und Trockenheit litten.
Trotz des grossflächigen Brandes sei die Schutzfunktion des Waldes grösstenteils intakt geblieben, erklärt der Förster. Erst mit der Zeit werde man sehen, an welchen Stellen dieser Schutz nicht mehr gewährleistet sei.
Die Kosten für das langjährige Monitoring und die sukzessive Verjüngung und Wiederherstellung des Waldes seien trotzdem enorm, sagt Bomio-Pacciorini. Er geht von mindestens 20’000 Franken pro Hektar aus, um den vom Feuer geschädigten Wald zu erhalten. Wie lange das dauert, kann er nicht genau sagen. «Der Gärtner denkt in Wochen, wir Förster in Jahren oder Jahrzehnten.» Bomio-Pacciorini geht davon aus, dass es mindestens ein Jahrzehnt braucht, um den Wald von den Brandschäden zu «heilen».