Die Corona-Krise hat die Schweizer Fleischbranche stark gefordert. Gemäss Proviande blieben die ganz grossen Preiseinbrüche dank mehreren Massnahmen aus. Beim Bankvieh und bei den Kühen haben die Preise dank gestiegener Nachfrage wieder angezogen.
Die Schliessung der Gastronomie habe insbesondere beim Kalb- und Rindfleisch zu einem starken Rückgang der Nachfrage geführt. Mit dem Verbot öffentlicher Schlachtviehmärkte sei für die Landwirte ein weiterer Absatzkanal für ihre Schlachttiere verlorengegangen, schreibt die Branchenorganisation der Schweizer Fleischwirtschaft, Proviande, in einer Mitteilung.
Kuhschlachtungen um 48% gesunken
Um den negativen Entwicklungen entgegen zu wirken, habe die Branche eine Reihe von Massnahmen ergriffen. Die Landwirte folgten dem Aufruf, ihre Tiere zurückzuhalten, weshalb die Kuhschlachtungen im April um 48% tiefer waren als im Vorjahr. Durch die zweimalige Verlängerung der Importperiode für Rindfleisch habe zudem die Einfuhr der Anfang März noch freigegebenen Importmengen vorübergehend ausgesetzt und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden können. 
Für insgesamt 6,1 Millionen Franken wurden Kalb (3,75 Mio. Fr.) -, Rind (2,2 Mio. Fr.) - und Gitzifleisch (0,15 Mio. Fr.) einlagert werden. Dank diesen Massnahmen sei es gelungen, bei den Kühen und beim Bankvieh einen starken Preiseinbruch zu verhindern und den Markt rasch wieder ins Gleichgewicht zu bringen, hält die Proviande fest. Die Produzentenpreise sanken nach Beginn der Coronakrise innerhalb weniger Wochen um 70 Rappen je Kilo Schlachtgewicht (SG). Beim Kalbfleisch gab es einen noch deutlicheren Einbruch. Der Preise lagen während einiger Wochen rund 1.50 Franken unter dem Wert des Vorjahres.
Kein Importstopp
Ende März wollte die Branchenorganisation beim Bundesamt für Landwirtschaft prüfen lassen, ob per Notrecht ein Importstopp verfügt werden kann und wenn ja unter welchen Bedingungen.
Doch dieses Mittel zur Entlastung des einheimischen Fleischmarktes wurde dann nicht eingesetzt. In der Mitteilung von Proviande von Anfang April hiess es unmissverständlich: «Ein über Notrecht verfügter Importstopp ist weder möglich noch sinnvoll. Die Importmöglichkeiten zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung müssen gewährleistet bleiben.» Die Branche wollte sich so auf einem Personalmangel in Schlachthöfen infolge einer Erkrankung durch das Coronavirus absichern.
Im Mai wieder Importe beantragt
Der Konsum von Fleisch entwickelte sich trotz dem Wegfall der Gastronomie und der Hotellerie in einigen Bereichen positiv. Im Monat April wurde im Detailhandel 40% mehr Rindfleisch verbraucht als vor einem Jahr. Auch die Menge der Wurstwaren, die über den Detailhandel abgesetzt wurden, waren um ein Drittel höher. Hackfleisch, Bratwurst und Cervelat waren die Gewinner, hält die Proviande fest. 
Ende April begannen die Schlachtviehpreise dank guter Nachfrage wieder merklich anzuziehen. Die Marktentlastungsmassnahmen beim Rindfleisch konnten eingestellt werden, schreibt Proviande. Anfang Mai wurde alles eingefrorene Rindfleisch wieder zur Auslagerung freigegeben. Bereits eine Woche später beantragte Proviande Rindfleischimporte, welche vom BLW freigegeben wurden. Es handelte sich um 500 t Verarbeitungsfleisch und 75 t Nierstück.
Proviande begründet die Importe von Nierstücken damit, dass durch die Öffnung der Gastronomie wieder eine Nachfrage vorhanden sei, die es zu versorgen gelte. Beim Verarbeitungsfleisch sei «das Angebot an Kühen knapp und die Nachfrage gross».
Tiere auf den Markt bringen
Seit dem 11. Mai sind auch Schlachtviehmärkte, unter strengen Auflagen, erlaubt. «Das erwartete grosse Angebot ist bisher allerdings ausgeblieben und um die aufgeführten Tiere wurde regelrecht gekämpft. Seit Mitte Mai liegen die Kuh- und Bankviehpreise wieder über dem Niveau von vor der Corona-Krise», hält Proviande fest.
Eine so hohe Nachfrage hat die Branche überrascht. «Die sehr hohen Steigerungspreise für die bewilligten Rindfleischimporte sowie die enorme Preisentwicklung bei den Kühen zeigen, wie gefragt das Rindfleisch im Moment ist», heisst in der Mitteilung. Derzeit ist grosser Nachfrageüberhang zu beobachten. Deshalb rufen die Verarbeiter die Bauern auf, Tiere auf den Markt zu bringen, um eine Überhitzung insbesondere des Kuhmarktes möglichst zu verhindern.  
Weitere Importe
Die Kuh- und Bankviehpreise liegen nun sogar über dem Niveau von vor der Corona-Krise. Deshalb kommt die Ankündigung der Proviande nicht überraschend. «Für die nächste Verwaltungsratssitzung zeichnen sich weitere Importanträge ab, um den Markt ausreichend versorgen zu können», schreibt die Proviande in der Mitteilung.



