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Nationalrat: Bauern sollen «Gegenmacht» aufbauen

Eine Motion von Nationalrat Hans Jörg Rüegsegger (SVP/BE) will erreichen, dass die Landwirte die Möglichkeit erhalten, zu kooperieren, um ihre Position gegenüber den Abnehmern zu stärken. Bisher ist dies nicht möglich. Der Nationalrat hat den Vorstoss klar unterstützt.

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Die meisten Landwirtinnen und Landwirte haben vor allem einen grossen Wunsch: Sie wollen vor allem von den Produzentenpreisen leben können. Im vergangenen Februar und März haben sie mit zahlreichen Kundgebungen auf die oft nicht kostendeckenden Preise aufmerksam gemacht.

«Echte Chance für faire Preise»

Nun soll die Politik die Position der Landwirtinnen und Landwirte stärken. Dies fordert die Motion von Hans Jörg Rüegsegger (SVP/BE). In seinem Vorstoss «Kooperationsmöglichkeiten für Produzentinnen und Produzenten – schaffen mehr Transparenz und faire Preise» will er den Bauern ermöglichen, eine «Gegenmacht» zur hochkonzentrierten Abnehmerseite aufzubauen. So würden die Produzenten eine echte Chance für die Erzielung fairer Preise erhalten, schreibt der Meisterlandwirt in seiner Motion.

Gemäss Rüegsegger erachten 70% der Bäuerinnen und Bauern die Agrarmärkte als zu wenig nachhaltig. Sie seien nicht mehr bereit, die aktuelle Situation hinzunehmen. Der Berner Nationalrat bezieht sich dabei auf eine Umfrage.

Zwei grosse Abnehmer

Rüegsegger hat vor allem die Marktstruktur im Visier. Das Ungleichgewicht zwischen Abnehmern und Bauern führe zu Preisdruck. Beim Brot liege der Anteil des Produzenten bei nur noch bei 7 Prozent. «Vielen Anbietern stehen heute im Wesentlichen Migros und Coop gegenüber, die über einen Marktanteil von rund 80 Prozent verfügen», schreibt Rüegsegger. Deren Verhandlungsmacht und Wertschöpfungsanteile nähmen stetig zu.

Rüegsegger will nun mit seiner Motion den Bundesrat beauftragen, im Landwirtschaftsgesetz eine Regelung für Kooperationsmöglichkeiten von Produzentinnen und Produzenten zu schaffen. Wegen dem Kartellgesetz sei dies heute nicht möglich.

«Richtpreise geben keine Macht»

Rüegsegger sieht das Problem im heutigen System der Richtpreise. Diese sind in Artikel 8a des Landwirtschaftsgesetzes geregelt. «Richtpreise ermöglichen grundsätzlich keinen Aufbau von Verhandlungsmacht, keine Angebotsmacht zu, weil die Abnehmer wissen, dass die Anbieter - die Lieferanten - sich nicht daran halten müssen», sagte Rüegsegger am Donnerstag im Nationalrat.

Die Abnehmer könnten den Produzentenpreis unter den Richtpreis drücken. «Der machtlose Lieferant kann entweder den verlangten Preis gewähren oder auf eine Lieferung verzichten», so Rüegsegger weiter. Ein Verzicht sei aber nur möglich, wenn es andere Abnehmer gebe.

Casalp als Beispiel

Rüegsegger nannte ein Beispiel. Casalp ist eine Vereinigung von Produzenten von Berner Alp- und Hobelkäse AOP. Rund 470 Betriebe gehören ihr an. Abnehmer hätten die Produzenten unter Druck gesetzt und versucht, Käse unter dem Richtpreis zu kaufen. «Als sich die Produzenten zusammenschliessen wollten, kam die Wettbewerbskommission und sagte, dass dies nicht dem Kartellgesetz entspreche», hielt Rüegsegger fest.

Das Problem sieht der Berner Landwirt im Artikel 8a. Der Satzteil «Richtpreise, auf die sich die Lieferanten und die Abnehmer geeinigt haben» verhindere, dass sich Bauern sich zusammenschliesse könnten.

Landwirtschaftsgesetz

Artikel 8a Richtpreise

1 Die Organisationen der Produzenten und Produzentinnen einzelner Produkte oder Produktegruppen oder der entsprechenden Branchen können auf nationaler oder regionaler Ebene Richtpreise herausgeben, auf die sich die Lieferanten und die Abnehmer geeinigt haben.

2 Die Richtpreise sind nach Qualitätsabstufungen differenziert festzulegen.

3 Das einzelne Unternehmen kann nicht zur Einhaltung der Richtpreise gezwungen werden.

4 Für Konsumentenpreise dürfen keine Richtpreise festgelegt werden.

Bundesrat gegen Motion

Der Bundesrat lehnt die Motion ab. «Der Bundesrat unterstützt die Bemühungen der Landwirtschaft, sich in den Preisverhandlungen mit den Abnehmern gut zu organisieren. Er ist aber der Ansicht, dass die im Landwirtschaftsgesetz bestehenden Möglichkeiten ausreichen», sagte Guy Parmelin.

Produzenten und Abnehmer könnten Richtpreise vereinbaren. Hier sei der Landwirtschaft eine Ausnahme gewährt worden. «Richtpreise, die von Branchen- und Produzentenorganisationen festgelegt werden, unterliegen nicht den Bestimmungen des Kartellgesetzes», sagte Parmelin. Dies unter der Bedingung, dass die Unternehmen nicht zur Einhaltung der Richtpreise gezwungen werden könnten. «Das wird manchmal vergessen», führte Parmelin aus.

Zudem könnten bundesrechtskonforme Standardverträge durch Branchenorganisationen ausgearbeitet werden. Im Milchsektor gebe es eine Spezialbestimmung. «Ein Standardvertrag für den Kauf und den Verkauf von Rohmilch muss eine minimale Vertrags- und Vertragsverlängerungsdauer von einem Jahr sowie mindestens Regelungen über die Mengen, die Preise und die Zahlungsmodalitäten enthalten», so der Bundesrat.

«Gegenmacht unausweichlich»

Und die Wettbewerbsintensität im Detailhandel habe sich mit der Präsenz neuer Mitbewerber in den letzten Jahren belebt, so der Bundesrat weiter.

Rüegsegger stuft aber Migros und Coop als relativ marktmächtig im Sinne des Kartellgesetzes an. Damit Landwirtinnen und Landwirte eine echte Chance hätten, seien Massnahmen zum Aufbau einer «Gegenmacht» unausweichlich. Mit seiner Motion verspricht er sich bessere Preise in den Hauptmärkten Milch und Fleisch, aber auch beim Getreide.

Dies sah auch der Nationalrat so. Er stimmte der Motion mit 161 Ja zu 22 Nein bei 5 Enthaltungen deutlich zu.

Kommentare (3)

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  • Victor Brunner | 04.10.2024
    Und wieder soll der Staat eingreifen, peinlicher geht es nicht mehr!
  • Schilterueli | 28.09.2024

    Das gab es bereits vor gut 100 Jahren. Damals taten sich Landwirte zusammen um ihre Produkte gemeinsam zu einem höhere Preis zu vermarkten, und Hilfsstoffe gemeinsam durch die größere Menge tieferen Preis einzukaufen. Das nannte sich Landwirtschaftliche Genossenschaft. Leider wurde dieses Mitteinander durch die Fenaco und ihre habgierigen Bosse kaputtmachen. Heute ist die Fenaco nur noch eine gewinnoptimierte pseudo Genossenschaft unter dem Deckmantel der Landwirtschaft. Es ist tragisch, dass nun die Bauern sich wieder neu zusammen tun sollen um bessere Preise zu erzielen, wenn doch genau das vor langer Zeit der Grundgedanke der Landi war.

  • Gisler Walter | 28.09.2024
    Rügsegger weiss con was er spricht, daher sollen sog. Gegenmächte aufgebaut werden, da die Grossabnehmer weiterhin die Märkte dominieren werden!
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