Wenn Land einer Bauzone zugewiesen wird, sollen die Kantone nicht zwingend eine Abgabe auf dem Wertzuwachs des Grundstückes einführen müssen. Der Nationalrat strich am Mittwoch dieses «Herzstück» aus dem Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative.
Der Entscheid gegen eine sogenannte Mehrwertabgabe, welche die Kantone im Gegensatz zu heute verbindlich einführen müssten, fiel am Mittwoch mit 89 zu 72 Stimmen bei 11 Enthaltungen. Vorgeschlagen hatte den Zwang zur Abgabe der Ständerat, der damit die Initianten der Landschaftsinitative zum Rückzug ihres Begehrens bewegen wollte.
Das bürgerliche Lager lehnte es aber ab, die Zwangsbestimmung ins Raumplanungsgesetz aufzunehmen. Besonders die FDP erklärte die Abgabe zur Schicksalsfrage. Die Partei werde das Gesetz ablehnen, wenn es die Abgabe enthalte, sagte Werner Messmer (FDP/TG).
Er halte die Abgabe nicht nur für «Unsinn», er lehne sie auch ab, weil sie nicht in ein Bundesgesetz gehöre. «Jeder Kanton soll für sich entscheiden, ob er eine Mehrwertabgabe braucht oder nicht», sagte Messmer.
Die SVP hielt als einzige Partei einen indirekten Gegenvorschlag für überflüssig. Bauzonen für 20 Jahren einzufrieren, wie es die Initiative fordere, sei angesichts des Bevölkerungswachstums der Schweiz so unrealistisch, dass die Initiative vor dem Volk keine Chance habe, sagte Hans Rutschmann (SVP/ZH).
Da aber alle anderen Parteien bei der Raumplanung die Zügel anziehen wollen, fiel die Partei mit ihren Anträgen durch, das heutige Raumplanungsgesetz abzuschwächen. Die SVP hätte etwa erreichen wollen, dass die drei Kantone (BS, BL, NE), die bereits heute eine Abgabe kennen, diese streichen müssten.
CVP entscheidet
Die entscheidende Rolle bei der Mehrwertabgabe spielte indes die CVP: Zahlreiche CVP-Vertreter stimmten dagegen, obwohl Fraktionssprecher Sep Cathomas (GR) zuvor die Unterstützung der Fraktion verkündet hatte.
Für den Gegenvorschlag stand im Nationalrat auch ein Wahlmodell zur Diskussion, das vor allem die SP und Grüne unterstützten. Das Modell wollte es den Kantonen offen lassen, ob sie eine Abgabe erheben oder einen Flächenausgleich einführen.
Die nationalrätliche Umweltkommission entwickelte den Vorschlag in rund zehnmonatiger Arbeit, wie Kommissionssprecher Martin Bäumle (glp/ZH) ausführte. Vergebens. Mit 70 zu 93 Stimmen bei 7 Enthaltungen lehnte ihn der Rat ab. Das Zünglein an der Waage spielten wiederum jene CVP-Vertreter, die nicht nach dem Beschluss der Fraktion stimmten.
Der Flächenausgleich auf unbestimmte Zeit gehe sogar über die Forderungen der Initiative hinaus, kritisierten FDP und SVP. Selbst Bundesrätin Doris Leuthard (CVP) räumte ein, dass es bei der Umsetzung Schwierigkeiten geben würde. Gemeinden und Kantone müssten dabei unrealistisch intensiv zusammenarbeiten.
Striktere Vorgaben
In grossen Teilen kehrt der Nationalrat damit zurück zur Version des Bundesrates. Dieser Entwurf konzentriert sich auf die Bekämpfung der Zersiedelung und den Schutz des Kulturlandes. Beides sind Kernanliegen der Landschaftsinitiative.
Um das Ziel zu erreichen, stärke der Entwurf die Bundeskompetenzen, sagte Bundesrätin Doris Leuthard (CVP). Heute habe der Bundesrat fast keine Möglichkeit, einen kantonalen Richtplan abzuweisen. Das soll sich ändern, indem die Vorgaben strikter werden.
Der Nationalrat unterstützte diese Linie grösstenteils. So sollen die Pläne festlegen, wie Siedlung und Verkehr aufeinander abgestimmt und eine rationelle und flächensparende Erschliessung sichergestellt werden kann. Sie sollen zudem die Siedlungserneuerung stärken, eine hochwertige Verdichtung bewirken und sicherstellen, dass die Bauzonen so festgelegt werden, dass sie dem voraussichtlichen Bedarf für 15 Jahre entsprechen.
Grundlage im Richtplan
Aus der Vorlage streichen möchte der Nationalrat aber, dass Bauvorhaben «mit gewichtigen Auswirkungen auf Raum und Umwelt» einer Grundlage im Richtplan bedürfen. Vergeblich argumentierte hier VCS- Präsidentin Franziska Teuscher (Grüne/BE), dass die Grossverteiler diesen Vorschlag des Bundesrats unterstützten.
Hingegen lehnte der Rat die Versuche der Grünen und der SP ab, die Vorgaben zu den Richtplänen über die Anträge des Bundesrats hinaus zu verschärfen.
Am Mittwochabend musste der Nationalrat die Detailberatung mangels Zeit unterbrechen. Die Debatte soll am 29. September beendet werden.


