Der Nationalrat will kein Nachtverkaufsverbot für alkoholische Getränke im Detailhandel und auch kein Verbot für Happy Hours für Spirituosen. Er hat diese Präventionsmassnahmen bei der Beratung des Alkoholgesetzes am Donnerstag abgelehnt.
Lediglich eine rot-grüne Minderheit hätte die Vorschläge des Bundesrates befolgen wollen. Die Landesregierung hatte ein Verbot für Detailhandelsgeschäfte vorgeschlagen, von 22 bis 6 Uhr alkoholische Getränke zu verkaufen. Der Ständerat hatte zugestimmt.
Das Verbot von Happy Hours für Spirituosen hatte dagegen bereits der Ständerat gestrichen. Der Nationalrat tat es ihm am Donnerstag gleich. Eine rot-grüne Minderheit der grossen Kammer hätte beide Massnahmen gerne im Gesetz gehabt.
Louis Schelbert (Grüne/LU) verwies auf Erfahrungen aus Genf, wo die Läden bereits heute nachts keinen Alkohol verkaufen dürfen. Das Rauschtrinken unter Jugendlichen habe seither deutlich abgenommen, und es würden weniger Menschen mit Alkoholvergiftung in Spitäler eingewiesen. Und: «Trotz dem generellem Rückgang des Alkoholkonsums hat der exzessive Alkoholkonsum von Jugendlichen zugenommen.»
Jugendliche organisieren sich
Jacques-André Maire (SP/NE) verwies auf Studien, die zeigten, dass das Suchtverhalten von der Verfügbarkeit alkoholischer Getränke abhänge. Städte und Gemeinden hätten das Parlament ersucht, etwas gegen das Problem des übermässigen Trinkens zu unternehmen. Doch: «Wir sind gerade daran, das Gesetz seines Sinnes zu berauben.»
Die Mehrheit sah es aber anders: «Es ist nicht einzusehen, weshalb die Wirtschaftsfreiheit und die persönliche Freiheit von Erwachsenen eingeschränkt werden sollten», sagte Sylvia Flückiger (SVP/AG). Jugendliche könnten sich organisieren und ein Lager anlegen.
Markus Ritter (CVP/SG) verwies auf die im Gesetz verankerte Möglichkeit für die Kantone, bei Bedarf strengere Regeln zu erlassen. Thomas Maier (GLP/ZH) gab zu bedenken, dass das Nachtverkaufsverbot gewissen Clubs gefallen würde, weil diese unliebsame Konkurrenz verlieren würden.
Kommissionssprecher Hansjörg Walter (SVP/TG) erinnerte an die ausgiebigen Diskussionen in der Wirtschaftskommission. «Die Frage ist, ob sich das Problem mit einem summarischen Artikel für die ganze Schweiz lösen lässt.»
Von Kantonen gewünschte Regelung
Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf plädierte vergeblich für die bundesrätlichen Vorschläge. Jugendliche reagierten sensibler auf Preise als ältere, und sie hätten weniger Alkohol auf Vorrat zu Hause als Erwachsene, hielt sie fest. Die Kantone setzten sich für das Nachtregime ein, betonte sie. Es handele sich um eine minimale Regelung, die landesweit gelten solle. Ärzte aus allen Kantonen setzten sich ebenfalls dafür ein, und auch der Polizeibeamtenverband sehe die Regelung als einzigen Weg, um etwas für den Jugendschutz zu tun.
Der Nationalrat strich das Verbot von Happy Hours für Spirituosen mit 105 zu 74 Stimmen aus der Vorlage. Das Verbot für Detailhändler, zwischen 22 und 6 Uhr alkoholische Getränke zu verkaufen, lehnte er mit 114 zu 59 Stimmen ab. Diese kamen vor allem von SP, Grünen, aber auch von Mitgliedern der CVP/EVP-, der FDP- und der SVP-Fraktion.