Gespannt und etwas aufgeregt warte ich darauf, dass ich in Port Hedland abgeholt werde, um auf die Farm zu fahren. Mit zwei Stunden Verspätung treffen Mandy und Danny endlich ein. Sie wurden unterwegs von mehreren Roadtrains (lange Lastwagen-Kombination) aufgehalten. Ich merke bereits, dass hier die Zeitrechnung fürs Autofahren deutlich anders ist als zu Hause.
Zwei Farmen
Nachdem in der Stadt diverse Bestellungen abgeholt, die nötigsten Lebensmittel eingekauft und alles sicher auf den zwei Autos verstaut ist, fahren wir los Richtung Warrawagine Station, mein Zuhause für die nächsten Monate. Viereinhalb Stunden sind wir durch wunderschöne, sich immer verändernde Landschaften gefahren, bevor wir beim Homestead, dem Haupthaus der Station, angekommen sind.
Der Betrieb Warrawagine Cattle Co. umfasst die zwei Stations (Farmen), Warrawagine und Wallal Downs. Beide Stations liegen in der Region Pilbara in Westaustralien. Wallal Downs befindet sich zwischen Port Hedland und Broome am Great Northern Highway am bekannten 80 Mile Beach und umfasst eine Grösse von 500‘000 Acres (200‘000 ha). Die Lage direkt am Highway ermöglicht es, Rinder kurzfristig und flexibel für den Verkauf bereit zu stellen. Deshalb werden die abgesetzten Jungtiere zur Ausmast nach Wallal Downs gebracht.
Mit dem vorhandenen Grundwasser können 12 Bewässerungsflächen betrieben werden. Das ermöglicht die ganzjährige Produktion von Heu und Silage für beide Stationen sowie das Grasen der Ausmast.
Gesamtfläche der Kantone Freiburg und Waadt
Die Warrawagine Station hingegen liegt mehr im Inland. Der nächstgelegene Ort ist Marble Bar, einer der heissesten Orte der Welt. Warrawagine Station umfasst eine Fläche von 1.2 Millionen Acres, was 485‘000 ha entspricht oder der Gesamtfläche der Kantone Freiburg und Waadt zusammen. Warrawagine ist die Zuchtstation für die Droughtmaster Rinder, einer australischen Kreuzung, welche für die klimatischen Bedingungen im Outback gemacht sind.
Eingebettet zwischen zwei Bergketten und den Flüssen Nullagine und Oakover bildet der Homestead eine grüne Oase Mitten in der kargen Wüstenlandschaft. Die Station umfasst einen Teil der Great Sandy Desert und beherbergt die Mangan-Mine Woodie Woodie.
Regen bringt Leben
Der australische Sommer bedeutet hier gleichzeitig Regenzeit. Durch den Regen wird die ausgetrocknete Region wieder grün, alles blüht und wächst und die Flüsse werden wieder zum Leben erweckt. Die Felder werden geflutet und die Temperaturen steigen in unmenschliche Sphären auf. Um die Weihnachtszeit wurden hier über 50°C gemessen. Nun wird darauf gewartet, dass die Temperaturen sinken und die Felder so weit abtrocknen, dass sie mit Autos und Motorräder befahrbar sind.
Sobald dies der Fall ist, beginnt die Saison. Zäune werden instandgesetzt und die Tiere zusammengetrieben (Mustering). Die Jungtiere werden von den Müttern getrennt und je nach geschätztem Alter und Geschlecht in Gruppen eingeteilt und kastriert. Die männlichen Jungtiere werden für die Ausmast nach Wallal Downs gebracht, die weiblichen Tiere auf Trächtigkeit untersucht und wieder auf die Felder zurückgebracht.
Grüne Oase mitten in der Wüste
Bis es soweit ist, werden noch einige Wochen vergehen und die Station Hands werden mit Unterhaltsarbeiten beschäftigt. Die Station wurde im letzten Jahr von einem Zyklon verwüstet. Häuser wurden zerstört, Bäume ausgerissen und Infrastruktur beschädigt. So wird momentan an einem neuen Unterstand für die Lastwagen gebaut. Ein Unterstand für das Heu wird folgen. Und auch die Cattle Yards müssen repariert werden.
Ich habe diese Woche den Gärtner bei seiner Arbeit unterstützt. Wir haben den Gemüsegarten vorbereitet, Tröpfchenbewässerung verlegt und Gemüse angepflanzt. Weiter haben wir etliche Bäume und Sträucher gepflanzt sowie Wasserleitungen kontrolliert und repariert. So können die Pflanzen um den Homestead herum mit minimalem Aufwand bewässert werden und bilden das ganze Jahr eine grüne Oase mitten in der Wüste.
Pia Lehmann muss sich noch an die Temperaturen von 38 Grad gewöhnen.
zvg
Die Hitze im Moment ist mit Temperaturen um die 38 Grad für mich noch eine Herausforderung, für alle anderen bereits angenehm. Gearbeitet wird in langen Jeans, langärmligen Baumwollhemden und natürlich Cowboyhut, um sich vor der Sonne zu schützen. Und alle Angestellten sind in ständiger Begleitung ihrer 4 Liter isolierten Wasserflasche. Diese wird pro Tag gerne zwei Mal leer getrunken. Zu den Mahlzeiten werden Elektrolyte angeboten, welche helfen, den Wasserhaushalt des Körpers stabilisieren.
Ich bin sehr gespannt, was hier im australischen Outback noch alles auf mich zukommen wird und freue mich auf die Herausforderung.
Zur Person
Pia Lehmann aus Walkringen BE ist nach dem Abschluss ihres Agronomie Studiums an der Berner Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) nach Australien gereist. Dort sammelt sie eine Saison lange Arbeitserfahrung in der Rindviehmast auf der Warrawagine Station im westaustralischen Outback. Die Leidenschaft für die Landwirtschaft hat sie bereits seit dem Kindesalter. Ihr besonderes Interesse gilt dabei der Tiergesundheit und dem Tierwohl. Pia reist sehr gerne und ist im Winter oft auf dem Snowboard anzutreffen.
Ulm welchem alter und wie werden denn die (armen) bullen kastriert.
Bin gespannt weiter von dir zu lesen.
Grüße Anke