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Neue Serie «Flurnamen»: Wir beginnen mit «Holzschuepisse»

In der neuen Rubrik "Flurnamen" beantwortet Sprachwissenschaftlerin Beatrice Hofmann-Wiggenhauser Ihre Fragen zu interessanten Namen von Fluren, Äckern und Weilern. Mit dem Flurnamen "Holzschuepisse" beginnen wir unsere neue Serie. Das Grundstück befindet sich in der Gemeinde Seedorf im Kanton Bern. Ihr könnt uns laufend Eure Flurnamen einschicken.

Beatrice Hofmann-Wiggenhauser |

 

In der neuen Rubrik "Flurnamen" beantwortet Sprachwissenschaftlerin Beatrice Hofmann-Wiggenhauser Ihre Fragen zu interessanten Namen von Fluren, Äckern und Weilern. Mit dem Flurnamen "Holzschuepisse" beginnen wir unsere neue Serie. Das Grundstück befindet sich in der Gemeinde Seedorf im Kanton Bern. Ihr könnt uns laufend Eure Flurnamen einschicken.

„Hat das 'Pisse' wirklich mit dem zu tun, was wir alle

darunter verstehen?", will Thomas Tüscher

aus Seedorf wissen.

"Holz" steht für bewaldetes Gebiet

Widmen wir uns zunächst dem ersten Wort in diesem

Flurnamen. Das schweizerdeutsche Wort "Holz" wird heute auf das Material, das

geschlagene Holz, bezogen. Früher aber schloss das Wort auch die Bedeutung "Gehölz, Waldung" mit ein und wurde im Gegensatz zum bebauten Land verwendet. Davon

zeugen noch zahlreiche Flurnamen, etwa das Holz in Winznau SO, Schönenwerd SO

und in Wängi TG oder die Holzmatt in Hemmiken BL, Arisdorf BL und

Erlinsbach SO oder der Flurname Hinter dem Holz in Cham ZG.

Auch Ortsnamen

weisen mit "Holz" auf bestehenden oder ehemaligen Wald hin. Beispielsweise die

Gemeinde Riedholz (SO) oder der Gemeindename Holziken AG. Das Holz im Name

Holziken hat dabei nichts mit einem Wald zu tun, sondern geht auf einen

althochdeutschen Personennamen "Hellzo" zurück. Im 17. und 18. Jahrhundert

erfuhr das Wort Holz" eine Bedeutungsveränderung und wurde nach und nach durch "Wald" ersetzt. In der Schweiz finden wir noch zahlreiche Wald-Ortschaften.

Dazu gehören beispielsweise die Ortschaften Wald AR, BE, ZH, Wäldli TG,

Waldkirch SG, Waldstatt AR oder Grindelwald und Iseltwald BE. Beim

Flurnamen Waldholz in Schwyz SZ ist noch zu sehen, dass das Wort Holz, das

ursprünglich Wald bedeutete, nicht mehr verstanden wurde und es zu einer

Bedeutungsverdoppelung mit Wald und Holz kam. Flurnamen mit dem Element "Holz"

bezeichnen also Landstücke, die bewaldet waren.

Aber wofür steht "pisse"?

Kommen wir nun auf den zweiten

Teil des Wortes "Holzschuepisse". Ein Blick auf die Siegfriedkarte aus dem Jahr

1876 zeigt die Namensform "Holzschuposen". Das Wort "Schuppose" ist ein

schweizerdeutsches Wort (je nach Region existieren die Varianten Schuposs, Schueposs,

Schuppose, Schuepis) und bezeichnet kleinere und mittelgrosse Bauerngüter.

Genauer bezeichnete eine Schuppose ein Grundstück von ungefähr 5-10 Jucharten,

das aus Haus, Hof und Landschaftsfläche bestand und das dem Nutzungsrecht

unterlag. Schupposen sind seit dem frühen 12. Jahrhundert in Süddeutschland, im

Elsass und der deutschen Schweiz nachweisbar. Sie sind durch die Aufteilung

grösserer grundherrlicher Güter entstanden.

Im 17. und 18. Jahrhundert wurde

der Begriff für kleinere Liegenschaften verwendet. Schupposen-Namen sind in

Flurnamen mehrheitlich historisch nachweisbar, zum Teil konnte sich der Name

aber auch bis heute halten. Etwa als Schuepis in Oberhelfenschwil SG und

Dörflingen ZH oder als Tschuepisgraben in Aedermannsdorf SO sowie als

Tschuepis in Ormalingen BL. Der Name geht also auf eine Grösseneinheit zurück

und hat mit dem Urinieren nichts zu tun. Im Berner Beispiel des Flurnamens

Holzschuepisse handelt es sich also nicht um einen Holzschuh, sondern um ein

kleineres oder mittelgrosses Grundstück, das einst bewaldet war. Das

mittelgrosse Waldgrundstück also.

 

Beatrice Hofmann-Wiggenhauser

Beatrice Hofmann-Wiggenhauser, aus Allschwil, ist Journalistin und

Sprachwissenschaftlerin. Sie studierte Germanistik und Medienwissenschaften an

den Universitäten Basel und Zürich und schrieb eine Dissertation zum

Namengebrauch als immaterielles Kulturerbe. Zurzeit arbeitet sie an der

Universität Basel in der Forschungsstelle Solothurnisches Orts- und

Flurnamenbuch als Namenforscherin am aktuellen Band "Die Flur- und

Siedlungsnamen der Amtei Thal-Gäu". Wenn sie nicht das Archiv nach historischen

Namen durchstöbert, trifft man sie auf den solothurnischen Feldern und Äckern

auf der Suche nach neuen Flurnamen.

 

 

 

Sendet Eure Flurnamen ein

Möchte Ihr wissen, warum ein Acker, den Ihr bewirtschaftet oder der Weiler, auf dem Euer Haus steht, einen bestimmten Namen trägt? Dann schickt uns Eure Flurnamen ein.

Antworten auf Fragen zu Flur- und Ackernamen weiss die Sprachwissenschaftlerin Beatrice Hofmann-Wiggenhauser. Schicken Sie Ihre Frage an [email protected], Betreff «Flurnamen». Oder per Post an: Schweizer Bauer, «Flurnamen», Dammweg 9, 3001 Bern. Die interessantesten Flur- und Ackernamen werden von Beatrice Hofmann-Wiggenhauser ausgewählt und auf schweizerbauer.ch besprochen. 

 

 

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