Am europäischen Milchhimmel soll ein Gigant entstehen: Arla und DMK wollen fusionieren.
Reto Blunier
Der Zusammenschluss soll mehr als 12’000 Milchbauern zusammenbringen und «die leistungsstärkste Molkereigenossenschaft Europas» schaffen, wie die beiden Unternehmen laut MBI ankündigten.
An Widerstandsfähigkeit gewinnen
Dem Konsumenten soll das unter anderem in Form der Förderung einer hochwertigen Milchproduktion und einer Verbesserung des Angebots zugutekommen. Der Zusammenschluss sei eine logische Fortsetzung der Partnerschaft und zum Wohl der Milchpreise, sagte DMK-Aufsichtsratschef Heinz Korte. Die Unternehmen sehen Vorteile durch ergänzende Positionen und Produkte am Milchmarkt. «Mit der geplanten Fusion wird das zusammengeschlossene Unternehmen wirtschaftlich stark aufgestellt sein und durch stärker diversifizierte Produktportfolios und Marktpositionen an Widerstandsfähigkeit gewinnen – trotz eines erwartbaren Rückgangs des gesamten europäischen Milchpools», teilen die beiden Molkereien mit.
Mitte Juni sollen die Vertreterversammlungen der beiden Genossenschaften über die beabsichtigte Fusion abstimmen. Ausserdem bedarf es noch der Genehmigung durch die Behörden, auf die die Unternehmen bis Ende 2025 hoffen. Als fusioniertes Unternehmen würden sie dann den Namen Arla tragen.
Arla deutlich grösser
Das Deutsche Milchkontor (DMK) hat seinen Sitz im niedersächsischen Zeven und seine Verwaltung in Bremen. Arla ist im dänischen Viby zu Hause, dort soll auch der künftige Hauptsitz des fusionierten Unternehmens sein. Zusammen kommen die beiden Genossenschaften auf knapp 19 Milliarden Euro (17.8 Mrd. Fr.) Jahresumsatz und rund 28’700 Mitarbeiter. Arla-Chef Peder Tuborgh soll neuer CEO des fusionierten Unternehmens werden.
Als internationale Genossenschaft gehört Arla Landwirten unter anderem aus Dänemark, Schweden, Grossbritannien und Deutschland. Arla erzielt allein einen Umsatz von 13,8 Milliarden Euro. Mit 21’900 Beschäftigten ist das Unternehmen gemäss «Frankfurter Allgemeine» deutlich grösser als die DMK Group. Arla verarbeitet nach eigenen Angaben im Jahr rund 13,7 Mrd. kg Milch von rund 7’600 Bauern.
DMK produziert neben Milchprodukten auch Babynahrung, Gesundheitsprodukte und Spezialfuttermittel an. Zu den DMK-Marken zählen neben Milram auch Humana, Oldenburger, Osterland und die Babynahrungsmarke Alete. Das Unternehmen erzielt einen Umsatz von rund 5 Milliarden Euro und beschäftigt 6’800 Mitarbeitende. Arla verarbeitet im Jahr 5,3 Mrd. kg Milch von 4’600 Bauern. Die meisten DMK-Standorte sind bisher in Niedersachsen, weitere Betriebe unter anderem in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Baden-Württemberg.
Einer Übersicht der niederländischen Bank Rabobank zufolge war Arla zuletzt das siebtgrösste Molkereiunternehmen der Welt, DMK landete in der Auflistung auf Rang 18.
«Macht der Molkereien wird ausgebaut»
Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) appelliert an die zuständigen Behörden, die geplante Fusion kritisch zu prüfen. «Was hier als Vereinigung gemeinsamer Werte und Stärken verkauft wird, ist in Wahrheit eine Machtkonzentration, die den Wettbewerb um Rohmilch weiter einschränkt und die Abhängigkeit der Milchbauern von wenigen Grosskonzernen verstärkt», befürchtet BDM-Vorsitzender Karsten Hansen. «Die Macht der Molkereien wird damit weiter ausgebaut, wenige große Unternehmen können die Bedingungen diktieren - zum Nachteil der Landwirte.»
Ein warnendes Beispiel sei die damalige Fusion von Nordmilch und Humana zur grössten deutschen Molkerei DMK, warnt das BDM. «Die Zustimmung zur Fusion wurde mit der Argumentation <erkauft>, dass man mit dieser Stärke bessere Milchpreise für die Milchbauern erreichen könne. Das Gegenteil war der Fall!», erinnert sich Karsten Hansen. «Eine mögliche Zustimmung zu dieser Fusion muss also mindestens an Bedingungen geknüpft sein, die die Marktstellung und Position der Milcherzeuger verbessern», fordert er.
Das European Milkboard (EMB) fordert ebenfalls eine Stärkung der Position der Bauern. EMB-Präsident Kjartan Poulsen, selbst Arla-Mitglied, sieht bei der geplanten Fusion einen weiteren Schritt in einer im Sektor bekannten Entwicklung hin zu immer grösseren und verzweigteren Strukturen. Dadurch seien Genossenschaften schon lange nicht mehr die Vertreter der Produzenteninteressen.
Das EMB hat drei Forderungen:
- Die Verpflichtung zu Verträgen zwischen Produzenten und Abnehmern, die aktuell von der EU-Kommission auf den Tisch gelegt wurde, muss für Genossenschaften genauso gelten wie für jeden anderen Abnehmer.
- Für Genossenschaftsmitglieder muss die Möglichkeit bestehen, sich bei Verhandlungen mit dem Abnehmer gebündelt von Produzentenorganisationen vertreten zu lassen.
- Die mögliche Grösse dieser Produzentenorganisationen muss erhöht werden, um mit den Marktanteilen der Abnehmer mithalten zu können. Aktuell liegen die Beschränkungen laut EMB für so eine Organisation bei 4% des EU-Marktes und bei 33% der nationalen Volumen. Für den EU-Anteil sollte es eine Erhöhung auf 30 % geben und national sollte die Bündelungsgrenze ganz wegfallen, um auf Augenhöhe mit Verarbeitern verhandeln zu können.
Feste Preisen und Mengen
Auch das MEG Milch Board kann der geplanten Fusion nicht viel Positives abgewinnen. Wenn diese beiden Konzerne fusionierten, würden sie knapp 13 Prozent der in Europa produzieren Milch verarbeiten. «Für uns Milchbauern ist laut EU-Milchpaket bei einer Bündelungsgrenze von 4 Prozent der EU-Milchmenge Schluss. Selbst wenn wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, können wir eine solche Macht nicht erreichen. Das zeigt, wie absurd das Ganze ist. Hier sind eindeutig die Kartellbehörden gefordert!», sagt der MEG-Vorstandsvorsitzende Frank Lenz.
Wie das EMB fordert das MEG, dass die Vertragspflicht für alle, auch für Genossenschaften, umgesetzt wird. «Damit könnten alle Beteiligten vorausschauend planen und eine höhere Wertschöpfung für die Milch erzielen», sagt Lenz. Zudem fordert die MEG Milch Board, dass eine Genehmigung des Zusammenschlusses nicht erfolgen sollte, bevor nicht eine flächendeckende Vertragspflicht mit festen Preisen und Mengen eingeführt ist
Kommentare (1)