Im Rahmen des Verbundprojektes AlpFutur wurden Ergebnisse von Studien zur alpwirtschaftlichen Tierhaltung zusammengestellt. Sie geben auch Auskunft darüber, welche Kühe sich zur Alpung eignen.
Aufzucht- und Masttiere nehmen während der Alpung durch das kargere Futterangebot und die erhöhte Bewegung weniger zu als nicht gealpte Tiere. Wäre dieses durch die Sömmerung verminderte Wachstum anhaltend, wäre das System wohl nicht über Jahrhunderte erhalten geblieben und insbesondere für Aufzuchttiere nicht geeignet. In unzähligen Experimenten wurde jedoch bestätigt, dass auf eine Periode mit extensiver Fütterung in der Regel bei ausreichendem Futterangebot ein sogenanntes kompensatorisches Wachstum folgt. Das heisst, die Tiere nehmen nach der Alpung überdurchschnittlich zu.
Nicht alle kompensieren
Allerdings tritt kompensatorisches Wachstum nicht bei jedem Tier auf, und nicht jedes Tier, bei welchem der Effekt auftritt, wird danach gleich schwer wie ein nicht gealptes Tier. Ob und wie das Tier die reduzierte Zunahme kompensieren kann, hängt unter anderem vom Alter, vom Geschlecht und von der Körperkondition zu Beginn der Alpperiode ab. Ein weiteres Argument, welches für die Alpung von Aufzuchtrindern spricht, ist die positive Beeinflussung der Milchleistung in der ersten Laktation. Studien zeigten, dass die durchschnittliche Milchleistung bei Tieren, die während der Aufzucht gealpt wurden, höher war als bei nicht gealpten Tieren.
Auch bei Milchkühen hat die Alpung Auswirkungen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Milchkühe während der Alpsaison durch den Aufenthalt in der ungewohnten Höhe und die vermehrte Bewegung im steilen Gelände einen erhöhten Energiebedarf aufweisen.
Das Futter auf den Alpweiden deckt diesen Bedarf aber meist nicht, was zu einem Energiedefizit führt. Darauf reagieren Milchkühe mit einem Rückgang der Milchleistung, sie verlieren an Gewicht und mobilisieren Fettreserven. Insbesondere bei Kühen mit einem hohen Milchleistungspotenzial muss mit einem starken Leistungsrückgang gerechnet werden. Bis zu einem gewissen Grad können sich die Tiere an die Bedingungen auf der Alpweide anpassen. Stoffwechselprobleme sind vor allem bei Kühen zu Beginn der Laktation in den ersten Wochen nach dem Alpauftrieb zu erwarten.
Heikle Fruchtbarkeit
Ob und wie die Alpung die Reproduktionsleistung und die Tiergesundheit beeinflusst, kann aufgrund widersprüchlicher Forschungsergebnisse nicht eindeutig beantwortet werden. In einer Studie wiesen Kühe, welche den Sommer auf der Alpweide verbrachten, die kürzeste Zwischenkalbezeit auf.
Das Energiedefizit und die dadurch ausgelösten Anpassungen können sich hingegen negativ auf die Fruchtbarkeit der Kühe auswirken. In saisonalen Systemen mit Alpung bleibt aber genug Zeit, um Kühe optimal auf die Abkalbung im Winter vorzubereiten und die Fütterung um den Besamungszeitpunkt herum zu optimieren.
Grundsätzlich hat sich gezeigt, dass sich die freie Bewegung und die Umweltreize auf der Alp positiv auf die Gesundheit auswirken können. Andererseits kommt es während der Sömmerung auch immer wieder zu Krankheitsübertragungen. Generelle Aussagen zum Einfluss der Alpung auf die Fruchtbarkeit und Tiergesundheit sind deshalb so schwierig zu machen, weil jedes Tier sehr individuell reagiert und weil Witterungseinflüsse kaum wiederholbar sind.
Stier gezielt wählen
Grundsätzlich sind Hochleistungskühe nicht optimal an die Bedingungen während der Alpung angepasst. Weder für die Kuh noch für die Alpweide oder die Wirtschaftlichkeit ist die Bestossung von Sömmerungsweiden mit Hochleistungskühen daher ideal. Eine klare Leistungsgrenze, über welcher Tiere nicht mehr gealpt werden sollten, kann aufgrund der spärlich vorhandenen Untersuchungen nicht angegeben werden.
Ausserdem hängen die ideale Rasse und das ideale Milchleistungspotenzial stark von den Bedingungen der einzelnen Sömmerungsweiden ab. Wenn eine Alpung der Tiere geplant ist, ist es sinnvoll, dies bei der Stierwahl zu beachten. Spezifische Genetik für die Alpung gibt es zwar nicht, aber Stiere, welche sich für den Einsatz in Herden auf Vollweidebetrieben eignen, sollten auch für die Alpung gut geeignet sein.
Der Schlussbericht zum AlpFutur-Teilprojekt «Nutztiere» ist online zu finden unter www.alpfutur.ch/publikationen.