Im Mai 2013 erklärte die Obwaldner Regierung den Hintergraben bei Sarnen zum Notstandgebiet: täglich rutschte der Hang bis zu 20 Zentimeter talwärts. In den letzten Wochen wurden erste Landflächen entwässert.
Es scheint, als ob die Medien ein Jahr nach den verheerenden Hangrutschen vom Mai 2013 das Interesse verloren hätten, und sogar die Einheimischen meinen, alles sei wieder in Ordnung. Doch bei einem Augenschein im Gebiet Hintergraben bei Sarnen präsentiert sich ein anderes Bild: Nach wie vor sind die steilsten Gebiete des Rutschgebiets im Brend und im Müsli von tiefen Gräben und Spalten durchzogen.
Wochenlang bearbeitet
In einzelnen, flacheren Parzellen, wie im Bösendorf, wurde das Land wochenlang mit Maschinen bearbeitet, planiert, humusiert und angesät. Auf dem Land von Sepp von Moos und Nik Kathriner sind Bagger an der Arbeit, die Zufahrtstrasse zum Milchwirtschaftsbetrieb von Peter Halter wurde bereits im Herbst 2013 fertiggestellt.
Zäune mussten bis 15 Meter hangaufwärts versetzt werden, die Bauern haben sich untereinander abgesprochen. Da es sich um ein Gebiet mit dauernder Bodenverschiebung handelt, müssen im Rahmen der nächsten Nachführung die veränderten Grenzbegebenheiten durch den Geometer neu vermessen werden.
Grosse Schäden
Die gesamten Schäden an Gebäuden und Land belaufen sich auf schätzungsweise rund 4 Millionen Franken. An der Instandstellung des Landwirtschaftslandes beteiligen sich die Coop Patenschaft für Berggebiete und andere Hilfswerke. Verwaltet wird dieser Fonds vom Bauernverband Obwalden. Eine Spendenkommission, in welcher auch das Amt für Landwirtschaft und Umwelt Obwalden sitzt, entscheidet über den Einsatz der Gelder.
Wichtigstes Ziel für die Landwirtschaft ist, wieder eine standortgerechte, wenn möglich maschinelle Bewirtschaftung sicherzustellen. Für die Naturgefahrenabwehr (Bachverbauungen) sowie die Sicherstellung der Haupterschliessung des Gebiets wird in Zusammenarbeit mit Bund, Kanton und Gemeinde ein Subventionsprojekt ausgebarbeitet, welches die Zustimmung von Bund, Kanton und Gemeinde Sarnen bedingt. Als Baubeginn ist 2015 vorgesehen.
1 cm pro Monat
Rückblick: An der Informationsveranstaltung «Strategie Hintergraben» in Sarnen am 18. Dezember 2013 gaben Fachleute Auskunft über den Stand der Massnahmen im Rutschgebiet: Nach wie vor ist eine Fläche von 195'000 Quadratmeter, insgesamt 4 Millionen Kubikmeter in Bewegung. Die Rutschung wird langsamer, letzte Messungen ergaben eine Bewegung von 1 cm pro Monat. Sofortmassnahmen sind abgeschlossen.
Die Situation im Frühling 2013 war dramatisch, die Rutschung erforderte eine Reihe von Notmassnahmen: Wasser mit Flexrohren aus dem Hang und den kleinen Gräben ableiten und mit dem Bau von Entwässerungsgräben eindringendes Wasser in die Rutschung minimieren. Weitere Massnahmen waren das Fällen der Bäume entlang des Schlimbachs und das Abspitzen von Sperren der Bachverbauung, um Gerinnausbrüche und Böschungsanrisse zu verhindern.
Brücken wurden durch Furten ersetzt, Zufahrtsstrassen zu Bauernbetrieben instandgestellt, die Versorgung mit Strom, Wasser und Telefon gesichert. Im Herbst 2013 waren die Sofortmassnahmen abgeschlossen. Geplant ist der Bau einer neuen Erschliessungstrasse oberhalb des Rutschgebiets.
Häuser abgebrochen
Drei Wohnhäuser und sechs Ökonomiegebäude mussten abgebrochen werden. Das Blockhaus von Toni Schilter wurde bereits im Frühling 2013 abgebaut, heute weiden dort Lamas. Josef Kathriner, Müsli, konnte ausserhalb der Gefahrenzone in Stalden ein neues Haus bauen. Besonders hart traf es Paul Britschgi, Besitzer des Nebenerwerbsbetriebs Brend: «2010 hat es angefangen, grosse Steine lösten sich, im Stall verschob sich die Betondecke, ich musste schlagartig mit den Tieren weg.»
Anstelle der beiden abgerissenen Ställe stehen nun zwei grüne Zelte, ein Provisorium für seine 17 Yaks. Neue Gebäude dürfen im Rutschgebiet keine mehr gebaut werden. Für den Sommer macht sich Paul Britschgi Sorgen: «Ich habe praktisch kein Land mehr, das ich mit der Maschine bewirtschaften kann. So lange noch Wasser im Boden ist, bleibt der Flysch in Bewegung.