Öko-Lobbyist Andreas Bosshard von Vision Landwirtschaft (VL) will die Schweineproduktion massiv herunter fahren und die Schweizer vom Fleischessen wegbringen.
Momentan sind zu viele Schlachtschweine auf dem Markt. Es herrsche eine Überproduktion, zitiert «Schweiz am Sonntag» Jürg Maurer, Leiter Agrarpolitik bei der Migros. Verantwortlich sei nicht nur der Schweinezyklus, der dafür sorgt, dass regelmässig zu viel Ware auf den Markt kommt, weil alle gleichzeitig die Produktion erhöhen. «Es gibt vielmehr ein strukturelles Überangebot, denn die Produktion wurde effizienter.»
Das Überangebot spiegle sich in den Statistiken, so die «Schweiz am Sonntag». 95 Prozent des zwischen 2011 und 2013 gegessenen Schweinefleischs stammten aus heimischer Produktion, wie Zahlen des Bauernverbandes zeigen. Aktuell dürfte es wohl noch mehr sein. Solch hohe Anteile sind verheerend für den Absatz, wie Bauernverband-Präsident Markus Ritter erklärt. «Wir brauchen einen Nachfrageüberhang. Liegt der Inlandanteil deutlich über 90 Prozent, kommen die Preise unter Druck.» Auch er sieht strukturellen Handlungsbedarf: «Es braucht zum Beispiel eine Verlagerung zu Geflügel.»
Viele Bauern kämpfen für eine möglichst hohe Inlandproduktion und kritisieren die Tendenz zur «Landschaftsgärtnerei». Unter den Stichwörtern «Ernährungssicherheit», «Ernährungssouveränität» oder «Fair Food» sind zudem Volksinitiativen hängig. Mehr oder weniger stark fordern sie den Ausbau oder die Stärkung der heimischen Produktion.
Doch produzieren die Bauern auch das Richtige, fragt «Schweiz am Sonntag»? Zwischen 2011 und 2013 stammten 87 Prozent der Kartoffeln aus der Schweiz und 75 Prozent des Zuckers. Rindfleisch war zu 88 Prozent schweizerisch, Lamm hingegen nur zu 45 Prozent. Eher tief sind die Werte bei Früchten (28 Prozent) oder Gemüse (50 Prozent). Die Milchwirtschaft produziert seit Jahren grosse Überschüsse, die in Form von Käse oder Milchpulver exportiert werden. Gleichzeitig fehlt es an Nischenprodukten wie Schafmilch.
Eine volle Selbstversorgung wäre theoretisch möglich. «Schweiz am Sonntag» zitiert Andreas Bosshard vom Think-Tank «Vision Landwirtschaft». Ein Beispiel sei das Kraftfutter für Tiere: Würde importiertes Getreide direkt gegessen, anstatt es Tieren zu verfuttern, könnte man unter dem Strich eine Million Menschen zusätzlich ernähren, rechnet Bosshard vor. Gleichzeitig würden die Überschüsse in der Milchwirtschaft reduziert, weil die Tiere nur noch mit Gras gefuttert würden.
«Senkte man den Fleischkonsum gar auf einen Drittel, würde genug Ackerland frei, um die Schweiz praktisch vollständig zu ernähren», sagt Bosshard. Aber auch er weiss: Für so viel Enthaltsamkeit haben die Schweizer das Kotelett dann doch zu gern.