Import-Soja im Tierfutter steht in der Kritik. Stellt sich die Frage, wie man sie ersetzen könnte. Für Wiederkäuer ist Wiesenfutter ein wertvoller Proteinträger. Bei Schweinen und Geflügel gibt es kaum Alternativen.
In der Eiweissversorgung der Nutztiere findet ein Umdenken statt. Darüber sind sich die Forscher und Firmenvertreter, die sich an einer Tagung von ETH, Vetsuisse-Fakultät und Agroscope trafen, einig. Einig sind sie sich aber auch, dass dieses Umdenken nicht einfach ist. Alternativen zum importierten Sojaschrot fehlen, andere Eiweissträger können nicht bei allen Tierarten eingesetzt werden.
Kraftfuttereinsatz senken
Am deutlichsten zeigt sich das bei den Wiesen. Sie liefern viel Protein. So viel, dass Florian Leiber vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) die Frage stellt, ob man die Kraftfuttermenge für Wiederkäuer noch weiter einschränken könnte, als das heute schon der Fall ist. Auf Biobetrieben dürfen gemäss den Richtlinien von Bio Suisse maximal 10 Prozent der Ration aus Kraftfutter bestehen. Leiber verweist darauf, dass immer mehr Betriebe ganz auf den Kraftfuttereinsatz bei den Kühen verzichten würden. Dass dies ohne Einbussen bei Tiergesundheit und Fruchtbarkeit möglich sei, würden Daten des Herdentrennungsversuchs am Plantahof belegen.
Und auch das «Feed no Food»-Projekt des FiBL, in dem mehrere Biobetriebe während fünf Jahren den Kraftfuttereinsatz bis auf null reduzierten, brachte positive Ergebnisse. Die Zwischenkalbezeit reduzierte sich um rund 10 Tage bei unveränderten Tierarztkosten. Die Milchleistung sank – wobei man das gemäss Leiber in Korrelation zur reduzierten Kraftfuttermenge sehen muss. Pro Kilo Kraftfutterreduktion gaben die Kühe 0,9 bis 1,4kg weniger Milch. Leiber: «Im Umkehrschluss bedeutet das eine geringe Effizienz des Kraftfuttereinsatzes im Rahmen der untersuchten Low-Input-Systeme nach Bio-Suisse-Richtlinien.»
Bei einem Trockensubstanzverzehr von 20kg kann eine 650kg schwere Fleckviehkuh ihren Eiweissbedarf für 25kg Tagesmilch aus einem breiten Spektrum an Weidefutter decken. Dies zeigt laut dem FiBL-Forscher, «dass die Notwendigkeit von Eiweisskonzentraten für die Milchproduktion unter Schweizer Biobedingungen nicht grundsätzlich gegeben ist, solange das Produktionssystem graslandbasiert ist und nur begrenzte Mengen Maissilage eingesetzt werden». Skeptischer ist Leiber bei der Eiweissversorgung der Schweine, bei denen auch bei der Biofütterung sehr hohe Anteile der Ration importiert werden müssen, speziell Eiweisskonzentrate aus Übersee.
Sojaersatz suchen
Laut Lukas Grüter von der UFA fragen die Konsumenten zunehmend gesunde, hochwertige und nachhaltig produzierte Lebensmittel nach. Die Folge sind die Einführung neuer Labels und die Diskussionen um Nachhaltigkeitsprojekte. «Im Gegensatz dazu steht der Produzent von Milch-, Fleisch- und Eierprodukten, der seine Tiere effizient und kostengünstig füttern möchte.» Im Spannungsfeld dieser Ansprüche der Konsumenten und der Produzenten steht laut Grüter die Futtermittelindustrie. Und diese hat bis jetzt noch keinen valablen Ersatz für Soja gefunden, und eine gänzlich sojalose Geflügel- und Schweineproduktion ist für den UFA-Vertreter derzeit nicht denkbar.
Die Alternativen zu Soja haben alle einen Haken: Grünland kann eigentlich nur von Wiederkäuern genutzt werden, Maiskleber ist teuer und wird wie Soja meist importiert, Rapsprodukte weisen eine geringe Energie- und Eiweisskonzentration auf, einheimische Körnerleguminosen sind nur bedingt verfügbar und stehen in direktem Zielkonflikt mit Grünland und Getreidefläche. Als interessant stuft Grüter Insektenprotein ein, wenn auch Preisvorstellungen und Produktionskapazitäten eher darauf hindeuten, dass die in der Mischfutterindustrie eingesetzten Mengen klein bleiben werden.
Verbot lockern
Eine weitere Alternative zu Soja spricht Lukas Perler vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen an: das Tiermehl. Es wäre zumindest theoretisch ein Ersatz, denn die Verfütterung ist seit der BSE-Krise verboten. Zwar gibt es in der EU Bestrebungen, dieses Verbot zu lockern und Tiermehl im Schweine- und Geflügelfutter wieder zuzulassen. Allerdings nur unter der Bedingung, dass Schweine ausschliesslich Geflügelmehl und Poulets ausschliesslich Schweinemehl zu fressen bekommen. Und für diese getrennte Verarbeitung – getrennt auch von den Risikoabfällen, die verbrannt werden müssten – fehlen die Strukturen.