GS Alliance aus Bürglen, Uri, gewann letzen Samstag in Freiburg mit Decrausaz Iron O’Kalibra RF den Europameistertitel der Holstein-Kühe. Gezüchtet wurde die Kuh im Waadtland aus einer kanadischen Familie.
Mit dem Sieg von Decrausaz Iron O’Kalibra an der Holstein-EM ist GS Alliance, Bürglen UR, ihr grösster Erfolg gelungen. Die Freude über den Europameistertitel sei riesig, bestätigt Tino Gisler. Seit einem Jahr ist auch der Amerikaner Pat Conroy, der an den grossen Ausstellungen Kühe für GS vorführt, Mitbesitzer. Conroy habe gewünscht, sich an O’Kalibra zu beteiligen. Für GS Alliance habe das Vorteile, erklärt Gisler: «Pat kann für uns Embryonen in Amerika verkaufen. Und wir spüren tatsächlich eine grosse Nachfrage aus Übersee.»
Fusion 2009
GS Alliance ist am 1. Januar 2009 aus der Fusion der Betriebe Gislers Swiss Elite und Steiner, Wilen bei Wollerau SZ, entstanden. Der Zuchtbetrieb hat als Ziel, braune, rote und schwarze Rindviehgenetik zu entwickeln und zu vermarkten. Schon je für sich waren die beiden Betriebe von Edwin Steiner, Wilen bei Wollerau SZ, und Gislers Swiss Elite von Tino und Valo Gisler, Bürglen UR, vor allem in der Braunviehzucht, züchterische Schwergewichte. Valo und Tino Gisler gehört der Stall in Bürglen. Die Brüder, welche hauptberuflich die Fensterfabrik Nauer in Samstagern führen, erwarben 1994 das Riedisfeld in Bürglen, bauten dort einen Stall und konnten so ihren Bubentraum in Erfüllung gehen lassen: Kühe zu züchten.
Erfolgreicher Kuhstyler
Die Kühe werden betreut von Edwin Steiner junior. Er ist Landwirt mit Fähigkeitsausweis und hat zahlreiche Auslandaufenthalte als Kuhstyler hinter sich. Edwin Steiner senior und sein zweiter Sohn Mathias betreuen zusammen die Jungtiere auf ihrem Heim-Betrieb in Wilen bei Wollerau. Zudem ist er Präsident von Swissgenetics, der grössten Schweizer Firma im Bereich künstliche Besamung. Sohn Mathias ist selber Besamer bei Swissgenetics.
Wie ihrem Präfix zu entnehmen ist, wurde die EX 94 eingestufte Decrausaz Iron O’Kalibra aber nicht im Urnerland, sondern von Frédy Decrausaz aus Vuitebœuf VD, gezüchtet.
Präfix Decrausaz
Doch treibende Kraft bei der Zucht der Europameisterkuh war Decrausaz’ Sohn Dominique. «Mein Vater hatte immer Kühe. Aber er war kein Genetik-Spezialist», sagt Decrausaz junior. Seit er 15-jährig sei, mache er die Anpaarungen, berichtet der heute 30-jährige. Früher habe seine Familie Red-Holstein-Kühe gehabt. Zur Erkämpfung der Freigabe der Rotfaktorstiere für alle, sei sein Vater in den Neunzigerjahren aus dem Fleckviehzuchtverband ausgetreten und schliesslich dem Holsteinzuchtverband beigetreten.
Eine gewisse Neigung zur roten Genetik sei geblieben. Als sie sich Ende der Neunzigerjahre entschieden hätten, in Topgenetik zu investieren, wählten sie zwei Vollschwestern mit Rotfaktor aus der kanadischen Zuchtkuh Lystel Caress Factor (BlackstarEnhancer) und dem letzten roten Enhancer-Sohn Milestone-Red. Sie kauften die Rinder in Frankreich, wo sie aus Embryonen geboren waren.
Aus Skyler Cherry Red
Die Schwestern gingen über ihre Grossmutter Granduc Carla Astre auf A Cloverlands Skylar Cherry Red zurück. Aus dieser Linie sind mittlerweile erfolgreiche Zuchtstiere wie Dudoc MR Burns RF, Granduc Tribute RF oder Dudoc Bacculum Red hervorgegangen. Doch damals waren diese Stiere noch nicht nachzuchtgeprüft. Mit der Investition in diese Familie und dann noch in der Kombination mit dem RH-Vererber Milestone sei man damals nicht im Trend gelegen, erinnert sich Decrausaz. Doch es sollte sich lohnen: «Aus den beiden Milestone-Töchtern haben wir einen Grossteil unserer Herde entwickelt.» Der Typ der Familie sei immer gut, und in der Regel gäben die Kühe Milch, antwortet er auf die Frage, wodurch sich die Familie auszeichne. «Die Qualität Nr. 1 ist die Euterqualität. Diese Kühe haben Euter, die halten», fügt er an.
Anpaarung mit Boss Iron
O’Kalibra ist eine Grosstochter der 1998 geborenen Bezenand Lystel Milestone O Kitten VG 89, also einer der beiden Milestone-Vollschwestern. Ihre 2002 geborene Tochter Decrausaz Integrity O’Kitty EX 90 brachte dann am 4. September 2006 aus der Anpaarung mit dem italienischen Typvererber Boss Iron die neue Europameisterin O’Kalibra zur Welt. «O’Kalibras Mutter war in allen Teilen korrekt. Es war eine schöne, grosse und tiefe Kuh. Und sie war die erste EX eingestufte Kuh auf unserem Betrieb», erinnert sich Decrausaz.
Und warum Boss Iron? «Er war stark im Typ. Ich habe gedacht, dass er passen könnte», erwidert er. Obschon Boss Iron (Starbuck BookieChief Mark) und Grossvater Integrity (BlackstarChief Mark) reinerbige Holstein-Stiere waren, konnte die Holstein-Europameisterin den Rotfaktor ihrer kanadischen Ahnen bewahren. Rote Söhne sind bereits in den Startlöchern.
Freude am Erfolg
O’Kalibra war im Sommer 2009 in der ersten Laktation und bereits trächtig für das zweite Kalb, als Viehhändler Erhard Junker auf den Betrieb kam und sie auf der Weide entdeckte. «Sie war eine gute, GP 84 eingestufte junge Kuh, aber sie war noch nicht die O’Kalibra von heute», erinnert sich Decrausaz. Geblieben sei ihm eine Tochter von Jafral Marsh Binky. Er sei überhaupt nicht neidisch auf den Erfolg von GS Alliance mit O’Kalibra, sondern freue sich im Gegenteil darüber, betont er. Er selber gehe auf keine Ausstellungen, weil ihm die Zeit dazu fehle. «Ich bin mir deshalb nicht sicher, ob O’Kalibra je an eine Ausstellung gegangen wäre, wenn sie bei uns geblieben wäre», betont er.