Die Motion von Grünen-Nationalrat Christophe Clivaz trägt den langen Namen «Für die Anerkennung von Parkinson, Non-Hodgkin-Lymphom, Myelomen und Prostatakrebs als Berufskrankheiten bei Landwirtinnen und Landwirten und anderen Personen, die beruflich Pflanzenschutzmitteln ausgesetzt sind». Diese Anerkennung hätte in der Verordnung über die Unfallversicherung Platz finden sollen.
Das Parlament wollte jedoch eine solche Anerkennung nicht umsetzen. Mit 121:61 Stimmen bei 5 Enthaltungen wurde die Motion abgelehnt. Dies, obschon wissenschaftliche Daten sehr deutlich ein erhöhtes Risiko für Parkinson bei Personen nachgewiesen hätten, die berufsbedingt Pflanzenschutzmitteln (PSM) ausgesetzt sind, heisst es in der Motionsbegründung.
In Frankreich und Italien bereits anerkannt
Vor wenigen Tagen hat der ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten (ÄSVB) der Deutschen Bundesregierung eine wissenschaftliche Empfehlung abgegeben, um «Parkinson-Syndrom durch Pestizide» als Berufskrankheit für Bäuerinnen und Bauern anzuerkennen. Diese Entscheidung sei das Ergebnis jahrelanger wissenschaftlicher Arbeiten, bei denen tausende internationale Studien analysiert worden seien, teilt die Stiftung Future 3 in einer Medienmitteilung mit.
Es bestünden keine Zweifel mehr, dass der berufliche Einsatz von synthetischen Pestiziden und eine erhöhte Parkinson-Rate zusammenhängen würden, heisst es in der Mitteilung weiter. In Frankreich und Italien ist Parkinson bereits als Berufskrankheit anerkannt. Die Schweiz hätte es gemäss Clivaz diesen Ländern gleichtun sollen.
Was ist Parkinson?
Parkinson ist eine Nervenkrankheit, die sich meist in motorischen Symptomen äussert. Betroffene sind von Bewegungsverlangsamungen oder -verarmen, Zittern oder Versteifungen betroffen. Parkinson ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. Die Krankheit tritt oft bei älteren und eher bei männlichen Personen ein und steht unter Verdacht, durch Kontakt mit synthetischen Pestiziden ausgelöst zu werden.
-> Das Universitätsspital Zürich gibt einen Überblick über die Parkinson-Krankheit
«Gesundheit geniesst keine grosse Priorität»
Mit einer Motion forderte Grüne-Nationalrat Christophe Clivaz, dass unter anderem Parkinson als Berufskrankheit anerkannt werden sollte. Die Mehrheit des Parlaments, darunter auch die Mitglieder des Bauernverbandes, stimmte jedoch gegen die Motion. Sie wurde mit 121:61 Stimmen bei 5 Enthaltungen abgelehnt. -> Hier können Sie nachlesen, wie die einzelnen Parlamentarier abgestimmt hab en.
So stimmten die bäuerlichen Vertreter
Ja: Christine Badertscher (Grüne/BE), Kilian Baumann (Grüne/BE), Pierre-André Page (SVP/FR)
Nein: Didier Calame (SVP/NE), Marcel Dettling (SVP/SZ), Sylvain Freymond (SVP/VD), Andreas Gafner (EDU/BE), Martin Haab (SVP/ZH), Alois Huber (SVP/AG), Martin Hübscher (SVP/ZH), Andreas Meier (Mitte/AG), Thomas Knutti (SVP/BE), Leo Müller (Mitte/LU), Jacques Nicolet (SVP/VD), Katja Riem (SVP/BE), Markus Ritter (Mitte/SG), Hans Jörg Rüegsegger (SVP/BE), Thomas Stettler (SVP/JU), Manuel Strupler (SVP/TG), Vroni Thalmann-Bieri (SVP/LU), Ernst Wandfluh (SVP/BE), Priska Wismer-Felder (Mitte/LU)
Entschuldigt: Christine Bulliard-Marbach (Mitte/FR)
Die Stiftung Future 3 schliesst aus diesem Votum, «dass die Gesundheit der Bäuerinnen und Bauern keine grosse Priorität geniesst». Die Stiftung fordert in ihrer Mitteilung nun den Bundesrat auf im Interesse der betroffenen Bäuerinnen und Bauern, aktiv zu werden. Parkinson solle endlich «als ernstzunehmende Folge der Anwendung von synthetischen Pestiziden» betrachtet werden, heisst es in der Mitteilung weiter. Die Ignoranz gegenüber den Gefahren von Pestiziden müsse endlich ein Ende haben.
Schon heute als Berufskrankheit anerkannt
Der Bundesrat teile die Analyse von Nationalrat Clivaz nicht, gibt Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider in ihrem Votum einleitend zu verstehen. Sie verweist anschliessend darauf, dass Krankheiten, die ausschliesslich oder überwiegend im Rahmen der beruflichen Tätigkeit durch Schadstoffe oder durch bestimmte spezifische Arbeiten verursacht werden, vom UVG als Berufskrankheiten erfasst werden. Schon heute könnten die von Nationalrat Clivaz erwähnten Krankheitsfälle als Berufskrankheiten im Sinne von Art. 9 Abs. 2 UVG anerkannt werden, führt die Gesundheitsministerin weiter aus.
Baume-Schneide verweist in ihrem Votum auch auf die Anerkennung durch die Suva. Hier wäre es zwar schon möglich über Sensibilisierungs-Aktionen zu sprechen. Aber bereits heute hätten Landwirtinnen und Landwirte – oder andere Personen, die die mit potenziell schädlichen Produkten oder Pflanzenschutzmitteln arbeiten -, die nach den Bestimmungen des UVG versichert sind, Anspruch auf die Leistungen des UVG, schliesst Baume-Schneider ihr Votum. Die Bundesrätin hat den Antrag zur Ablehnung empfohlen.
Wer ist die Stiftung Future 3?
Die Stiftung Future 3 ist aus einer politisch unabhängigen Bürger-Bewegung hervorgegangen, die sich seit ihren Anfängen für eine nachhaltige Landwirtschaft einsetzt, die die Artenvielfalt, das Klima, die menschliche Gesundheit, sauberes Trinkwasser und den Tierschutz respektiert.