Ein neuer Bericht der Koalition «No Patents on Seeds» legt dar, wie Saatgutkonzerne natürlich vorkommende Gensequenzen oder zufällige Genmutationen durch Patente monopolisieren. Sie würden damit die konventionelle Züchtung blockieren und die Ernährungssicherheit aufs Spiel setzen, schreiben Organisationen wie ProSpecieRara, Swissaid, in einer Mitteilung.
Der heute von «No Patents on Seeds» publizierte und dem Europäischen Patentamt (EPA) in einer Aktion übergebene Bericht zeigt auf, wie trotz Verbot der Patentierung konventionell gezüchteter Pflanzen und Tieren nach wie vor Patente angemeldet werden, welche die konventionelle Züchtung betreffen.
Freier Zugang zu Sorten wird stark eingeschränkt
Syngenta beanspruche in verschiedenen Patentanträgen Tausende von natürlich vorkommenden genetischen Variationen, die für die Züchtung von Nahrungspflanzen wie Sojabohnen und Mais benötigt werden, um deren Resistenz gegen Pflanzenschädlinge zu verbessern, heisst es in einer Mitteilung von ProSpecieRara und Swissaid.
Bayer, BASF, Rijk Zwaan und Co. hätten diverse Patentanträge für Tomaten mit einer Resistenz gegen den sogenannten Jordan-Virus eingereicht. Die betreffenden Gene hätten die Unternehmen vor allem bei wilden Verwandten der Tomate gefunden.
Das Ergebnis dieser gleichzeitigen Beanspruchung der genetischen Anlagen ist sei «Patent-Dickicht». Dieses blockiere effektiv den Zugang zu dem biologischen Material, das in der traditionellen Züchtung benötigt wird, um die gewünschte Virusresistenz zu erzeugen. Der einst freie Zugang zu vorhandenen Sorten und zu Akzessionen in den Genbanken wird somit für die Züchter und Züchterinnen stark eingeschränkt.
Es braucht politisches Handeln
Im April 2020 legte die Grosse Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes in einem historischen Grundsatzentscheid fest, dass Pflanzen und Tiere aus «im Wesentlichen biologischen» Züchtungsverfahren nicht patentierbar seien. Damit reagierte sie auf die Forderungen der Zivilgesellschaft, des Europäischen Parlaments sowie von Züchter- und Bauernorganisationen, die sich jahrelang gegen die Erteilung solcher Patente gewehrt hatten. Doch die Organisationen hinter «No Patents on Seeds» mahnten bereits damals, dass noch zu viele Schlupflöcher bestünden, um Patente auf konventionelle Pflanzen wirklich zu verhindern.
Der vorliegende Bericht bestätigt diesen Befund – und unterstreicht die Dringlichkeit politischen Handelns, damit konventionelle Züchter und Züchterinnen ihre Innovationsfähigkeit auch in Zukunft behalten.
Unterschriften sammeln
«No Patents on Seeds» sammelt zurzeit Unterschriften für eine Petition, die von den Ministern und Ministerinnen der Vertragsstaaten des EPA wirksame Massnahmen gegen Patente auf die konventionelle Zucht von Pflanzen und Tieren fordert. Mehr als 200'000 Unterschriften wurden bereits gesammelt und täglich werden es mehr.
Wie Patente auf Pflanzen in Europa gehandhabt werden, beeinflusst auch die Praxis in Ländern des globalen Südens. Patente auf Saatgut sind dort hochproblematisch, weil die Bäuerinnen und Bauern existenziell darauf angewiesen sind, ihr Saatgut frei vermehren zu können.


